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Warum darf man für die Wissenschaft nicht klonen?

05.01.2023
Kurz und knapp

Durch Klonen kann man genetisch (fast) identische Lebewesen schaffen oder Gewebe, die bei Transplantationen nicht abgestoßen werden. Doch die Technik ist umstritten: weil dazu Embryonen verwendet werden und weil man mit ihrer Hilfe Lebewesen manipulieren kann. Das Klonen von menschlichen Embryonen ist deshalb verboten, die Forschung streng reguliert.

Arten des Klonens

Klonen bezeichnet die Erzeugung von Lebewesen mit gleichem Erbgut. In der Natur entstehen Klone, wenn sich Organismen ungeschlechtlich, also etwa durch Zellteilung, Knospung oder Ableger fortpflanzen. Auch eineiige Zwillinge sind natürliche Klone.

Klone lassen sich aber auch künstlich erzeugen. Eine Möglichkeit ist das Embryonensplitting. Dabei werden die Zellen eines Embryos in einer sehr frühen Entwicklungsphase voneinander getrennt. Sie können sich dann zu vollständigen, genetisch identischen Individuen entwickeln. Eine andere Möglichkeit ist der Zellkerntransfer. Dabei wird der Kern einer Spenderzelle (das kann eine beliebige Körperzelle sein) in eine entkernte Eizelle eingesetzt.

Wird diese einer Leihmutter implantiert, in der sie sich dann zu einem Lebewesen entwickelt, spricht man von reproduktivem Klonen. Auf diese Weise können beispielsweise Nutztiere wie Schweine mit erwünschten Eigenschaften „kopiert“ werden oder Tiere, die genetisch so verändert wurden, dass ihr Gewebe von menschlichen Immunzellen nicht abgestoßen wird. Mit dieser Methode entstand zum Beispiel das berühmte Klonschaf Dolly. Allerdings funktioniert das reproduktive Klonen nicht sehr zuverlässig, die meisten der geklonten Eizellen entwickeln sich nicht wie gewünscht.

Neben dem reproduktiven gibt es das therapeutische Klonen oder Forschungsklonen. Dabei geht es nicht darum, Lebewesen entstehen zu lassen, sondern darum, embryonale Stammzellen zu gewinnen. Diese können sich zu allen Zelltypen des Körpers weiter entwickeln und sind genetisch (fast) identisch mit dem Gewebe des Organismus, von dem der Zellkern stammt. Damit hofft man, Gewebe wie Herzmuskel- oder Nervenzellen und vielleicht einmal ganze Organe züchten zu können, die vom Empfängerorganismus nicht abgestoßen werden.

 

Die Rechtslage

Der Allgemeinen Erklärung über das menschliche Genom und Menschenrechte der UNESCO zufolge sind „Praktiken, die der Menschenwürde widersprechen, wie reproduktives Klonen von Menschen“ verboten. Die Rechtslage in Bezug auf das Forschungsklonen ist vor allem international weder einheitlich noch eindeutig. Nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz von 1990 ist die Herstellung und Verwendung von Embryonen zu einem anderen Zweck als zum Herbeiführen einer Schwangerschaft der Frau, von der die Eizellen stammen, verboten. Menschliche Embryonen dürfen nicht in einer Art und Weise manipuliert werden, die nicht ihrer Erhaltung dienen. Über die genaue Auslegung des Gesetzes wird jedoch diskutiert. Strittig ist vor allem, ob es eine Frist geben soll, aber der ein menschlicher Embryo als besonders schutzwürdig gilt. Zudem ist die Forschung an Zelllinien, die vor 2007 entstanden sind, zulässig.

 

Würde und die Furcht vor dem Dammbruch

Unstrittig ist: Menschen zu klonen verstößt gegen die Menschenwürde. Niemand soll vorsätzlich als Kopie eines anderen geboren werden, niemand soll auf bestimmte Merkmale hin optimiert oder „gezüchtet“ werden.

Daraus wird das sogenannte Dammbruchargument gegen das Forschungsklonen abgeleitet: Demnach werden für das Forschungsklonen Verfahren entwickelt, die man auch für das Klonen von Menschen verwenden könnte. Schon erste Schritte auf dem Weg zu solchen Zielen zu unternehmen, so wird argumentiert, könnten zu einer Entwicklung führen, die nicht mehr aufzuhalten ist.

Ein anderes Argument gegen das Forschungsklonen mit menschlichen Geweben betrifft die Stellung des menschlichen Embryos: Dieser genieße besonderen Schutz, denn er sei als Mitglied der menschlichen Gattung zu betrachten und als solches komme ihm Menschenwürde zu. Die Entwicklung zum Menschen verlaufe nämlich kontinuierlich, man könne also kein Stadium bestimmen, in dem diese Würde noch nicht vorhanden sei, der Mensch sei in seiner gesamten Entwicklung ein und dasselbe Wesen. Ein menschliches Embryo zu verwenden, um Gewebe zu züchten, sei deshalb inakzeptabel.

Wegen solcher Einwände und Bedenken wird an Verfahren gearbeitet, die ohne menschliche Embryonen auskommen. Dazu versucht man Körperzellen zu „reprogrammieren“, man verändert ihre Genaktivität und bringt sie so dazu, Eigenschaften von Stammzellen auszubilden. Zudem wird daran geforscht, Zellkerne aus menschlichen Geweben in Eizellen nicht-menschlicher Tiere einzusetzen. Auch dies ist allerdings umstritten, weil es Mischwesen aus Mensch und Tier, sogenannte Chimären, möglich macht.

Wie so oft in der Wissenschaft gilt es auch beim Klonen, möglichen Nutzen und möglichen Schaden abzuwägen, auch was unser Bild vom Menschen angeht.

 

Allgemeine Erklärung über das menschliche Genom und Menschenrechte der UNESCO vom 11. November 1997.

Gesetz zum Schutz von Embryonen (Embryonenschutzgesetz - ESchG) vom 13. Dezember 1990.

Michael Lange: Es begann mit einem Schaf. Ein Feature über Dolly und die Entwicklung des Klonens.

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