Ist Landluft wirklich gesünder als Stadtluft?



  • Portrait Peter Kardos Peter Kardos, Deutsche Atemwegsliga e.V
    “Es konnte nachgewiesen werden, dass entlang viel befahrener Straßen gewisse Herz-, Kreislauf- und Atemwegserkrankungen häufiger auftreten.”
  • Portrait Melanie Königshoff Melanie Königshoff, Helmholtz Zentrum München, Translationales Lungenforschungszentrum
    “Landluft ist insofern als gesünder anzusehen, als sie in aller Regel weniger verkehrsbedingte Schadstoffe enthält als Stadtluft.”
  • Portrait Robert Bals Robert Bals, Klinik für Innere Medizin, Universitätsklinikum des Saarlandes
    “Gerade sehr kleine Teilchen aus Auto- oder Heizungsabgasen können die Gesundheit auf vielfältige Weise schädigen.”

Ist Landluft wirklich gesünder als Stadtluft?

  • Portrait Peter Kardos

    Peter Kardos: Ausschlaggebend ist die Luftverunreinigung. Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass entlang viel befahrener Straßen gewisse Herz-, Kreislauf- und Atemwegserkrankungen häufiger auftreten. Der Effekt ist unabhängig davon, ob es sich um Städte oder ländliche Gemeinden handelt. Viele weitere Faktoren, wie die geographische Lage, Höhe, Feuchtigkeit, Luftdruck, Temperatur, Pollen produzierende Pflanzen in der Umgebung spielen ebenfalls eine Rolle. Daher ist die Frage nicht generell zu beantworten.  
    Das Thema wird auch in den Flyern der Deutschen Atemwegsliga, (Nr. 25 Reine Luft – gesunde Lunge und Nr. A Wohnortwechsel) erörtert: http://www.atemwegsliga.de/informationsmaterial.html

  • Portrait Melanie Königshoff

    Melanie Königshoff: Es gibt zahlreiche Untersuchungen, die Hinweise darauf geben, dass Landluft gesünder sein könnte als Stadtluft. Dem liegen mehrere Hypothesen zugrunde:
    Die sogenannte „Hygiene-Hypothese“, mit der sich Forscher vom Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU München seit einigen Jahren intensiv beschäftigen, besagt vereinfacht ausgedrückt, dass der Kontakt mit mikrobiellen Belastungen das Risiko, an  Asthma und Allergien zu erkranken, verringert. Die Hygiene-Hypothese kam auf, weil epidemiologische Untersuchungen belegen, dass Kinder, die auf einem bewirtschafteten Bauernhof aufwachsen, generell seltener an Allergien erkranken als Kinder, die zwar auf dem Land, jedoch nicht auf einem Bauernhof groß werden. In groß angelegten Studien kristallisiert sich mehr und mehr heraus, dass - größtenteils harmlose - Umweltmikroben das reifende Immunsystem in dem Sinne prägen, dass ein Schutz vor allergischen Erkrankungen und Asthma aufgebaut wird. Dieser Effekt setzt bereits in der Schwangerschaft ein, wie Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg an experimentellen Studien an der Maus bestätigt haben.

    Landluft ist aber auch insofern als gesünder anzusehen, als sie in aller Regel weniger verkehrsbedingte Schadstoffe enthält als Stadtluft. Wissenschaftler haben beispielsweise herausgefunden, dass in der Nähe städtischer Schadstoffquellen die Konzentration an feinen und ultrafeinen Partikeln doppelt bis dreifach so hoch sein kann wie in wenig befahrenen Stadtarealen. Spitzenwerte werden vor allem in der Nähe von viel befahrenen Straßen und in Industriegebieten erreicht. Insbesondere der Anteil an Schwerverkehr mit Dieselmotoren und die Bebauung beeinflussen, wie groß die Menge an Feinstaub in der direkten Umgebung ist. Enge Straßenschluchten, die senkrecht zur Hauptwindrichtung ausgerichtet sind, schließen die Abgase ein und lassen die partikelförmige Luftbelastung hier stark ansteigen. 

  • Portrait Robert Bals

    Robert Bals: Prinzipiell ja, weil in der Stadtluft höhere Konzentrationen von Schadstoffen zu finden ist. Gerade sehr kleine Teilchen aus Auto- oder Heizungsabgasen können die Gesundheit auf vielfältige Weise schädigen. Bei Allergikern führt natürlich ein Aufenthalt in der freien Natur in der Flugzeit der Allergene zu einer Verschlechterung der Beschwerden.