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Warum sind so wenige Frauen in den Naturwissenschaften?

21.12.2022
Kurz und knapp

In naturwissenschaftlich-technischen Berufen sind Frauen deutlich unterrepräsentiert. Der Verzicht auf das ungenutzte Potenzial der Frauen ist ein Verlust für Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft.

Diese Frage aus dem IdeenLauf wurde von unserem Partner #InnovativeFrauen beantwortet. Mehr Informationen zu den Partnern des Wissenschaftsjahres 2022 finden Sie hier.

Von Kindheit an werden Mädchen und Jungen mit vielfältigen Klischees sozialisiert: Mädchen spielen mit Puppen, wohingegen Jungen den Werkzeugkasten und das Auto der Eltern bewundern. Während Mädchen schon im frühen Schulunterricht bessere sprachliche Fähigkeiten prognostiziert bekommen, werden Jungen für ihre mathematisch-logischen Begabungen gelobt. Bestimmte Fähigkeiten werden mit dem biologischen Geschlecht der Kinder assoziiert – und zwar unabhängig vom wahrhaftigen Talent. Bereits das Wissen über Stereotype kann zu einer Angleichung des Verhaltens und der Leistungen führen, was das Phänomen des Stereotype Threats beschreibt. Wenn jungen Mädchen zugeschrieben wird, dass sie schlechter in Mathe seien als Jungen, kann sich dies langfristig negativ auf ihre Leistungen in diesem Bereich auswirken.

Heute beobachten wir, dass die Studienberechtigtenquote bei Frauen insgesamt höher ist als bei Männern, sie jedoch seltener ein Studium aufnehmen. Besonders im MINT-Bereich waren 2021 nur 31,8 Prozent der Studierenden weiblich. Gleichzeitig wird weiterhin über „Frauen und Technik“-Sprüche gelacht. Die Unterrepräsentation von Frauen im MINT-Bereich: eine selbsterfüllende Prophezeiung?

 

Maschinenbau, Mathe, Männersache?

Im Wintersemester 2020/21 waren 80,8 Prozent der Studienanfängerinnen in der Informatik männlich, im Maschinenbau waren es 87,7 Prozent und in der Elektrotechnik 85,9 Prozent. In der Mathematik gibt es mit einem Frauenanteil von 48,5 Prozent beinahe ausgewogene Geschlechterverhältnisse. Warum auch nicht? Die Pisa-Studie zeigt seit Langem, dass Mädchen in der Mathematik genauso talentiert sind wie ihre Mitschüler.

Ein Einflussfaktor auf diese Ungleichverteilung ist das öffentliche Framing der Naturwissenschaften. Sie werden als besonders kompliziert dargestellt und die Repräsentantinnen und Repräsentanten sind zumeist männlich. Das Wissenschaftssystem war lange Zeit beinahe ausschließlich männlich geprägt, was die Kommunikationsformen beeinflusst. Wird dies gemeinsam mit den gesellschaftlich verankerten Geschlechterstereotypen betrachtet, erscheint es offensichtlich, dass Frauen in den Naturwissenschaften größeren Hürden begegnen.

 

Nicht alle Bereiche sind betroffen

Die Ingenieurswissenschaften sind bis heute deutlich männerdominiert, während sich der naturwissenschaftliche Bereich hinsichtlich der Studienanfängerinnen und Studienanfängern angleicht. Dies liegt unter anderem daran, dass die Naturwissenschaften auch als Lehramtsstudiengänge angeboten werden. Hier sind die Frauen in einer deutlichen Überzahl: Beinahe zwei Drittel der Lehramtsstudierenden in den Naturwissenschaften sind weiblich.

Auch in medizinischen oder ökologischen Bereichen ist festzustellen, dass der Frauenanteil steigt. Die dort erwartete Interdisziplinarität scheint attraktiv für Frauen zu sein. Das naturwissenschaftliche Interesse kann mit einem sozialen Nutzen vereint werden.

 

Fehlende Fachkräfte, fehlende Vorbilder

Angesichts des Fachkräftemangels in vielen MINT-Berufen ist es wichtig, mehr Frauen für naturwissenschaftlich-technische Berufe zu begeistern. 2018 waren 15,4 Prozent aller Beschäftigten im MINT-Bereich weiblich. Auch wenn Frauen ein Studium in einem MINT-Fach abschließen, üben sie den entsprechenden Beruf nach dem Abschluss nicht zwingend aus. Es ist notwendig, sowohl das Studienangebot als auch die Ausbildungen attraktiver zu geschalten. Zudem braucht es weibliche Vorbilder – nicht nur historisch, sondern auch aktuell. Dadurch wird jungen Frauen ermöglicht, ihre Chancen in diesem Bereich wahrzunehmen und ihrem Interesse an naturwissenschaftlichen Themen nachzugehen.

 

Stereotype als Hauptursache

Es sind nicht die für ein naturwissenschaftlich-technisches Fach erforderlichen Fähigkeiten, die die Disparität der Geschlechterverhältnisse in MINT-Berufen bedingen. Als Ursache können vor allem Stereotype benannt werden, mit denen wir von Kindheit an aufwachsen und die durch den Mangel an Vorbildern nicht überwunden werden können. Es liegt nicht in der Natur der Frau, sich nicht für MINT-Fächer zu interessieren, sondern an den sozialstrukturellen Bedingungen, die ihre Interessenfindung und spätere Berufswahl beeinflussen.

 

Über die Plattform #InnovativeFrauen

Die Plattform #InnovativeFrauen macht innovative Frauen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sichtbar. Kernstück der Plattform ist eine Expertinnen-Datenbank, in die sich exzellente Wissenschaftlerinnen, Forscherinnen und Leistungsträgerinnen sowie junge, aufstrebende Innovatorinnen eintragen können. Auf der Plattform finden sich zudem vertiefende Infos zum ungenutzten Potenzial von Frauen in den MINT-Berufen.

Die Plattform #InnovativeFrauen ist im Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. angesiedelt und wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderrichtlinie „Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation: Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern“ („Innovative Frauen im Fokus“) unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert.

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