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Erholt sich von
Trockenheit geschädigter Wald am besten von selbst oder braucht es die aktive Aufforstung?

22.03.2022
Kurz und knapp

Etwa 2,4 Prozent des deutschen Waldes sind geschädigt und müssen wiederbewaldet werden. Expertinnen und Experten fürchten, dass dieser Anteil mit dem fortschreitenden Klimawandel größer wird. In Naturwaldreservaten können sich Waldflächen ohne Eingriff von außen erholen, doch ihre Fläche ist bisher sehr begrenzt. Holz ist ein Wirtschaftsfaktor und Aufforstung führt zu schnelleren Ergebnissen. Auch der Klimawandel ist ein Argument für die Aufforstung, denn Bäume absorbieren beträchtliche Mengen an CO2.

Die Frage „Würde der von der Trockenheit geschädigte Wald in Deutschland sich nicht am besten von selbst erholen? Was macht die aktive Aufforstung notwendig?“ wurde im IdeenLauf eingereicht, der zentralen Mitmachaktion im Wissenschaftsjahr 2022 – Nachgefragt!.

Bäume leiden unter dem Klimawandel

Rund 40 Jahre ist es her, dass zum ersten Mal vom Waldsterben gesprochen wurde. Damals fuhr der bayerische Landesverband des BUND Naturschutz mit zwei Professoren in die Oberpfalz, um geschädigte Wälder anzuschauen. Der Begriff und das Thema schafften es in die Öffentlichkeit – und schließlich sogar in die Politik. Seinerzeit war eine erhöhte Schwefelkonzentration in der Luft an der Entwicklung schuld. Gesetzliche Maßnahmen führten zur Reduktion der sogenannten Schwefeleinträge, der Zustand des Waldes verbesserte sich. Die Folgen des Klimawandels in unseren Tagen sind schwerer zu bekämpfen. Alle Bäume – egal ob Nadel- oder Laubbäume – leiden unter den zunehmenden Klimaextremen: Hitze, Trockenheit und Stürme. Die Schädigung von Kiefern zeigt sich beispielsweise an den rot gefärbten Kronen der Bäume, an vertrockneten Nadeln, gerissener Rinde und abgebrochenen Ästen.

Naturwaldzellen entwickeln sich allein

An anderer Stelle schädigen Borkenkäfer die Bäume. Der Klimawandel führt bei heimischen Insekten zu höheren Vermehrungsraten. Das belastet die Bäume. Fachleute gehen von einem Holzbefall von 171 Millionen Kubikmetern und einer Fläche von 277.000 Hektar aus (Ende 2020 waren das etwa 2,4 Prozent der gesamten Waldfläche), die wiederbewaldet werden muss. Das entspricht dreimal der Fläche von Berlin und ist mehr als die Größe des Saarlands. Der Ansatz, die Wälder sich selbst zu überlassen, wird besonders von Naturschützerinnen und Naturschützern verfolgt. Bisher mit geringem Erfolg: Nur auf rund 31.000 Hektar, knapp drei Promille der Waldfläche, wachsen in Deutschland Wälder, die der Nutzung entzogen sind. Naturwaldreservate oder Naturwaldzellen heißen diese insgesamt 700 Schutzgebiete, in denen der Wald sich ohne menschliche Eingriffe entwickeln soll. Die Bundesregierung will diese Fläche auf 550.000 Hektar und damit fünf Prozent des Flächenanteils von Wäldern ausweiten.

Der richtige Baum am richtigen Standort

Der Ansatz wird nur auf einer geringen Fläche verfolgt, weil er zeitaufwändig ist: Das Ökosystem eines alten Waldes braucht nach Störungen Jahrhunderte, um sich zu erholen. Aufforstungsprozesse sind im Vergleich dazu viel schneller – und Holz ist ein gefragter Rohstoff. Noch ein weiteres Argument spricht für die Aufforstung: Aufforstungsprojekte werden weltweit verfolgt, weil sie als wichtiger Baustein für das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens angesehen werden. Forschungen haben belegt, dass durch Aufforstungen sowie die Wiederherstellung geschädigter Wälder die Absorption von CO2 erhöht und gleichzeitig die Widerstandsfähigkeit der Wälder verbessert werden kann. Drei Milliarden neue Bäume sollen deshalb im Zuge der EU-Waldstrategie bis 2030 in der EU angepflanzt werden. Dies soll durch biodiversitätsfreundliche Aufforstung und ökologische Restauration erfolgen. Das Prinzip: der richtige Baum am richtigen Standort zum richtigen Zweck. Moderne Waldbewirtschaftung will naturnah, nachhaltig und multifunktional sein – und damit eine Brücke zwischen dem natürlichen Nachwachsen und einem gesteuerten Aufforsten schlagen.