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Warum ist jede Schneeflocke einzigartig?

03.01.2023 Meldungen, Antworten
Kurz und knapp

Die Eiskristalle, aus denen sich eine Schneeflocke zusammensetzt, wachsen nach ganz bestimmten Gesetzmäßigkeiten, die von der herrschenden Temperatur und der Luftfeuchte abhängen. Kleinste Abweichungen verändern bereits die Art des Wachstums. Und darin liegt das Geheimnis der Formenvielfalt bei Schneeflocken: Keine nimmt vom Himmel herab den exakt gleichen Weg wie die andere. Der Wind ist also der Künstler an diesem Werk.

Klein und zahlreich – aber alles Individuen

Sie sind selten größer als der Weißraum in diesem O. Sie bestehen aus Wasser. Sie rieseln jeden Winter zu Billionen und Aberbillionen vom Himmel. Und doch ist keine von ihnen wie die andere. Man erkennt es mit einer einfachen Taschenlupe: Jede Schneeflocke unterscheidet sich zumindest ein bisschen von der anderen – bzw., um es präziser zu sagen: Die Schneekristalle, aus denen die Flocke zusammengepappt ist, unterscheiden sich voneinander. Und das hat vor allem einen Grund: den Wind. Er ist es, der jeden Schneekristall auf einem anderen Weg zu Boden schweben lässt und so unterschiedlichen Temperatur- und Feuchteschwankungen aussetzt. Im Wechselspiel mit der hexagonalen Kristallstruktur des Eises führen diese Schwankungen zum Variantenreichtum der Formen.

 

Sechsstrahlige Kristallsterne

Schneekristalle sind grundsätzlich sechseckig. Das liegt an der Struktur der Wassermoleküle. Wenn diese an einem Schwebpartikel der Luft zu Eis kondensieren, bilden sie einen Ring aus sechs Molekülen, wobei die Sauerstoffatome an den Ecken liegen und die kleineren Wasserstoffatome die Kanten darstellen. Wenn sich jetzt bei eisigen Temperaturen weitere Wassermoleküle angliedern, so geschieht das vor allem an den Ecken, weil die weiter in den Raum hinausragen. Und es geschieht umso schneller, je mehr Wasser sich in der Luft befindet. So bilden sich also bei hoher Luftfeuchte rasch sechs Arme. Bei minus 15 Grad gedeihen sie am schnellsten. Schwankt die Temperatur um Bruchteile eines Grades, wachsen die Sterne langsamer oder schneller, reifen an den Hauptarmen Seitenarme oder flache Plättchen aus Eis heran. Dabei bleibt der Stern in sich symmetrisch, weil an all seinen Ecken, die ja nur Millimeter auseinander liegen, die gleiche Temperatur und Luftfeuchte herrscht. Die einzelnen Schneekristalle jedoch werden in der Luft vom Wind hin und her gewirbelt und treffen in den verschiedenen Regionen einer Wolke unterschiedliche Temperaturen und Luftfeuchten an. So entwickelt jeder Kristall eine ganz spezielle Form, bis er auf der Erde landet.

 

Und doch selten symmetrisch

Wobei nicht nur sternförmige Kristalle entstehen. Je nach Temperatur bilden sich auch sechseckige Säulen heraus, ähnlich einem kleinen Bleistift. Und unter den Sternförmigen gibt es ebenfalls Abweichler: Manche haben nur drei, andere zwölf, 18 oder gar 24 Strahlen. „Die meisten Schneekristalle sind nicht einmal symmetrisch“, weiß der US-Physiker Ken Libbrecht, eine Art Schneeflockenguru am California Institute of Technology. Sie brechen auf dem Weg nach unten auseinander, winzige Wassertröpfchen oder Partikel frieren am Kristall fest und verformen ihn, oder es verhaken sich bereits im Frühstadium mehrere Kristalle ineinander und bilden Äste, die in alle Richtungen des Raumes zeigen. Perfekt symmetrische sechsstrahlige Sterne sind nur der Idealfall. „Zumindest wird einem nie langweilig beim Schneeflocken beobachten“, schmunzelt Libbrecht.

 

Auf der Internetseite Snow Crystals gibt Schneeforscher Kenneth Libbrecht eine Anleitung, wie man Schneekristalle am besten beobachtet und zu Hause züchtet.

In diesem Video erklärt Libbrecht die Physik der Schneeflocken sehr anschaulich.

 

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