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Können Biogasanlagen eine sinnvolle Alternative zu Erdgas sein?

05.01.2023
Kurz und knapp

Biogas gehört zu den regenerativen Energien, aber sein Marktanteil ist verschwindend gering. Zwar ist Biogas eine leicht zu speichernde Energieform, doch seine Produktion ist aufwendig. Abfallprodukte aus der Viehwirtschaft und von Nutzpflanzen spielen als Rohstoffe eine Nebenrolle: Die Anlagen werden vor allem mit Mais betrieben, der auf riesigen Flächen angebaut wird. Doch diese lassen sich nicht beliebig vergrößern – zumal die Flächen für die Nahrungsmittelproduktion wegfallen.

Anteil am Gasmarkt von einem Prozent

Biogas zählt zu den regenerativen Energien: Gülle, Mist, Energiepflanzen wie Mais, Küchenabfälle und Pflanzenreste aus der Lebensmittelproduktion werden mithilfe von Bakterien vergoren, das dabei aufsteigende Gas wird aufgefangen und aufbereitet. Denn erst wenn das Kohlendioxid entfernt wurde, lässt sich das verbleibende Methan nutzen. Für die gleichen Zwecke wie Erdgas: zum Heizen oder zur Stromerzeugung.

Die Biogasproduktion könnte binnen fünf bis zehn Jahren verdoppelt werden, heißt es beim Fachverband Biogas. Damit könne es einen Teil des noch bis vor einigen Monaten aus Russland importierten Erdgases ersetzen. Das klingt zunächst einmal gut. Doch dazu muss man wissen, dass der Marktanteil von Biomethan am Gasmarkt derzeit gerade mal bei einem Prozent liegt.

 

Rohstoff Mais verbraucht enorme Flächen

Selbst eine Verdreifachung, wie sie eine Kurzstudie des Deutschen Biomasseforschungszentrums Leipzig und des Wuppertal Instituts für möglich hält, wäre nicht Nichts, doch bei weitem nicht genug, um das klassische Erdgas nennenswert zu ersetzen.

Derzeit werden die rund 9200 deutschen Biogasanlagen zu drei Vierteln mit Mais betrieben, der extra für diesen Zweck angebaut wird. Denn der Methangehalt von Maissilage ist deutlich höher als etwa der von Gülle, die als Abfallprodukt der Nutztierhaltung von selbst anfällt. Doch die dafür erforderlichen riesigen Monokulturen, beschleunigen das Artensterben, kritisieren Naturschützer. Auf 15 Prozent der deutschen Ackerflächen, das entspricht 1,5 Millionen Hektar, wächst Mais für die Gaserzeugung. Wenn die Produktion von Biogas ausgebaut werden soll, dann mit mehr Gülle, Mist und dem Schnitt von Blühflächen, fordert der Bund Naturschutz.

 

Potenzial bei Kompostanlagen

Der Fachverband Biogas verweist auf alternative Energiepflanzen wie die Durchwachsene Silphie, eine schnell auf bis zu drei Meter Höhe wachsende Pflanze aus Nordamerika. Doch egal ob Mais oder Silphie: Eine größere Anbaufläche für Biogaspflanzen geht zulasten der Flächen für die Nahrungsmittelproduktion.

Vielleicht ist das auch gar nicht nötig, solange erst ein Viertel der Abfälle aus der Tierhaltung in Biogasanlagen landet und die Lage bei Bioabfällen aus Privathaushalten auch nicht besser aussieht. Die werden zumeist kompostiert, das dabei aufsteigende Methan aber nicht genutzt. Dafür müssten die Kompostierungsanlagen mit Vergärungsanlagen ausgerüstet werden.

Wird mit dem Biogas nicht geheizt, sondern Strom erzeugt, fällt die Flächenbilanz laut dem Energieforscher Michael Sterner von der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Regensburg besonders schlecht aus: „Wind- und Sonnenenergie sind die günstigste Form, grünen Strom zu ernten, mit dem geringsten Flächenverbrauch. Mit einem Hektar Solarpark können Sie so viel Strom erzeugen wie mit 40 Hektar Biogas-Mais.“ Ein internes Papier des Umweltbundesamtes bestätigt diesen Wert.

 

Mit Abstand teuerste regenerative Energie

Während die oben erwähnte Kurzstudie davon spricht, dass sich bis zu 46 Prozent der derzeitigen Stromproduktion durch Gaskraftwerke aus Biogas decken ließe, verweisen andere Fachleute darauf, dass bislang überhaupt nur 2,5 Prozent der Biogasanlagen Gas ins Netz einspeisen können. Die meisten Anlagen sind viel zu klein, um sie wirtschaftlich an weit entfernte Leitungen anzuschließen. Von den rund 95 Terrawattstunden Biogas, die die deutschen Anlagen im Jahr erzeugen, werden etwa 85 in Blockheizkraftwerken vor Ort zu Strom und Wärme umgewandelt, nur rund zehn landen im öffentlichen Gasnetz. Der Anteil von Biogas an der Stromerzeugung liegt bei rund fünf Prozent und damit deutlich hinter den erneuerbaren Energien Windkraft und Photovoltaik. Im Vergleich mit ihnen ist Biogas die mit Abstand teuerste grüne Energieform.

Unterm Strich kann Biogas Erdgas also nur ergänzen. Die Produktion ist zu aufwändig, um eine sinnvolle Alternative zu bieten.

 

Wie eine Biogasanlage funktioniert, erklärt Ralph Caspers in der „Sendung mit der Maus“.

Hier ein Erklärfilm eines Herstellers von Biogasanlagen mit Videoanimationen.