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Aquifere: Unterirdische Speicher für eine saisonale Wärmeversorgung

Ein Beitrag von Marie-Claire Gering

Einleitung

Speicher können das Ungleichgewicht zwischen Wärmeüberschuss im Sommer und dem hohen Bedarf im Winter ausgleichen. Besonders eignen sich Aquiferspeicher. Sie speichern Wärme unterirdisch und geben sie bei Bedarf wieder ab. Sie helfen, Erneuerbare Energien und Abwärme effizienter zu nutzen, fossile Brennstoffe zu ersetzen und das Energiesystem zu entlasten. Die Technologie macht die Wärmeversorgung nachhaltiger und kann ein zentraler Baustein für ein klimaneutrales Energiesystem in Deutschland werden. Trotz des hohen Potenzials stellen sich auch Herausforderungen bei der Umsetzung. 

 

Was sind Aquiferspeicher?

Aquiferspeicher (ATES = Aquifer Thermal Energy Storage) sind unterirdische Systeme, die hydraulisch abgeschlossene Grundwasserschichten als Energiespeicher nutzen. Sie bestehen aus Bohrungen, über die Wärme eingelagert und wieder entnommen wird. So können ATES überschüssige Wärme über Wochen bis hin zu ganzen Jahreszeiten speichern. 

Warum Wärme saisonal speichern?

Die Wärmeproduktion aus Solarthermie oder industrieller Abwärme schwankt stark mit den Jahreszeiten. Im Sommer gibt es oft Wärmeüberschüsse, im Winter dagegen eine hohe Nachfrage. ATES gleichen diese Unterschiede aus und reduzieren damit den Einsatz fossiler Heizsysteme. Das funktioniert auch umgekehrt: Niedertemperatur-ATES können neben dem Heizen auch der Kühlung dienen. 

Wie funktionieren ATES?

Die klassische Funktionsweise ist das sogenannte Dublettensystem: Zwei Bohrungen, eine „warme“ und eine „kalte“, erschließen denselben Aquifer. Im Sommer wird daraus entnommenes Grundwasser erwärmt und in der warmen Bohrung gespeichert. Für die Erwärmung dient überschüssige Energie, zum Beispiel aus Solarthermie oder Abwärme aus Rechenzentren. Im Winter kann diese Wärme beispielsweise für die Versorgung von Stadtquartieren genutzt werden. Das abgekühlte Wasser wird über die kalte Bohrung zurückgeführt. 

Die Bohrungen liegen 100 bis 500 Meter voneinander entfernt, um eine thermische Beeinflussung zu vermeiden. In Deutschland reichen die Tiefen von 20 bis 1.200 Metern. Neben Dublettensystemen gibt es auch Monowell-Systeme, die nur ein Bohrloch benötigen. Diese sind besonders in dicht besiedelten Gebieten vorteilhaft.

Welche Chancen bieten ATES?

Aquiferspeicher helfen bei der Energiewende, da sie überschüssige Wärme umfänglicher nutzbar machen. So lassen sich CO₂-Einsparungen erzielen. Ihr sehr geringer Flächenbedarf an der Oberfläche gegenüber der Speicherkapazität ist besonders in Städten ein Vorteil. 

Eine Potenzialerhebung für das Land Berlin aus dem Jahr 2025 zeigt: In bestehenden, altbaugeprägten Stadtquartieren können ATES – je nach Konzept und Temperaturniveau der eingespeisten (Ab-)Wärme – die Wärmegestehungskosten um bis zu 30 % und die CO₂-Emissionen um bis zu 44 % reduzieren. Im Vergleich zu anderen Speichern erreichen sie die höchsten Versorgungsanteile und decken rund ein Drittel des Quartierswärmebedarfs. 

Welche Herausforderungen stellen sich?

Trotz des großen Potenzials gibt es in Deutschland bislang nur wenige Anlagen und kaum belastbare Wirtschaftlichkeitsanalysen. Erfahrungen aus den Niederlanden zeigen zwar, dass ATES langfristig funktionieren, doch für Deutschland fehlen noch belastbare Referenzen. Im Reallabor GeoSpeicherBerlin entsteht Deutschlands größter Wärmespeicher. Dieser ATES soll wichtige Erkenntnisse liefern. 

Mit zunehmender Bohrtiefe steigen die Herausforderungen aufgrund hoher Bohrkosten, des Fündigkeitsrisikos sowie möglicher Mehrkosten durch korrosives Salzwasser. Hinzu kommen aufwendige Genehmigungsverfahren für ATES, vor allem zum Schutz von Trinkwasserressourcen. Temperaturgrenzen und geologische Eignung schränken die Standortwahl ein. In den kommenden Jahren sollten deshalb entsprechende Erkundungsprogramme stattfinden, um den Kenntnisstand auszuweiten. 

Außerdem spielt die gesellschaftliche Akzeptanz eine wichtige Rolle: Während Menschen in manchen Regionen Vorbehalte haben, gibt es andernorts hohe Zustimmung. Eine frühe Einbindung der Öffentlichkeit erleichtert die Umsetzung von ATES und den Umgang mit möglichen Risiken. Bürgerenergiegenossenschaften oder stärkere kommunale Beteiligung fördern die Akzeptanz. 

Warum sind ATES wichtig im Energiesystem der Zukunft?

ATES speichern erneuerbare Wärme saisonal, reduzieren den Bedarf an fossilen Heizsystemen, stabilisieren das Energiesystem und helfen so, die Klimaziele zu erreichen. In Städten lassen sich diese Speicher gut integrieren, da sie kaum Fläche benötigen und Wärmeverluste gering sind. In Deutschland gibt es ein großes Potenzial durch geeignete geologische Voraussetzungen, die mit dicht besiedelten urbanen Räumen zusammentreffen. Für eine flächendeckendere ATES-Nutzung müssen aber Bundes- und Landespolitik Anreizprogramme schaffen, wie zum Beispiel durch Fördermaßnahmen und die Vereinfachung genehmigungsrechtlicher Verfahren. Außerdem ist ein besserer Kenntnisstand erforderlich. Dabei hilft neben Erkundungsprogrammen die Ausweitung von Referenzprojekten.

Marie-Claire Gering

Marie-Claire Gering

Marie-Claire Gering ist seit Oktober 2022 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungsbereich Transformation von Energiesystemen am RLI. Sie beschäftigt sich mit Forschungsfragen zu einer klimaneutralen Energieversorgung durch sozial gerechte und nachhaltige Lösungen. Im Projekt Wärmespeicherpotenziale für das Land Berlin analysierte sie im Auftrag der Senatsverwaltung die Rolle und das Potenzial von Wärmespeichern für die Hauptstadt und leitete das Projekt und Konsortium in der Schlussphase.

© Reiner Lemoine Institut

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