Kultur, Wissen, Bildung

Wie lässt sich Glück messen?

06.07.2022
Kurz und knapp

Die Vermessung des Glücks beginnt mit einer einfachen Frage: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben, alles in allem betrachtet? Bitte verwenden Sie für Ihre Antwort eine Skala von eins bis zehn.“ Die über eine zentrale internationale Datenbank zugänglichen Antworten geben Aufschluss über das Glücksniveau im internationalen Vergleich; darüber, wie das Glücksempfinden mit den Jahren gestiegen oder gesunken ist oder darüber, wie sich berufliche Situation oder private Lebensentscheidungen wie auf das Glück auswirken.

So funktioniert‘s

Die Vermessung des Glücks beginnt mit einer einfachen Frage: „Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben, alles in allem betrachtet? Bitte verwenden Sie für Ihre Antwort eine Skala von eins bis zehn. Zehn für ‚sehr glücklich’.“

Psychologinnen und Psychologen, die sich mit der Erforschung des Glücks (oder, genauer: mit der subjektiven Einschätzung der Lebenszufriedenheit) befassen, stellen diese Frage schon seit den 1960er Jahren Menschen überall auf der Welt. Das Konzept dahinter ist folgendes: In der Glücks-Psychologie geht man davon aus, dass Glück vor allem aus der Befriedigung von Grundbedürfnissen resultiert. Das Maß, in dem diese Bedürfnisse befriedigt werden, macht sich wiederum in dem Meta-Gefühl der Stimmung bemerkbar. Die Selbstwahrnehmung dieser Stimmung schließlich spiegelt sich in den Antworten der Umfrageteilnehmenden wider.

Die Umfragedaten werden auf der Online-Datenbank World Database of Happiness gesammelt. Auch Daten, die nicht von den Glücksforschern und -forscherinnen selbst erhoben werden, sondern Teil umfassender Befragungen etwa des Sozioökonomischen Panels des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sind, werden dort gesammelt. Die über die Datenbank zugänglichen Antworten geben Aufschluss über das Glücksniveau im internationalen Vergleich; darüber, wie das Glücksempfinden mit den Jahren gestiegen oder gesunken ist oder darüber, wie sich die berufliche Situation sowie private Lebensentscheidungen – etwa Kinder zu bekommen – auf das Glück der Menschen auswirken.

Naheliegende Einwände

Ist das alles nicht ein bisschen zu simpel, um zu funktionieren? Tatsächlich kommen Verhaltenspsychologinnen und -psychologen, die ausführlich untersucht haben, was alles mit hineinspielt, wenn Menschen die Glücksfrage beantworten, zu Resultaten, die zunächst ziemlich skeptisch stimmen. Versuchspersonen beantworten die Frage unterschiedlich, je nachdem, welche Themen vorher angesprochen wurden. Positive Ereignisse in der jüngeren Vergangenheit, die zur Sprache kommen, haben zur Folge, dass Menschen ihr Glück höher einschätzen. Bei länger zurückliegenden Ereignissen verhält es sich umgekehrt. Menschen, die sich an länger vergangene negative Erlebnisse erinnern, schätzen ihr gegenwärtiges Glück höher ein als Menschen, die sich an ein positives Erlebnis erinnern. Außerdem spielt es eine Rolle, wie der Forschende von einer Frage zur anderen überleitet. Fragt man „Abgesehen von Ihrer Ehe: Wie beurteilen Sie ihr Leben ansonsten?“ erhält man völlig andere Antworten, als wenn man ohne diese Überleitung zunächst nach der Ehe und dann nach einer Gesamteinschätzung der Lebenszufriedenheit fragt.

Ein fundamentaler Einwand gegen das Konzept der Glücksforschung sind diese Beobachtungen jedoch nicht. Denn zu einem gewissen Grad lassen sich die Effekte durchaus kontrollieren. Man darf nur nicht die Ergebnisse verschiedener Studien mit unterschiedlichen Frage-Methoden vermischen oder leichtfertig Vergleiche ziehen. Hier ist also, über die Datenanalyse hinaus, Expertise erforderlich.

Erkenntnisse der Glücksforschung

Profis können aus den Daten der World Database of Happiness beispielsweise den durchschnittlichen Einfluss einer Hochzeit auf die Lebenszufriedenheit messen. Individuelle Glücks-Unterschiede, die auf das Konto von Geschlecht, ökonomischer Situation, Wohnort und anderen Faktoren gehen, werden dabei herausgerechnet. Der Befund: Das Glück steigt unmittelbar vor und nach der Hochzeit steil an – und sackt dann, etwas langsamer, auf ein Niveau ab, welches ein wenig höher ist als der Ursprungszustand. Davon abgesehen verlaufen die Glückskurven unterschiedlich, je nachdem, ob Paare sich etwa dazu entscheiden, Kinder in die Welt zu setzen. Zunächst schneiden die Kinderlosen besser ab. Am Ende aber, in späteren Lebensjahren, werden sie von den anderen wieder überholt – wenn deren Kinder aus dem Haus sind und die Eltern beobachten, wie ihr Nachwuchs das Leben meistert.

Ein solcher Befund ist mehr als nur eine kuriose Meldung: „Mit dem Glück ist es wie mit der Ernährung“, meint dazu der niederländische Soziologe Ruut Veenhoven, der die Word Database of Happiness aufgebaut hat. „Man kann nicht aus eigener Erfahrung wissen, was auf lange Sicht gut für einen ist. Dazu brauchen wir die Wissenschaft.“

Weitere Informationen

Die World Database of Happiness bietet Zugang nicht nur zu den Rohdaten aus internationalen Glücks-Umfragen, sondern beinhaltet auch eine Bibliographie, in der nach Stichworten gesucht werden kann. 

Eine Studie zum Thema Lebenszufriedenheit finden Sie hier.  

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Anonym01.03.2022