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Was wäre, wenn alle Zugvögel wegen des Klimawandels daheimblieben?

05.01.2023
Kurz und knapp

„Warum in die Ferne schweifen?“, scheinen sich immer mehr Zugvögel angesichts des Klimawandels zu fragen – und verkürzen ihre Flugrouten oder bleiben gleich ganz zuhause. Eine Strategie, die sich für sie bezahlt macht, vorausgesetzt, das heimische Nahrungsangebot hält Schritt. Auch aus anderen Gründen bietet ihnen das Nicht- oder Kürzerfliegen Vorteile.

Statt nach Nordafrika geht’s nach Großbritannien

Schon heute fliegen viele Zugvögel später los und/oder kehren etwa drei Wochen früher zurück als vor 40 Jahren. „Auch die Brut beginnt immer früher“, heißt es beim Naturschutzbund Nabu. „Zum einen liegt die frühe Heimkehr an den steigenden Temperaturen in Afrika, zum anderen am abnehmenden Regen an den wichtigen Rastplätzen der Mittelmeerküste. Die Vögel rasten nur kurz und fliegen schnell nordwärts weiter.“ Auch die zurückgelegten Strecken werden kürzer: „Saatkrähen aus Russland treffen beispielsweise in kleineren Winterschwärmen bei uns ein, weil sie vermehrt nur bis Osteuropa ziehen.“ So hat die Mönchsgrasmücke in wenigen Generationen gelernt, nicht mehr bis Spanien und Nordafrika zu ziehen, sondern nach Großbritannien abzubiegen, wo das Klima für sie mittlerweile mild genug zum Überwintern ist.

 

Störche lieben Spaniens Müllkippen

Viele Störche fliegen nicht mehr nach Afrika, sondern setzen bereits in Spanien zur Landung an, finden dort ihre Nahrung auf Reisfeldern und Müllkippen. Weiter heißt es beim Nabu: „Bei anderen Kurzstreckenziehern führt der Klimawandel dazu, dass sie immer mehr zu Standvögeln werden, die im Winter das Brutgebiet gar nicht mehr verlassen.“

Das ist für die Vögel eine simple Kosten-Nutzen-Rechnung, denn das Ziehen ist extrem anstrengend, energieaufwändig und teilweise auch gefährlich. Dass viele unserer heimischen Vogelarten überhaupt im Winter in den Süden ziehen, liegt schlicht am dann stark eingeschränkten Nahrungsangebot für reine Insektenfresser: Wenn keine Insekten aktiv sind, finden die Vögel auch keine Nahrung.

 

Im Süden zu bleiben, ist keine Alternative

Arten wie die Amsel, die nicht so wählerisch sind und kurzerhand auf übrig gebliebene Früchte an Bäumen und Büschen umschwenken können, haben daher gar keinen Anlass, sich auf den gefährlichen, viele tausend Kilometer langen Weg in den Süden zu machen.

Sollte der Klimawandel dazu führen, dass in unseren Breiten auch im Winter ein hinreichend großes Insektenangebot vorhanden ist, würden sicherlich mehr und mehr Vogelarten daheimbleiben. Solange dies nicht der Fall ist, werden sie weiterhin in den Süden ziehen. Ganzjährig im Süden zu bleiben, ist übrigens keine Alternative: Dort wäre die Nahrungskonkurrenz zu groß.

Der Langstreckenzieher Kuckuck, der sein Flugverhalten (noch) nicht geändert hat, bekommt übrigens gerade ein Problem: Wenn er aus Afrika zurückkommt, sind die Vögel, denen er normalerweise seine Eier unterjubelt, mit der Brut bereits so weit, dass ihm dies nicht mehr gelingt. Über solche Einzelfälle hinaus befürchten Naturkundige aber eher keine Auswirkungen auf das Ökosystem durch Zugvögel, die zuhause bleiben.

 

Aktuelles und Grundsätzliches über Zugvögel und wie man zu ihrem Schutz beitragen kann, liefert der Nabu hier.

 

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