Gesundes Leben, Medizin, Pflege

Wieso wurde eine Vollzeit-Arbeitswoche auf ca. 40 Stunden festgelegt?

09.09.2022
Kurz und knapp

„Samstags gehört Vati mir.“ Mit diesem Slogan warb der Deutsche Gewerkschaftsbund ab 1955 für die Einführung der 40-Stunden-Woche. Zehn Jahre später war sie in fast allen Branchen Deutschlands Realität. Dass eine Vollzeit-Arbeitswoche bis heute mehr oder weniger diese Anzahl von Stunden umfasst, geht auf Arbeitskämpfe im 19. Jahrhundert zurück und auf ein ganz einfaches Modell der Zeiteinteilung.

Arbeiter fordern mehr Freizeit und Erholung

„Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden Freizeit und Erholung.“ Auf diese einfache Formel brachte 1817 der britische Sozialreformer Robert Owen die Forderungen der Arbeiterbewegung. Damals schufteten die Menschen in den Fabriken noch zwölf bis 14 Stunden täglich, und zwar sieben Tage pro Woche – im Vereinigten Königreich genauso wie in Deutschland. An Freizeit und Erholung war nicht zu denken.

 

Von der 48- zur 40-Stunden-Woche

Doch 100Jahre später, nach vielen Etappenzielen wie beispielsweise der Einführung des Zehn-Stunden-Tags im Buchdruck und Baugewerbe, trat hierzulande am 1. Dezember 1919 der Acht-Stunden-Tag in Kraft. Allerdings war noch eine sechs-Tage-Woche mit insgesamt 48 Arbeitsstunden üblich. Beachtlich ist, dass die Produktivität durch die Arbeitszeitverkürzung nicht litt. Das lag wohl daran, dass es vorher viele versteckte Pausen gab, etwa weil Maschinen oft stillstanden, da die Stromversorgung noch nicht gut funktionierte. Eine zuverlässigere Technik, mehr Bewusstsein für Belange körperlicher und psychischer Stabilität und das Streben nach mehr Gerechtigkeit waren die Gründe für die Arbeitszeitverkürzung.

Es war aber noch etwas mehr allgemeiner Wohlstand vonnöten, bis sich schließlich die 40-Stunden-Woche durchsetzen konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg, zur Zeit des Wirtschaftswachstums, war es soweit: Forderungen nach noch besseren Arbeits- und Lebensbedingungen waren gesellschaftsfähig und wurden realisiert. Die Familie rückte in den Mittelpunkt. „Samstags gehört Vati mir.“ Unter diesem Motto wurde bis Mitte der 1970er- Jahre fast in allen Branchen Deutschlands die Fünf-Tage-Woche mit 40 Arbeitsstunden bei vollem Lohnausgleich eingeführt.

 

Arbeitszeitverkürzungen heute

Heute werden weitere Arbeitszeitverkürzungen diskutiert, zum Beispiel weil ab der 7. Stunde ein deutlicher Leistungsknick eintritt, wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin festgestellt hat. Darüber hinaus fanden Forschende der Universität Bielefeld in einer Metaanalyse heraus, dass kürzere Arbeitszeiten bei vollem Lohnausgleich die Psyche stabilisieren. Außerdem trägt ein kürzerer Arbeitstag womöglich dazu bei, die Gleichberechtigung zu fördern: Wenn Frauen und Männer 35 oder 30 Stunden arbeiten, könnten Pflege- und Betreuungsaufgaben sowie Arbeiten im Haushalt gerechter aufgeteilt werden.

Dieses Video rollt die Geschichte der Arbeitszeitverkürzungen anschaulich auf. 

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