• Portrait Prof. Matuschewski Kai Matuschewski, Abteilung für Parasitologie, Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
    “Der heutige Forscherberuf ist geprägt von interdisziplinärem Austausch und internationalen Kooperationen.”
  • Portrait Benjamin Mordmüller Benjamin Mordmüller, Institut für Tropenmedizin, Kompetenz- zentrum BW, UK Tübingen
    “Besonders bei der Entwicklung medizinischer Interventionen ist die globale Kooperation von großer Bedeutung.”
  • Portrait Prof. Peter Propping Peter Propping, Institut für Humangenetik, Biomedizinisches Zentrum, Universität Bonn
    “Jeder möchte einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Problems liefern.”

Wie arbeiten Forscherinnen und Forscher auf globaler Ebene zusammen? Was heißt eigentlich globale Kooperation?

  • Portrait Prof. Matuschewski

    Kai Matuschewski: Der heutige Forscherberuf ist geprägt von interdisziplinärem Austausch und internationalen Kooperationen. Forschung allgemein, nicht nur zu „vernachlässigten Krankheiten“, ist heute ein Prozess, der im internationalen Austausch geschieht und auch nur so erfolgreich sein kann. Die globale Kooperation zieht sich von den ersten Studienarbeiten bis in die Arbeit der Fördergremien. Dabei ist der persönliche Kontakt zu den Kollegen, der Besuch der Institutionen nicht zu unterschätzen und auch nicht durch Email- oder Telefonkontakt zu ersetzen.

    Wir verbringen viel Zeit auf Reisen und wir reisen mit der Neugierde auf neue Blickwinkel und andere Verfahren, und der Lust auf gemeinsame Entwicklung und Analyse. Daran schließt sich im positiven Falle auch die gemeinsame Freude über Erfolge. Natürlich gibt es auch Konkurrenz aber die aktuellen, immer komplexer werdenden Fragestellungen in der Gesundheitsforschung sind nur im Team zu beantworten.

  • Portrait Benjamin Mordmueller

    Benjamin Mordmüller: Am Anfang wissenschaftlicher Entdeckungen stehen häufig Intuition und Zufall. Diese entspringen meistens jedoch neuen Interpretationen von Experimenten, Theorien und Gedanken, die in der kontinuierlichen Arbeit einer Gemeinschaft entstanden. Wenn sich, wie im Falle der „vernachlässigten Krankheiten“, nur wenige Menschen mit einem Thema wissenschaftlich beschäftigen, sind wir auf globale Zusammenarbeit angewiesen, um die kritische Masse für einflussreiche Entdeckungen und Innovationen zu erreichen. Aufgrund der geografischen, sprachlichen und kulturellen Distanz ergeben sich Synergien aber auch Probleme, die häufig damit zusammenhängen, dass man sich auf eine gemeinsame Sprache und einen Modus der Zusammenarbeit einigen muss. Aus diesen Herausforderungen ist bereits ein eigenständiges Forschungsthema geworden, dass sich mit den technischen Voraussetzungen sowie den rechtlichen und ethischen Aspekten der Zusammenarbeit beschäftigt.

    Besonders bei der Entwicklung medizinischer Interventionen ist die globale Kooperation von großer Bedeutung. Um sicherzustellen, dass neue Medikamente wirksam, sicher und qualitativ hochwertig sind, müssen weltweit geltende Regeln beachtet werden. Das ist sehr aufwendig und nur durch internationale Netzwerke möglich, die die wenigen verfügbaren Ressourcen bündeln. Es ist erfreulich, dass auf diese Weise momentan vermehrt Medikamente zur Behandlung bisher vernachlässigter Krankheiten entwickelt werden. Das führt hoffentlich dazu, dass Forscherinnen und Forscher aller Nationalitäten das Thema für sich entdecken, um aus „vernachlässigten“ Krankheiten einmal bedeutungslose Krankheiten zu machen.

  • Portrait Prof. Peter Propping

    Peter Propping: Forscher vieler Länder arbeiten auf verschiedensten Gebieten der Wissenschaft zusammen. Ein Beispiel ist die moderne genetische Krankheitsforschung. An der Entstehung der meisten Krankheiten – z. B. Rheuma, Diabetes, Anfallskrankheiten, seelische Krankheiten, allergische Krankheiten, sogar an Infektionen – sind Erbanlagen irgendwie beteiligt. Vererbt wird eine mehr oder weniger große Krankheitsneigung. Es hängt von äußeren Einflüssen ab, etwa Ernährung, Lebenserfahrungen, Entzündungen, ob aus der angeborenen „Schwäche“ eine Krankheit wird. Die erbliche Neigung setzt sich häufig aus einer komplizierten Kombination von Erbanlagen zusammen, die in einem Menschen zusammengekommen sind. Der Beitrag einer einzelnen Erbanlage zur Krankheit ist meist gering. Zum Nachweis des Zusammenhangs zwischen den Erbanlagen und einer bestimmten Krankheit werden oftmals Blutproben von vielen tausend Patienten benötigt. Dafür ist die Zusammenarbeit von vielen Forschern nötig, die in ihren Ländern auch die Blutproben gesammelt haben. Die biometrische Analyse der genetischen Daten ist kompliziert. Auch dafür sind Arbeitsteilung und Zusammenarbeit nötig. Trotz aller Kooperation gibt es durchaus Wettbewerb zwischen den Forschern. Jeder möchte einen wichtigen Beitrag zur Lösung des Problems liefern oder gar den Schlussstein setzen. Am Ende ist der in internationalen Kooperationen erfolgreich, der auf einem tüchtigen „Zuhause“ aufbauen kann.