Innovation, Technik, Arbeit

Gibt es einen effektiven Schutz vor Radioaktivität?

03.06.2022
Kurz und knapp

Wenn es an einem Atomkraftwerk zu einem Unfall kommt, sind Menschen einer erhöhten Strahlenbelastung ausgesetzt, vor der es sich zu schützen gilt. Effektive Maßnahmen sind zum Beispiel die regulierte Einnahme von Jodtabletten und der Aufenthalt in geschlossenen Räumen. Auch Mediziner und Pilotinnen müssen Sicherheitsvorkehrungen beachten, um sich vor Radioaktivität zu schützen und das Risiko für Krebs zu mindern.

Radioaktivität aus natürlichen und zivilisatorischen Quellen

Radioaktivität umgibt uns überall in der Umwelt. In Gestein beispielsweise kommen Spuren von Uran vor. Die Substanz ist radioaktiv, da sie so lange zerfällt, bis sie einen stabilen Zustand erreicht. Dabei strahlt sie. Die durchschnittliche Strahlenbelastung aus natürlichen Quellen beträgt 2,1 Millisievert pro Jahr. Hinzu kommen 1,7 Millisievert zivilisatorisch bedingte Belastung, etwa aus Medizin und Technik. Unser Organismus kommt offenbar gut damit klar. Ganz anders sieht es aus, wenn Nuklearwaffen eingesetzt werden oder es an einem Atomkraftwerk zu einem Unfall mit Kernschmelze kommt.

Stoffe wie Cäsium, Plutonium, Jod 131 und 133, die dabei in die Luft gepustet werden, bergen auch für Menschen in Dutzenden Kilometern Entfernung hohe Risiken. Der Wind treibt sie in radioaktiven Wolken übers Land – mit folgenschweren Konsequenzen. Cäsium, Plutonium und Co reichern sich im Körper an und geben ihre Energie an das Gewebe ab. Körperzellen können schwer geschädigt werden und sich in Krebszellen umwandeln. Obendrein gelangen radioaktive Substanzen über die Atemwege oder durch kontaminierte Nahrung in den Körper und strahlen dort zusätzlich.

Sicherheitsmaßnahmen bei Atomunfall

Wie können sich Menschen schützen? „Die Schwere der gesundheitlichen Schädigung ist von der Intensität der Strahlung und der Dauer der Bestrahlung abhängig. Daher sind neben einer guten Abschirmung der größtmögliche Abstand zur Strahlungsquelle und eine kurze Aufenthaltsdauer die Mittel der Wahl“, erläutert Dr. Andrea Arenz, Strahlenschutzbevollmächtigte an der Philipps Universität Marburg. So wurden nach dem verheerenden Unfall im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi im März 2011 mehr als 120.000 Menschen in einem Radius von bis zu 40 Kilometern um den Reaktor evakuiert.

„Nuklearer Notfallschutz wird in Deutschland großgeschrieben und ist im Strahlenschutzgesetz verankert“, sagt die Expertin. „Welche Maßnahmen eingeleitet werden, beispielsweise Evakuierung, Verbleiben im Haus oder Verzehrverbote für bestimmte Lebensmittel, entscheidet sich je nach Situation.“

Sinnvolle Einnahme von Jodtabletten

So kann bei einem Unfall mit Kernschmelze die Einnahme von Jodtabletten – genau genommen: Kaliumiodid-Tabletten – sinnvoll sein. Die Anreicherung von radioaktivem Jod in der Schilddrüse wird nämlich über die Einnahme nicht-radioaktiven Jods blockiert. Die Präparate eignen sich allerdings nur für Menschen bis 45. Ab dieser Altersgrenze überwiegen die Risiken der Einnahme den Nutzen. Zum Beispiel können Jodtabletten allergische Reaktionen hervorrufen oder zu einer Schilddrüsenüberfunktion führen.

Außerdem gilt es, Jod zum richtigen Zeitpunkt zu schlucken, um die gewünschte Wirkung zu erreichen. Zu früh eingenommen, kann das nicht-radioaktive Jod schon wieder abgebaut sein, wenn das radioaktive Jod in den Körper gelangt. Erfolgt die Einnahme zu spät, so wurde das radioaktive Jod womöglich schon vorher aufgenommen. „Betroffene sollten unbedingt den Empfehlungen der Katastrophenschutzbehörde folgen und auf keinen Fall vorbeugend Tabletten nehmen“, rät die Fachfrau.

Strahlenschutz am Arbeitsplatz

Strahlenschutzbeauftragte wie Andrea Arenz arbeiten bundesweit an Universitäten, in Kliniken und auf Flughäfen. Sie wachen beispielsweise darüber, dass Studierende sich schützen, die im Rahmen ihrer Ausbildung Radioaktivität einsetzen. Auch Mediziner und Medizinerinnen, die bösartige Tumore bestrahlen, müssen Sicherheitsmaßnahmen befolgen, genauso wie Flugpersonal, das lange in Höhen reist, auf denen es besonders viel kosmischer Strahlung ausgesetzt ist, die aus dem All auf die Erde trifft. In Deutschland wird bei rund 420.000 Personen die Strahlenbelastung über Dosimeter gemessen. „Die Daten zeigen: Unsere Schutzmethoden sind effektiv“, erläutert Arenz, der Auswertungen aus dem Jahr 2017 vorliegen. „Der Grenzwert von 20 Millisievert wurde von nur zwei Personen überschritten.“

Können sich Menschen auch bei einem Nuklearangriff schützen? In der Nähe einer Atombombenexplosion hätten wir keine Chance, denn die Detonation wäre zu stark. Die Bombe in Hiroshima löschte in einem Umkreis von einem Kilometer fast alles Leben aus. Heutige Bomben haben eine tausendfache Explosionswirkung. Selbst wer etwa in einem Bunker viele Meter tief unter der Erde einen Angriff überlebt, würde beim Betreten der Erdoberfläche schwer erkranken oder sterben. Der effektivste Schutz gegen atomare Strahlung von Bomben ist das Bemühen um eine friedliche Lösung von Konflikten.

Eine Antwort auf die Frage, wie wir uns bei einem Atomunfall effektiv schützen, finden Sie hier

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Anonym04.03.2022