Auf einem Planeten, der immer wärmer wird, ist eigentlich genügend Wärme vorhanden. Leider sind Angebot und Nachfrage jahreszeitlich versetzt. Die Lösung: Wärme im Untergrund speichern.
Im Winter mit der Wärme aus dem Sommer heizen
Ein Beitrag von Kathrin Menberg
Wärme im Untergrund speichern
Wie kommt die Wärme in den Untergrund, und wie kommt sie wieder raus?
Ab einer Tiefe von 15 Metern sind die Temperaturen im Untergrund über das Jahr hinweg konstant. Sie entsprechen dort ungefähr der durchschnittlichen Lufttemperatur. Durch den Klimawandel, aber auch durch unterirdische Infrastruktur in urbanen Räumen, steigen die Temperaturen im Untergrund langfristig an. Oberflächennahe geothermische Systeme wie Erdwärmesonden oder Grundwasserwärmepumpen entziehen dem Untergrund diese Wärme. Mit der zusätzlichen Hilfe von Wärmepumpen lassen sich so Gebäude beheizen.
Jedoch kann der Untergrund auch als thermischer Speicher dienen, um die saisonalen Unterschiede in Angebot und Bedarf an Wärme und Kälte auszugleichen. Durch Brunnen zum Beispiel entstehen kalte und warme Zonen im Grundwasser, die als thermischer Aquiferspeicher (engl. Aquifer Thermal Energy Storage, ATES) fungieren. So ein Speicher kann überschüssige Wärme aus dem Sommer aufnehmen und im Winter zum Heizen abgeben. Umgekehrt kann Kälte im Winter gespeichert und im Sommer zur Kühlung genutzt werden.

Thermische Aquiferspeicher sind damit effizienter als Luftwärmepumpen: Sie greifen im Winter auf das warme Wasser im Untergrund zurück, während Luftwärmepumpen die kalte Außenluft anziehen. Der Temperaturunterschied, der zum Heizen eines Gebäudes überbrückt werden muss, ist bei Aquiferspeichern somit deutlich geringer – und dadurch auch der Strombedarf der Wärmepumpe.
Umgekehrt ist mit ihnen aufgrund der niedrigen Temperaturen (ca. 5° Celsius) auf der kalten Speicherseite im Sommer sogar oft eine direkte Kühlung möglich, also ohne Einsatz einer Wärmepumpe.
Wo können solche Speicher gebaut werden?
Voraussetzungen für den effizienten Betrieb von thermischen Untergrundspeichern sind entsprechende geologische und hydrogeologische Bedingungen im Untergrund. Für thermische Aquiferspeicher sind das vor allem vorhandene Grundwasserressourcen und ein möglichst geringes Grundwasserfließen, damit die warmen und kalten Zonen stabil sind. Analysiert man diese Faktoren deutschlandweit, ergibt sich eine Potenzialkarte für Aquiferspeicher, laut der über die Hälfte (56 %) des Bundesgebiets für eine saisonale Speicherung geeignet sind.
Besonders im häuslichen Bereich übersteigt der Wärmebedarf den Kältebedarf jedoch bei Weitem. Daher bedarf es häufig zusätzlicher Abwärme, um die warme Seite des Speichers zu befüllen. Hierfür eignet sich vor allem Abwärme, die kontinuierlich bei der Kühlung von industriellen Prozessen anfällt. Entsprechende Standorte sind aus dem Immissionsschutz bekannt. Allerdings kann auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz helfen, sie auf Luftbildern automatisiert zu erkennen und bezüglich ihrer thermischen Leistung zu quantifizieren.

Die Speicherung und nachträgliche Nutzung von industrieller Abwärme macht Untergrundspeicher mit großen thermischen Leistungen zudem finanziell sehr rentabel. Trotz höherer Investitionskosten als bei konventionellen Energiesystemen rechnen sich solche Speicher innerhalb von 2 bis 10 Jahren.
Zu Risiken und Nebenwirkungen
Thermische Speicher verändern die Temperatur im Untergrund und damit im Grundwasser, das vielerorts als Trinkwasser oder zur Bewässerung dient. Vor allem eine Erhöhung der Grundwassertemperatur kann physikalische, chemische und biologische Prozesse im Untergrund verändern und sich somit negativ auf die Grundwasserqualität auswirken: Je höher die Temperatur, desto größer die potenziellen Auswirkungen. Deswegen arbeiten die meisten Untergrundspeicher in einem Temperaturbereich von 5 bis 25° Celsius.
Bestimmte Lebewesen im Grundwasser, zum Beispiel Krebstiere, können jedoch auch auf eine Temperaturerhöhung auf 25° Celsius sensibel reagieren. Daher ist eine standortspezifische Untersuchung des Grundwasserökosystems unerlässlich für eine nachhaltige Nutzung der Grundwasserressourcen.

Was bringt die Zukunft?
In einigen Ländern sind schon viele solcher thermischen Untergrundspeicher im Einsatz, zum Beispiel in den Niederlanden mehr als 3.000 Aquiferspeicher, und viele weitere in Dänemark und Schweden. Die Technologie hat sich also bereits bewährt.
Die Forschung arbeitet an ausgefeilten Modellen für die Vorhersage von Temperaturänderungen im Untergrund, um die Speichersysteme effizient zu betreiben, möglichst viel der gespeicherten Wärme und Kälte zurückzugewinnen, und so auch die thermischen Auswirkungen auf den Untergrund minimieren zu können.
Um das Potenzial von thermischen Untergrundspeichern für die Wärme- und Kältewende voll ausnutzen zu können, müssen sie sowohl in der kommunalen Wärmeplanung als auch in der Stadt- und Raumplanung Berücksichtigung finden. Dafür müssen behördliche Abläufe zur Genehmigung vereinheitlicht werden, um Planbarkeit und Verlässlichkeit in der Projektentwicklung zu schaffen.
Im Verbundvorhaben CHARMANT arbeiten daher Expertinnen und Experten aus der Hydrogeologie und Raumplanung, Juristinnen und Juristen sowie Vertreterinnen und Vertreter von Behörden und NGOs zusammen. Am Beispiel der Stadt Berlin entwickeln sie ein Konzept für ein nachhaltiges, ökologisch verträgliches Untergrundmanagement. Teil des Konzeptes sind ebenfalls aktive Maßnahmen der Umweltkommunikation, die die Akzeptanz in der Bevölkerung fördern und Nutzungskonflikten vorbeugen.
PD Dr. Kathrin Menberg

PD Dr. Kathrin Menberg
Themenfelder: oberflächennahe Geothermie, Simulation von Stoff- und Wärmetransport im Untergrund, Grundwasserökologie, Ökobilanzierung, und Simulation von Gebäude-Energie-Systemen.
Link: Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW), Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Aufgabenfelder/Forschungsfeld: Nachwuchsgruppenleitung Nachhaltige Geoenergie
Geothermie