Umwelt, Klima, Erde, Universum

Können Bäume in den Himmel wachsen?

19.01.2022
Kurz und knapp

„Es ist dafür gesorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, schreibt Goethe in seiner Autobiografie. Die alte Redensart zeigt an, dass jedes Wachstum, jeder Erfolg, ja jede „Himmelsstürmerei“ irgendwann ein Ende hat. Und tatsächlich wachsen Bäume nicht endlos in die Höhe, auch wenn es beeindruckend große Exemplare gibt – und sehr, sehr kleine. In den letzten Jahren kommt die Forschung zu erstaunlichen Erkenntnissen, die auch für den Klimaschutz Bedeutung haben.

Mammuts und Methusalems

Bäume sind wahre Anpassungswunder. Auch in windigen und unwirtlichen Gegenden finden sie ihren Weg – und der führt immer nach oben, selbst wenn es um die Ecke geht. Dort, wo es ihnen gut geht, können sie luftige Höhen erreichen: Der derzeit größte Baum der Welt, der Küstenmammutbaum „Hyperion“ im kalifornischen Redwood National Park, erreicht eine Wuchshöhe von über 115 m! Die alpine Krautweide ist dagegen nur wenige Zentimeter groß, einzig ihre kleine Krone ragt aus den Felsspalten heraus.

Bäume können nicht nur sehr groß werden, sondern auch sehr alt: Erst vor Kurzem entdeckten schwedische Forschende eine Fichte, deren Alter sie auf fast 10.000 Jahre schätzen. Einige Bäume klonen sich über tausende von Jahren sogar selbst, aus ihrem Wurzelgeflecht wachsen immer wieder neue Ableger. Apropos Wurzeln: Nach unten können manche Bäume genauso tief wachsen wie andere nach oben. So führen die Wurzeln südafrikanischer Feigenbäume bis zu 120 m in Erdreich und Gestein, um an tiefliegende Wasserquellen zu gelangen.

Wachstum entgegen der Schwerkraft

Um in die Höhe zu wachsen, müssen Bäume das von den Wurzeln gezogene Wasser entgegen der Schwerkraft in die Baumkrone transportieren. Im Splintholz – dem äußeren, aktiven Teil des Baumstamms – befinden sich Leitbahnen, die bis in die Blätter reichen. In diesen sind Spaltöffnungen, durch die das Wasser verdunsten kann. Der dadurch entstehende Sog zieht weiter Wasser nach oben. Abhängig von Baumart, Größe und klimatischen Bedingungen können das bis zu mehrere hundert Liter am Tag sein. Hier findet sich der Grund, warum Bäume nicht endlos wachsen: Je höher der Baum, desto schwieriger wird es, den benötigten Unterdruck zu erzeugen.

Wie schaut es aus, wenn wir den Blick noch höher richten, in den Sternenhimmel? 2019 gelang es einem chinesischen Forschungsteam das erste Mal, in einer Sonde Pflanzen auf der Mondoberfläche keimen zu lassen. Allein könnten diese auf dem Mond allerdings nicht überleben, da ohne Licht, Wasser, Luft und Wärme die entsprechenden Lebensbedingungen fehlen. Lange vermutete die Wissenschaft auch, dass Wurzeln in der Schwerelosigkeit des Alls ihre Orientierung verlieren, doch erfolgreiche Versuche bewiesen: Pflanzen sind anpassungsfähiger als gedacht – und auf der Raumstation kann mittlerweile selbst gezogener Salat genascht werden.

Buchen sollst du suchen …

Bäume sind soziale Wesen und kommunizieren sowohl durch ihr Wurzelwerk als auch über Duftstoffe in der Luft. So warnen sie sich gegenseitig vor Schädlingen oder tauschen Nährstoffe aus. Der Klimawandel bringt diese Systeme und ganze Wälder in Gefahr. Gegen anhaltende Trocken- und Hitzeperioden schützen sich Bäume, indem sie die Verdunstung reduzieren: Sie schließen ihre Spaltöffnungen und die Photosynthese kommt zum Erliegen, es wird kaum noch CO2 aufgenommen. Dabei sind gesunde Wälder essenziell für den Klimaschutz, denn ihr Holz speichert große Mengen an Kohlenstoff. 

Zunehmend konzentriert sich die Forschung daher nicht mehr auf die Holzproduktion in Nutzwäldern, sondern auf die Bedeutung natürlich gewachsener Wälder für die Umwelt. Kiefernwälder könnten in Zukunft wieder den alten europäischen Buchen- und Laubwäldern weichen, denn diese speichern deutlich mehr Wasser und senken die Temperatur. Auch südeuropäische Arten sind den neuen klimatischen Bedingungen besser angepasst. Grundsätzlich gilt: Bäume sind lernfähig – der Mensch hoffentlich auch!

Inspirierende Fragen

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Anonym20.04.2022