Gesundes Leben, Medizin, Pflege

Gibt es Biomarker für emotionale Traumata?

05.01.2023
Kurz und knapp

Traumatische Ereignisse hinterlassen nicht nur Spuren in der Seele, sondern auch messbare Veränderungen im Körper. Forschende fahnden nach solchen geeigneten Biomarkern, die helfen sollen, Diagnostik und Therapie von psychischen Traumata und ihren Folgen zu verbessern. Noch sind sie jedoch nicht gefunden.

Tiefe emotionale Wunden

Krieg, Naturkatastrophen, Missbrauch, psychische und physische Gewalt, aber auch schwere Verlusterfahrungen oder Vernachlässigung – die Ursachen sind vielfältig. Letztlich aber sind es immer Situationen, die die Betroffenen nicht bewältigen und verarbeiten können, die eine tiefe seelische Verletzung hinterlassen – ein Trauma (Plural Traumata), vom Griechischen für „Wunde“. Infolge einer traumatischen Erfahrung kann es zu einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTDS) kommen, die im Extremfall dazu führt, dass Betroffene im Alltag nicht mehr zurechtkommen. Sowohl Opfer als auch Zeugen eines dramatischen Ereignisses können betroffen sein.

 

Traumata hinterlassen Spuren im Körper

In der traumatisierenden Situation erleben Betroffene extreme Angst, Kontrollverlust, Ohnmacht – anders gesagt: massiven Stress. Und der hinterlässt Spuren im Organismus, insbesondere im Gehirn, aber auch in Hormonhaushalt, Stoffwechsel, Immunsystem und sogar im Erbgut. Die Fachwelt ist sich darüber einig, dass Traumata beziehungsweise PTDS, ebenso wie andere psychische Erkrankungen eine biologische Grundlage haben. Es liegt also nahe, dass es messbare und krankheitstypische Veränderungen für Traumata und PTDS geben müsste – sogenannte Biomarker.

Noch beruhen Diagnose und Therapiewahl bei den meisten psychiatrischen Erkrankungen, so auch bei Traumata und PTDS, hauptsächlich auf den Beschreibungen der Patientinnen und Patienten. Biomarker, also messbare Werte, die Auskunft über Ursache und Verlauf der Erkrankung geben, könnten einen wertvollen Beitrag leisten, um präzisere Diagnosen zu stellen und Betroffene gezielter zu behandeln.

 

Fahndung nach Biomarkern

„Viele Beispiele aus anderen Bereichen der Medizin und Biologie haben gezeigt, dass wir messbare Marker oder Korrelate finden können, sobald wir die Grundlagen von Erkrankungen besser verstehen“, sagt Torsten Klengel, der an der Uniklinik Göttingen und an der Harvard Medical School, in Boston, Massachusetts, USA forscht. Sein Ziel ist es, die molekularen Grundlagen von neuropsychiatrischen Erkrankungen besser zu verstehen.

Im Fall der Traumata und PTDS sind diese Mechanismen jedoch noch weitgehend ungeklärt, was die Suche nach geeigneten Biomarkern erschwert.

Einige Veränderungen haben Forschende immerhin bereits im Visier, die mit der Erkrankung einhergehen – Auffälligkeiten, die sich mit bildgebenden Methoden nachweisen lassen, genetische Besonderheiten, aber auch Veränderungen auf der Ebene der Genexpression und der Epigenetik. Allerdings sind bislang – trotz intensiver Forschung – keine zuverlässigen Marker in Sicht, die sich für eine Anwendung in der Klinik eignen. Dennoch ist Klengel überzeugt: „Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass die Suche nach Biomarkern für Traumata beziehungsweise PTSD nicht erfolgreich sein kann.“

 

Kurzer Einführungstext zu Traumata und posttraumatischer Belastungsstörung

Podcast mit Prof. Torsten Klengel zu Traumata und den Spuren, die sie im Organismus hinterlassen

 

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Anonym04.02.2022