Kultur, Wissen, Bildung

Ist es überhaupt lohnenswert in die Schule zu gehen, wenn eh alles im Internet steht?

22.11.2022
Kurz und knapp

Der Schulunterricht steht regelmäßig auf dem Prüfstand: Es fehlt an Lehrkräften, die Klassen sind teilweise zu voll und die Gebäude mitunter renovierungsbedürftig. Zugleich gibt es online immer mehr Tutorials, Lernvideos und –Programme, oft gut gemacht und unterhaltsam. Dennoch gibt es gute Gründe, sich nicht einfach nur selbst zu beschulen.

Auch Lernen will gelernt sein

Was immer man wissen möchte, man kann es schnell mal eben googeln. Und das Internet liefert nicht nur Informationen: Wer etwas lernen möchte, findet online oft auch ein passendes Lernvideo, einen Vortrag, eine Anleitung. Die Vielfalt der Angebote ist beeindruckend. Doch diese Vielfalt ist zugleich eine Herausforderung: Wer nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt, die Online-Angebote einzuschätzen und seinen oder ihren Bedürfnissen entsprechend auszuwählen, wird von der Menge der Informationen vor allem verwirrt. Das gilt besonders für junge Schülerinnen und Schüler. Lehrende berichten immer wieder, dass diese etwa beim Vorbereiten von Referaten mit der Online-Vielfalt überfordert sind. Wikipedia-Artikel sind meist viel zu schwer zu verstehen, Werbung nicht leicht von seriösen Angeboten zu unterscheiden. Das Ergebnis sind oft zusammenhanglose Sammlungen von Informationsbrocken. Die nötigen grundlegenden Kenntnisse, die man benötigt, um von den Online-Angeboten überhaupt profitieren zu können, wird man allein nicht erlangen.

 

Es muss nicht die klassische Schule sein

Das heißt nun nicht unbedingt, dass man eine klassische Präsenz-Schule besuchen muss. Es gibt verschiedene Internetschulen, bei denen entweder klassenweise Online-Unterricht stattfindet, wie wir ihn in der Pandemie kennengelernt haben, oder in der für jede Schülerin und jeden Schüler ein individueller Lernplan erstellt wird, den dann jede und jeder in seinem oder ihrem Tempo bearbeiten kann und individuelles Feedback erhält. Das kann etwa für diejenigen sinnvoll sein, die wegen der Berufstätigkeit der Eltern längere Zeit im Ausland sind oder die, aus anderen Gründen, im „normalen“ Schulbetrieb nichtgut aufgehoben sind. Hier wird zwar „im Internet“ gelernt, aber es sind Fachmenschen für die Auswahl des Stoffes und die Rückmeldungen zuständig.

Das Homeschooling, wie es wegen der Pandemie stattfinden musste, hat allerdings gerade bei den Jüngeren nicht zu guten Ergebnissen geführt. Je jünger die Schülerinnen und Schüler sind, desto wichtiger ist die persönliche Betreuung, Anleitung und Begegnung.

Zudem geht es in der Schule (idealerweise) nicht nur um die Aufnahme von Informationen und das Erlangen von „Kompetenzen“, sondern um ein begleitetes Erwachsenwerden, um das Lernen mit und von anderen, um die Zusammenarbeit in der Gruppe, um das Zusammensein mit Gleichaltrigen. Viele Schülerinnen und Schüler haben berichtet, dass ihnen in der Pandemie-Zeit vor allem Begegnungen mit Klassenkameradinnen und Klassenkameraden gefehlt habe.

Verfechter des freien Lernens kritisieren allerdings gerade das jahrelange Zusammensein mit einer Gruppe Gleichaltriger als unnatürlich. Sie gehen davon aus, dass junge Menschen motiviert genug sind, um sich eigenständig Lerngelegenheiten zu suchen. Online nach Informationen zu suchen, könne aber nur ein Teil davon sein.

 

Lernen ist auch eine soziale Aktivität

Lehrende betonen zudem, dass die Einordnung und Bewertung von Fakten ohne das Gespräch mit anderen (und mit Lehrpersonen) schwierig zu erlernen sind. Es geht eben nicht nur darum, Fakten zu finden, sondern auch darum, einen Standpunkt zu entwickeln und diesen vertreten zu lernen. Der Online-Austausch mit anderen ist dabei eher ein Notbehelf.

Zweifellos sollte es bessere Formen des Lernens geben, als manche Schulen sie anbieten. Zweifellos sind die Online-Bildungsangebote für viele Menschen, die sonst keinen Zugang zu Bildungsangeboten haben, sehr hilfreich. Doch allein vor dem Computer zu sitzen kann gerade für junge Menschen nur eine Notlösung sein.

 

Für Schüler*innen: Geolino berichtet aus einer Internetschule.