Gesundes Leben, Medizin, Pflege

Wie lässt sich Wetterfühligkeit erklären?

19.05.2022
Kurz und knapp

Fest steht: Wetter selbst macht nicht krank. Doch es kann manchen Menschen schwer zu schaffen machen – vor allem dann, wenn es umschlägt. Warum das so ist, dieser Frage gehen Forschende an der Schnittstelle zwischen Meteorologie und Medizin nach. Ein möglicher Erklärungsansatz: Der Organismus Betroffener hat Schwierigkeiten sich an veränderte Wetterbedingungen anzupassen.

Das Wetter kann Krankheitssymptome verstärken

„So arbeite ich bei hohem Barometerstand leichter als bei tiefem; da ich nun dieses weiß, so suche ich bei tiefem Barometerstand durch größere Anstrengungen die nachteiligen Einwirkungen aufzuheben, und es gelingt mir“, schrieb einst Johann Wolfgang von Goethe an seinen Kollegen Friedrich Schiller. Der Dichterfürst war wetterfühlig – so wie etwa die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland. Frauen trifft es etwas häufiger, ebenso ältere Menschen und chronisch Kranke.

Doch nicht das Wetter macht krank und sorgt für Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Konzentrationsstörungen oder gereizte Stimmung. Wie jemand aufs Wetter reagiert, dafür ist der individuelle Gesundheitszustand verantwortlich, Vorerkrankungen, aber auch Hormonstatus, Stress und Ernährung. Das Wetter wird zum verstärkenden Faktor für Symptome, die ohnehin da sind.

Eine Frage der Anpassung

„Der Organismus Betroffener kann sich schlechter an veränderte Witterungsverhältnisse anpassen“, sagt Andreas Matzarakis, Leiter des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung beim Deutschen Wetterdienst in Freiburg. Für optimale Körperfunktionen gilt es, die Körpertemperatur bei 37°C zu halten – unabhängig von der Witterung. Dafür reguliert das vegetative Nervensystem Herzschlag, Atmung, Blutdruck und Stoffwechsel. Wetterreagierend sind wir also alle. Doch nicht jeder steckt das so leicht weg.

Was das heißt, zeigt sich deutlich in der Gruppe der sogenannten Wetterempfindlichen. Bei 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung verstärken sich bei bestimmten Wetterlagen Beschwerden, die von chronischen Erkrankungen oder Verletzungen herrühren. Kaltes und nasses Wetter können beispielsweise die Beschwerden bei Rheuma oder Arthrose und Bluthochdruck verschlimmern. Und wenn eine Kaltfront durchzieht, verstärken sich häufig die Symptome von Bluthochdruck. Sogar das Risiko für einen Herzinfarkt steigt dann.

Wie das Herzkreislaufsystem aufs Klima reagiert

Das Herzkreislaufsystem zeigt die Zusammenhänge besonders deutlich. So muss das Herz bei Hitze schneller pumpen. Um den Blutdruck anzupassen, weiten sich bei Hitze die Blutgefäße. Wer nun ohnehin mit niedrigem Blutdruck zu tun hat, läuft Gefahr Kreislaufprobleme zu bekommen, weil die geweiteten Gefäße den Blutdruck weiter absacken lassen. Andererseits sind bei älteren Menschen die Gefäße oft versteift – sie weiten sich nicht und der Blutdruck steigt. Wird nun das Blut, etwa aufgrund von Flüssigkeitsmangel zusätzlich dickflüssig, kann die Mehrarbeit ein vorgeschädigtes Herz überlasten. Umgekehrt verengen sich die Gefäße bei Kälte, was den Blutdruck steigen lässt und so ebenfalls ein vorbelastetes Herz bedroht.

Die Anpassungsstrategien des Organismus sind hoch komplex. Doch die einfachen Beispiele zeigen: Normale Reaktionen auf das Wetter, die häufig unbemerkt bleiben, können bei wetterempfindlichen – also vorerkrankten – Menschen, zu deutlichen Symptomen führen. Und wahrscheinlich verhält es sich bei Wetterfühligen, die Grunde gesund sind, ganz ähnlich, wenn ihnen das Wetter mit Kopfschmerzen, Schwindel und Co zu schaffen macht. Je plötzlicher und extremer ein Wetterumschwung ist, desto stärker macht er sich übrigens bemerkbar.

Und was hilft gegen Wetterfühligkeit? „Stellen Sie sich dem Wetter“, rät Matzarakis. Wer sich täglich eine halbe Stunde an der frischen Luft bewegt – und zwar bei jeder Witterung – trainiert seinen Körper, sich leichter anzupassen. Auch Saunagänge und Wechselduschen können helfen. Außerdem empfiehlt es sich positiv zu denken: Denn es gibt immer auch Wetterlagen, bei denen sich Symptome verbessern.

Inspirierende Fragen

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Anonym18.02.2022