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Warum wird nicht häufiger Trinkwasser durch Meerwasserentsalzung gewonnen?

10.01.2023
Kurz und knapp

Ein Blick auf viele trockene Gebiete der Welt zeigt: Es ist durchaus üblich, Meerwasser zu entsalzen, um es als Trinkwasser zu nutzen. Doch die Technologie wird längst nicht überall eingesetzt, wo Wassermangel herrscht. Die Gründe dafür haben nicht nur mit den Nachteilen der Meerwasserentsalzung zu tun wie beispielsweise einem hohen Energieaufwand. Auch der Faktor Mensch spielt eine Rolle.

Entsalzungsanlagen sichern bereits Trinkwasserversorgung

Die Erde ist zu gut 71 Prozent mit Wasser bedeckt. Insgesamt gibt es auf unserem Planeten rund 1,4 Milliarden Kubikkilometer Wasser. Doch der allergrößte Teil davon ist Salzwasser in den Ozeanen. Süßwasser macht nicht einmal drei Prozent aus. Und selbst das steckt größtenteils in den Eisschilden der Arktis und Antarktis oder tief unter der Erde und ist für uns nicht nutzbar. Als Trink- und Brauchwasser wirklich zugänglich sind für uns nur 0,3 Prozent der Wasservorkommen. Dieses kostbare Nass ist in manchen Regionen aufgrund der klimatischen Bedingungen ohnehin schon knapp. In anderen Gebieten liegt es am Menschen, der viel davon verbraucht oder verschmutzt, und die Ökosysteme kommen mit der Reinigung und Filterung nicht hinterher. Ein weiterer Grund für Wassermangel ist der Klimawandel, der an vielen Orten dazu beiträgt, dass es weniger regnet oder öfter zu Starkregen kommt. Die Erde kann die plötzlichen Wassermassen nicht so gut aufnehmen, stattdessen fließen sie ungenutzt ab. Warum sollten wir also nicht das reichlich vorhandene Meerwasser entsalzen und es in den Haushalten, in Landwirtschaft und Industrie nutzen?

Genaugenommen wird das bereits seit Jahrzehnten gemacht, zum Beispiel in Israel. „Von den zwei Milliarden Kubikmetern Wasser, die dort pro Jahr benötigt werden, steuern Entsalzungsanlagen 600 bis 700 Millionen Liter bei. Das ist ein Drittel des Bedarfs“, sagt Martin Sauter von der Universität Göttingen. Der Geologe erforscht seit 25 Jahren Konzepte, um den Wassermangel im Nahen Osten zu bewältigen. Er spricht sich für eine breitere Anwendung der Technologie aus, kennt aber auch Argumente, warum man nicht allein auf Meerwasserentsalzung setzen sollte, um die Wasserversorgung zu sichern.

 

Warum gibt es nicht mehr Entsalzungsanlagen?

„Nicht überall auf der Welt werden ausreichend erneuerbare Energien erzeugt, beispielsweise mittels Photovoltaik, um Meerwasserentsalzungsanlagen umweltfreundlich zu betreiben“, so Sauter. Bei der sogenannten Umkehrosmose wird das Meerwasser mit hohem Druck durch halbdurchlässige Membranen gepresst, die das Salz zurückhalten. Das Verfahren schluckt viel Strom, der im Sinne des Klimaschutzes nicht aus fossilen Quellen stammen sollte.

Darüber hinaus gilt es zu bedenken, dass das zurückbleibende Konzentrat im Meer verklappt wird. Zusammen mit Chemikalien, die eingesetzt werden, damit sich die Membranen nicht zusetzen. „Meereslebewesen wie Korallen können empfindlich auf diese Inhaltsstoffe reagieren“, sagt Martin Sauter. Um den Wassermangel zu bekämpfen, sollten wir deshalb beispielsweise auch eine sparsame Bewässerung in der Landwirtschaft anstreben und kaputte Leitungen reparieren, durch die weltweit viel Wasser entweicht.

Doch nicht nur aus Umweltschutzgründen wird Meerwasser nicht häufiger entsalzt. In manchen Regionen fehlt auch geschultes Personal, um die Anlagen zu warten. „Es ist zwar möglich, vor Ort Mitarbeitende anzulernen, doch dafür braucht es ausgebildete und engagierte Personen, die sich hinter solche Projekte klemmen“, erläutert der Wissenschaftler.

 

Die Lösung im trockenen Jordanien

Jordanien zum Beispiel, eines der trockensten Länder der Welt, kann seinen Bedarf an Trinkwasser mit landeseigenen Süßwasservorkommen nicht mehr decken. Trotzdem wird dort kein Meerwasser entsalzt. Der Grund: Das Land hat kaum Küste. „Doch es verfügt über große, freie Flächen, die sich zur Erzeugung von Solarstrom eignen“, erklärt Martin Sauter. Warum also nicht einen Tausch mit dem Nachbarn Israel machen? „Tatsächlich wurde im November 2021 eine erste Vereinbarung zwischen Jordanien und Israel unterschrieben, Solarenergie aus Jordanien ins israelische Netz einzuspeisen; im Gegenzug soll Israel entsalztes Meerwasser an Jordanien liefern.“ Im Projekt Salam erforscht der Professor zurzeit den Bau von innovativen Meerwasserentsalzungsanlagen am Mittelmeer und Roten Meer, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden, und untersucht dabei auch die besten Transferwege zwischen Entsalzungsanlagen und den Zentren, in denen das Wasser benötigt wird.

Länderübergreifende Kooperationen bieten sich an, um das Wasserproblem in den Griff zu bekommen. Obendrein sollten wir auch Abwasser besser reinigen und zum Beispiel in der Landwirtschaft wiederverwerten, fordert der Sauter. Mitunter gelte es, auch politische Barrieren zu überwinden, um Wasserknappheit zu bewältigen.

 

Auf der Internetseite des Forschungsprojekts Salam wird in einem Video veranschaulicht, wie sich die Wasserknappheit in Israel, Jordanien und Palästina mittels Meerwasserentsalzung in den Griff bekommen lässt.