Nur schlecht drauf oder depressiv? Woher weiß man das eigentlich?

 

  • Prof. Dr. med. Dr. rer. soc. Frank Schneider, früherer Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Aachen Frank Schneider, früherer Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde, Leiter der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik am Universitätsklinikum Aachen
    “Depressionen sind durch eine andauernde und langanhaltende depressive Stimmung gekennzeichnet.”
  • Prof. Dr. med. Detlef D. Dietrich, Vertreter der European Depression Association und des Europäischen Depressionstags in Deutschland Detlef D. Dietrich, Vertreter der European Depression Association und des Europäischen Depressionstags in Deutschland
    “Eine niedergedrückt-traurige Stimmung werden die meisten Menschen schon mal erlebt haben.”
  • Prof.Dr.med. Johannes Hebebrand LVR-Klinikum Essen Kliniken/Institut der Universität Duisburg-Essen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters Johannes Hebebrand, LVR-Klinikum Essen an der Universität Duisburg-Essen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters
    “Diese Entscheidung treffen Kinder- und Jugendpsychiater.”

 

 

  • Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Universitätsklinikum Leipzig, Sprecher des Kompetenznetzes Depression, Suizidalität, Vorsitzender des Deutschen Bündnis gegen Depression e.V., Leipzig Ulrich Hegerl, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, UK Leipzig, Sprecher des Kompetenznetzes Depression, Suizidalität, Vorsitzender des Dt. Bündnis gegen Depression e.V., Leipzig
    “Häufig berichten Patienten auch über das Gefühl der Gefühllosigkeit.”
  • Prof. Dr. med. Wolfgang Gaebel, Vorsitzender des Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Ärztlicher Direktor LVR-Klinikum Düsseldorf Wolfgang Gaebel, Vorsitzender des Aktionsbündnisses Seelische Gesundheit, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der HHUD, Ärztl. Direktor LVR-Klinikum Düsseldorf
    “Die Krankheit Depression unterliegt dem Stigma, eigentlich keine „echte“ Krankheit zu sein.”
  • Porträt Frank Schneider

    Frank Schneider: Jeder hat mal Tage, an denen er "schlecht drauf" ist. Depressionen sind dagegen durch eine andauernde und langanhaltende depressive Stimmung gekennzeichnet, die die meiste Zeit des Tages über mindestens zwei Wochen vorliegt. Betroffene verlieren ihr Interesse an Aktivitäten, die ihnen früher Freude bereitet haben, sie haben einen stark verminderten Antrieb, haben Konzentrations- oder Gedächtnisschwierigkeiten. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung ist Trauer aber nicht zwingend das führende Symptom, sondern Antriebslosigkeit bis hin zur Unfähigkeit auch nur aus dem Bett aufzustehen.

    Das Ganze wird auch manchmal in einem allersten Ansatz als "Zwei Fragen Test für Depression" dargestellt:

    1. Fühlten Sie sich im letzten Monat häufiger niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?

    2. Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?

    Wenn Sie eine oder beide Fragen klar mit ja für sich beantworten, empfehle ich Ihnen professionelle Hilfe aufzusuchen.

  • Porträt Detlef D. Dietrich

    Detlef D. Dietrich: Eine niedergedrückt-traurige Stimmung werden die meisten Menschen schon mal erlebt haben. Um eine behandlungsbedürftige Depression handelt es sich dabei aber meist nicht. Von einer Depression spricht man, wenn über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen verschiedene Beschwerden zusammen auftreten, die das psychische und soziale Wohlbefinden deutlich beeinträchtigen. In der Regel sind mindestens zwei von vier Hauptsymptomen vorhanden, dies sind nachlassendes Interesse und Freudlosigkeit, niedergedrückt-traurige Stimmung, ein Gefühl der Gefühllosigkeit und ein deutlich verminderter Antrieb. Häufige zusätzliche Beschwerden sind z.B. Ein- und/oder Durchschlafstörungen, Veränderungen des Appetits, nachlassende Energie, leichte Erschöpfbarkeit, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Ängste, innere Unruhe, negativ geprägte Gedanken mit Schuldgefühlen, Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, die in Selbsttötungsideen münden können. Die Ausprägung und Dauer solcher Symptome können dabei sehr unterschiedlich sein. Vielfältige (Kombinationen von) Behandlungsmöglichkeiten sollten individuell und möglichst zeitnah sowie nachhaltig genutzt werden.

  • Porträt Johannes Hebebrand

    Johannes Hebebrand: Diese Entscheidung treffen Kinder- und Jugendpsychiater anhand spezifischer Kriterien für die jeweiligen Diagnosen. So muss der Patient für die Diagnose einer depressiven Episode 14 Tage durchgängig „schlecht drauf“ sein und zusätzlich Phänomene wie Gewichtszunahme oder –abnahme, Ein- oder Durchschlafstörungen oder Appetitverlust aufzeigen. Auch Suizidgedanken sind ein Hinweis, allerdings nur, wenn sie sich auf die konkrete Planung der Handlung beziehen. Allgemeine Suizidgedanken hingegen kommen bei Jugendlichen häufig vor und sind nicht notwendigerweise ein Hinweis auf eine behandlungsbedürftige Erkrankung.

  • Porträt Ulrich Hegerl

    Ulrich Hegerl: Während schlecht drauf sein zum Auf und Ab des täglichen und nicht immer leichten Lebens gehört, ist eine Depression eine ernsthafte, oft auch lebensbedrohliche Erkrankung, die in jedem Fall konsequent behandelt werden muss. Bei einer Depression ist die Fähigkeit, auch auf erfreuliche Dinge mit einem positiven Gefühl zu reagieren, abgeschaltet, es besteht tief sitzende Hoffnungslosigkeit, fast immer Schlafstörungen und Appetitstörungen sowie ein übertriebener Hang zu Schuldgefühlen und Grübelneigung. Häufig berichten Patienten auch über das Gefühl der Gefühllosigkeit, d. h. die Unfähigkeit, selbst Trauer und andere Gefühle zu empfinden. Über diese und andere Krankheitszeichen ist eine Abgrenzung in den meisten Fällen gut möglich.

  • Porträt Wolfgang Gaebel

    Wolfgang Gaebel: Viele Menschen, die unter einer Depression leiden, merken über lange Zeit nicht, dass sie tatsächlich krank sind und professionelle Hilfe nötig und auch möglich ist. Rückblickend heißt es dann: „Wenn ich das nur früher gewusst hätte, dann hätte ich viel früher was dagegen machen können“. Dies liegt daran, dass viele Symptome der Depression (Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, niedriges Selbstwertgefühl und Selbstzweifel, Neigung zum Grübeln, Zukunftsängste) einzeln und für sich genommen normale Reaktionen des Menschen sind, beispielsweise auf andauernde und schwere Belastungen, Trennungen oder Verluste. Andere Symptome wiederum werden oft gar nicht erst mit einer Depression in Verbindung gebracht, wie beispielsweise Schlafstörungen oder bestimmte Schmerzen. Auch unterliegt die Krankheit Depression dem Stigma, eigentlich keine „echte“ Krankheit zu sein. Dies wird den vielen Menschen, die zum Teil sehr stark unter ihren Depressionen leiden, zusätzlich zur Last.

    Spätestens wenn mehrere dieser Symptome nach einem längeren Zeitraum (mehreren Wochen) nicht wieder verschwunden sind, besteht die Möglichkeit einer Erkrankung. Es finden sich im Internet Checklisten und Selbsttests, die einen Hinweis hierzu geben können. Ein Gespräch mit dem Hausarzt sollte allerspätestens dann in Betracht gezogen werden, wenn Gedanken an den eigenen Tod (Todessehnsucht, Selbstmordgedanken) wiederholt aufkommen und nicht wieder verschwinden. Falls die Sorge besteht, jemand Nahestehendes könnte ernsthaft depressiv sein und trägt sich möglicherweise mit Selbstmordgedanken, sollte man nicht zögern, die Person direkt daraufhin auch anzusprechen. Meist wird dies von den Betroffenen als Entlastung empfunden