Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Sicherheit

Wie sollen Jugendliche auf das Thema Altersvorsorge vorbereitet werden?

30.08.2022
Kurz und knapp

Immer weniger junge Menschen sparen für die Zeit nach ihrem Arbeitsleben, die Angst vor Altersarmut ist groß. Vielen fehlt es an Geld für eine gute Vorsorge, aber auch an Wissen, wie Sparen gelingt. Eine Lösung wären bessere Bildungsangebote in Schulen, bei Ausbildungen oder in Online-Portalen. Ideal für alle, die ohne viel Wissen vorsorgen wollen: regelmäßiges Sparen in einen internationalen Exchange-Traded Fund (ETF) über eine Direktbank. Die Frage wurde von der Gewinnerin von „Die Fragenwette mit Margarethe Honisch“ eingereicht.

Eine gute Vorsorge startet, bevor man 30 wird.

„Es ist das Vorrecht der Jugend, Fehler zu begehen, denn sie hat genug Zeit, sie zu korrigieren“, schrieb der Künstler Ernst Barlach einst. Für alles noch ganz viel Zeit haben: Das ist ein schöner Gedanke. Und es ist ein fataler Gedanke. Denn manche Dinge wollen von langer Hand geplant werden, damit sie am Ende funktionieren. Die Altersvorsorge gehört dazu. Klar ist: Die gesetzliche Rente allein reicht heute nicht mehr aus, um den Lebensstandard im Alter zu halten. Wer nach der Jahrtausendwende geboren wurde und zur Generation Z oder Generation Alpha zählt, braucht deshalb einen guten Vorsorgeplan.

Doch wie sieht so ein Plan aus? Wie viel Geld braucht ein Mensch im Alter? Wie viel muss sie oder er zurücklegen? Und wie früh sollte man beginnen? Die Verbraucherzentralen NRW und Bayern haben für das Magazin „Wirtschaftswoche“ durchgerechnet, wie viel man sparen muss, wenn man noch mit 90 Jahren rund 80 Prozent des früheren Einkommens haben möchte. Die Menschen in den Beispielrechnungen sind alle 30 Jahre alt, also längst nicht mehr jugendlich. Das ist man nach deutschem Recht nur zwischen 14 und 18 Jahren. Auch wenn sich mancher gefühlt noch mit 30 als jung einstufen würde, ist man in dem Alter längst in der Erwachsenenwelt angekommen. Wer dann erst mit dem Sparen anfängt, ist schon ziemlich spät dran. Und die Risiken, im Alter mit leeren Taschen dazustehen, steigen dramatisch, je länger man nichts tut.

Die meisten haben Angst vor Altersarmut

Um ein Beispiel zu nennen: Wer heute 30 Jahre alt ist und ein Durchschnittsverdiener mit 3133 Euro monatlichem Bruttogehalt, müsste jeden Monat 461 Euro zurücklegen, um im Rentenalter noch 80 Prozent des früheren Nettoeinkommens in der Tasche zu haben. Wer erst mit 45 an die Altersvorsorge denkt, hat Zeit verschenkt und damit Zinseffekte. Jetzt werden 999 Euro im Monat fällig – das sind 50 Prozent des Nettoeinkommens. Eine enorme Summe.

Solche Beispielrechnungen schocken. Kein Wunder, dass 68 Prozent der Jugendlichen Angst haben vor Altersarmut. Die Zahl geht hervor aus einer 2019 erhobenen Studie des Versorgungswerks MetallRente. Christian Traxler, einer der wissenschaftlichen Leiter, beschreibt das Dilemma, in dem die Nachwuchsgenerationen stecken: „Einerseits betont mittlerweile jeder zweite junge Erwachsene, im ‚Hier und Heute‘ zu leben. Der Anteil derjenigen, die eine Altersvorsorge als Grund zum Sparen angeben, sinkt. Andererseits gibt es ein klares Problembewusstsein.“ So rechnen 85 Prozent der Befragten damit, noch weit über ihr 67. Lebensjahr hinaus arbeiten zu müssen. Gleichzeitig nimmt das Interesse der 17- bis 27-Jährigen am privaten Rentensparen deutlich ab. 2010 haben noch 55 Prozent von ihnen gespart, 2019 waren es nur noch 48 Prozent. Und 2021 sagten nach Angaben der Tagesschau nur noch 19 Prozent der 16- bis 26-Jährigen, sie hätten bereits einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen.

Frühzeitige verständliche Infos könnten helfen

Was also tun? Die Studie von MetallRente hat eine Antwort: Besseres Wissen über die Altersvorsorge könnte Ängste nehmen und zum Handeln motivieren. Mehr als zwei Drittel der Befragten bekennen, dass sie keine Ahnung haben vom Thema. Sie wünschen sich Unterstützung und verständliche Informationen, etwa als Schulfach oder als Online-Portal. Letzteres zumindest gibt es: Mit dem „Rentenblicker“, einer Kampagne im Internet und an Schulen, will die Deutsche Rentenversicherung Jugendlichen Tipps geben, wie sie schon in jungen Jahren ein finanzielles Polster aufbauen können. Und die Initiative „Altersvorsorge macht Schule“ bietet ein Programm an Volkshochschulkursen zur Altersvorsorge an. Zu den Initiatoren gehören die Deutsche Rentenversicherung, die Bundesregierung und der Bundesverband der Verbraucherzentrale.

Übrigens: Das gute alte Sparbuch hat bei den Jungen ausgedient. Lieber legen sie ihr Geld in Aktien und Fonds an. Leicht bedienbare Trading-Apps erleichtern den Nachwuchs-Sparern den Weg an die Börse. Wird es ihnen zu leicht gemacht? Der Wirtschaftswissenschaftler Klaus M. Schmidt findet: „Das ist gut, solange sie sich nicht verführen lassen zu zocken." Schmidt berät unter anderem das Bundeswirtschaftsministerium in allen Fragen der Wirtschaftspolitik. Die private Vorsorge hält er für essenziell, die Anlage in Aktien, Fonds oder ETFs für eine gute Möglichkeit. Ideal sei ein regelmäßiger Sparplan in einen internationalen ETF über eine Direktbank. Sein Lieblingstipp aber kommt von Nobelpreisträger Richard Thaler: einfach einen festen Anteil der Gehaltserhöhungen in einen Sparplan einzahlen. „Da das Geld aus einer Gehaltserhöhung stammt, muss man sich nicht einschränken. Das macht es doch jedem leichter.“

Hier finden Sie die Kampagne „Rentenblicker“ im Netz.

Sehr hilfreiche Infos zum Thema Rentenvorsorge gibt auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. 

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44 JahreHamburg18.03.2022