Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Sicherheit

Wie wird sich die Gleichberechtigung in den nächsten Jahren entwickeln?

20.12.2022
Kurz und knapp

132 Jahre – so lange dauert es noch bis zur vollständigen weltweiten Gleichstellung von Mann und Frau. In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte gemacht. Wird der Trend anhalten? Gleichstellungs-Expertin Dr. Ulrike Struwe über die zukünftige Entwicklung der Gleichberechtigung.

Diese Frage aus dem IdeenLauf wurde von unserem Partner #InnovativeFrauen beantwortet. Mehr Informationen zu den Partnern des Wissenschaftsjahres 2022 finden Sie hier.

Anhand des Global Gender Gap Reports untersucht das Weltwirtschaftsforum jährlich die globale Entwicklung der Gleichberechtigung. Dank des Reports wird der Grad an Gleichstellung in allen Ländern der Welt messbar und sichtbar. Nach Berechnung der Autor*innen des Gender Gap Reports dauert es 132 Jahre bis zur vollständigen weltweiten Parität.

Deutschland schaffte es 2022 zum ersten Mal unter die Top 10 des Global Gender Reports. Fortschritte wurden in Bezug auf die Gleichstellung von Mann und Frau gemacht, bspw. im Bereich der politischen Teilhabe oder in Bezug auf den Anteil von Frauen in Führungspositionen.

 

Gleichstellung als politische Herausforderung

Aktuelle politische und wirtschaftliche Entwicklungen lassen darauf schließen, dass sich der positive Trend fortsetzen wird. Im Koalitionsvertrag verankert die aktuelle Bundesregierung das Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern noch in diesem Jahrzehnt zu erreichen. Um dies zu verwirklichen, sollen unter anderem ein Gleichstellungs-Check für künftige Gesetze und Maßnahmen eingeführt und die großen drei Gender Gaps geschlossen werden:

  • der Gender Pay Gap (Lohnlücke zwischen Mann und Frau)
  • der Gender Data Gap (Unterrepräsentation von Frauen bei Datenerhebungsverfahren) und der
  • Gender Care Gap (Lücke in der Zeitverwendung von Männern und Frauen für unbezahlte Sorgearbeit).

Die politisch forcierte Schließung der drei Gender Gaps bedeutet einen immensen Schritt in Richtung Gleichstellung von Mann und Frau in Deutschland. Erste Vorhaben zur Selbst- und Mitbestimmung von Frauen wurden bereits umgesetzt. Ein Beispiel ist die Streichung des Paragrafen 219a, der Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft verbat.

 

Diverse Unternehmen sind erfolgreicher

Auch die ökonomische Notwendigkeit einer Gleichstellung der Geschlechter wird deutlich. Mit Blick auf die Digitalisierung oder die Energiekrise ist der Verzicht auf weibliche Arbeitskräfte in einigen naturwissenschaftlich-technischen Berufszweigen nicht mehr hinnehmbar. Auch aus diesem Grund setzen immer mehr Unternehmen Maßnahmen um, die die Vereinbarkeit von Privatleben und Arbeitsleben fördern und Berufe attraktiver machen. Dazu gehören gendersensible Stellenausschreibungen, flexible Arbeitszeiten oder das mobile Arbeiten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bedingt neue, vermehrt egalitäre Vorstellungen der Aufgabenteilung. Das zeigt sich beispielsweise darin, dass immer mehr Väter Elternzeit nehmen.

Viele große Unternehmen haben Diversität fest in der Unternehmenskultur verankert. An diesen in der Öffentlichkeit sehr präsenten Erfolgsbeispielen orientieren sich kleinere Unternehmen und Betriebe. Auch, weil der Zusammenhang zwischen Diversität und Geschäftserfolg offensichtlich wird. Denn Arbeitsergebnisse und Produkte, die von mehreren Personen mit unterschiedlichem Erfahrungshorizont erstellt werden, sind passgenauer und sprechen eine breitere Kundschaft an.

 

Die Sichtbarkeit von Frauen steigern

Die politischen und wirtschaftlichen Impulse sind die Grundlage für gesellschaftlichen Wandel. Der geringe Anteil von Frauen in naturwissenschaftlich-technischen Studiengängen steigt langsam an – weil Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber vermehrt Frauen als potenzielle Arbeitskräfte in den Fokus nehmen und die Frauen in ihren Unternehmen sichtbar machen. Auch die gesetzliche Verankerung der Frauenquote sorgt dafür, dass Frauen in entscheidenden Positionen mehr Mitspracherecht bekommen und sichtbar werden. Nach neuem EU-Recht wird diese Quote 2026 von aktuell 30 auf 40 Prozent angehoben. Sie gilt für die Besetzung von Posten in Aufsichtsratsgremien in börsennotierten Unternehmen.

Diese Sichtbarkeit von Frauen und ihre Wirksamkeit auf unterschiedlichen Ebenen des Arbeitsmarktes ist ein zentraler Faktor für das Aufbrechen traditioneller Rollenbilder. Aus diesem Grund fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung seit 2020 Projekte, die Frauen und deren Leistungen in der Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sichtbar machen. Die Wirkung dieser Projekte wird sich in den kommenden Jahren entfalten. Eines der Projekte ist die Plattform #InnovativeFrauen. Ziel der Plattform ist es, innovative Frauen mit ihren Ideen und Erfindungen gleichberechtigt sichtbar zu machen. Journalist*innen und Medienschaffende haben die Möglichkeit, die auf der Plattform eingetragenen Frauen direkt für Medienzwecke anzufragen. Damit Frauen zukünftig öfter in die mediale Berichterstattung einbezogen werden.

 

Über die Autorin

Dr. Ulrike Struwe ist Co-Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums Technik-Diversity-Chancengleichheit e.V., das bundesweit die Chancengleichheit von Frauen und Männern sowie Vielfalt als Erfolgsprinzip in Wirtschaft, Gesellschaft und technologischer Entwicklung fördert.

 

Über die Plattform #InnovativeFrauen

Die Plattform #InnovativeFrauen macht innovative Frauen in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sichtbar. Kernstück der Plattform ist eine Expertinnen-Datenbank, in die sich exzellente Wissenschaftlerinnen, Forscherinnen und Leistungsträgerinnen sowie junge, aufstrebende Innovatorinnen eintragen können. Die Plattform #InnovativeFrauen ist im Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit e. V. angesiedelt und wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Förderrichtlinie „Frauen in Wissenschaft, Forschung und Innovation: Leistungen und Potenziale sichtbar machen, Sichtbarkeit strukturell verankern“ („Innovative Frauen im Fokus“) unter dem Förderkennzeichen 01FP21070 gefördert.

Link zur Plattform.