Gesundes Leben, Medizin, Pflege

Warum weinen Menschen?

10.01.2023
Kurz und knapp

Zwischen 70 und 100 Liter Tränen vergießt ein Mensch angeblich während seines Lebens. Das Warum und Wieso ist noch kaum erforscht. Doch es gibt einige interessante Ansätze. Dabei geht es nicht um die Basaltränen, die das Auge feucht halten und schützen – sie umgeben es ständig in geringer Menge und werden als reflektorische Tränen bei Kälte, Wind, beim Zwiebelschneiden oder bei einem Fremdkörper im Auge in größerem Maße ausgeschüttet. Nein, hier soll es um große Gefühle gehen.

Es geht um psychische Grundbedürfnisse

Psychologen und Psychologinnen der Universitäten Ulm und Sussex teilten in einem Fachaufsatz die Gründe, die uns zum Weinen bringen, in fünf Kategorien ein: Einsamkeit, Machtlosigkeit, Überforderung, Harmonie und Medienkonsum. Demnach treten emotionale Tränen immer dann auf, wenn psychische Grundbedürfnisse unbefriedigt sind – oder aber übererfüllt werden. Die Kategorie „Einsamkeit“ beispielsweise umfasst die Sehnsucht nach Nähe, wozu auch Liebeskummer und Heimweh zählen. Zur „Machtlosigkeit“ gehören Trauer und Verlust, sicherlich auch Schmerz. Und wenn unser Harmoniebedürfnis übererfüllt wird, bei Geburten oder Hochzeiten etwa, schießen uns Freudentränen in die Augen. Zu jedem negativen Auslöser gibt es ein positives Gegenstück, das letztlich eine Form der Überwältigung darstellt. Dass Tränen also nur als Ausdruck von Trauer fließen, ist ein Irrtum.

 

Wasser, Proteine, Mineralien, Hormone

Die Grundbestandteile unserer Tränen sind Wasser, Elektrolyte und Proteine. Emotionale Tränen enthalten mehr Proteine als reflektorische Tränen, mehr vom Hormon Serotonin, mehr Mangan und Kalium und bei Frauen zudem das Hormon Prolaktin. Eine evolutionäre Erklärung fürs Weinen könnte auf die Trennungsrufe zurückgehen, wie sie Säugetieren und einigen Vögeln zu eigen sind. Nur dass bei Babys die Tränen als zusätzliches optisches Signal hinzukommen. Damit konnten sie auf sich aufmerksam machen auch ohne Feinde anzulocken, meinen einige Forschende.

 

Frauen weinen tatsächlich mehr als Männer

Nach Angaben der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (Augenheilkunde) weinen Männer höchstens 17-mal pro Jahr, Frauen dagegen bis zu 64-mal. Dieser Unterschied bilde sich erst mit den Jahren heraus. Bis zum 13. Lebensjahr weinen Jungen und Mädchen etwa gleich häufig. „Männer lassen zwei bis vier Minuten lang die Tränen kullern, Frauen dagegen sechs Minuten“, so die Augenärztinnen und Augenärzte. Und weiter: „Weinen geht bei 65 Prozent der Frauen in Schluchzen über, aber nur bei sechs Prozent der Männer.“


Noch immer könnte ein Grund dafür in der unterschiedlichen Erziehung liegen, nach der Tränen bei Jungen weniger akzeptiert sind. Manche Forschende vermuten zudem, dass das männliche Geschlechtshormon Testosteron gewissermaßen die Latte fürs Weinen höher legt. Abschließend geklärt ist das nicht. Nicht einmal, ob das Weinen eine heilsame Wirkung hat oder nicht, ist wissenschaftlich belegt.

 

Weinen hilft – oder macht alles schlimmer

Laut mehreren Studien erleben Depressive Weinen nicht als hilfreich. Und doch empfinden viele Menschen das Weinen bzw. das Geweint-Haben als Erleichterung. Schon Hippokrates und Aristoteles sollen von der „Katharsis-Theorie des Weinens“ gesprochen haben, und auch in der Psychoanalyse gilt das Weinen als psychische Reinigung. Viel Widersprüchliches auf dem Feld der Tränen also.

Die These, dass Weinen Stresshormone ausspült, ist ebenso wenig bewiesen wie die Behauptung, es sei schädlich, seine Tränen zu unterdrücken.

Unzweifelhaft ist, dass Tränen die Menschen verbinden und gewissermaßen einen sozialen Klebstoff bilden. Fest steht auch: Das Weinen ist der Spezies Mensch vorbehalten.

Und die sprichwörtlichen Krokodilstränen? Die entstehen, weil die Reptilien beim Fressen schnaufen und dabei Luft durch die Nasenhöhlen pressen, manchmal so heftig, dass ihnen das auf die Tränendrüse drückt.

 

Warum wir weinen – eine kindgerechte Erklärung in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ unter Mithilfe von Harry Potter.

 

Inspirierende Fragen

1 Artikel  ·  Gesundes Leben, Medizin, Pflege
Anonym28.06.2022