• Portrait Prof. Matuschewski Kai Matuschewski, Abteilung für Parasitologie, Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie, Berlin
    “Bei Tuberkulose und Malaria hat der Parasit 6.000 Proteine, entsprechend komplex sind die Prozesse zwischen Erreger und menschlichem Immunsystem.”
  • Portrait Andrea Kreidenweiss und Jana Held Andrea Kreidenweiss und Jana Held, Institut für Tropenmedizin, Kompetenzzentrum BW, UK Tübingen
    “Um diese Krankheiten wirksam behandeln zu können, muss die Forschung und Medikamentenentwicklung verstärkt gefördert werden.”

Warum sind manche vernachlässigten Krankheiten, die schon seit Jahren bekannt sind, noch nicht behandelbar? Was verursacht diese Erkrankungen?

  • Portrait Prof. Matuschewski

    Kai Matuschewski: Bei den Infektionskrankheiten liegt das darin begründet, dass die Erreger äußerst komplexe Wesen sind, die immer raffinierte Mechanismen entwickeln. Zum Vergleich: In den 80erJahren wurde ein Impfstoff gegen Hepatitis B entwickelt, da ging es um vier Proteine. Bei Tuberkulose und Malaria hat der Parasit 6.000 Proteine, entsprechend komplex sind die Prozesse zwischen Erreger und menschlichem Immunsystem. Diese Prozesse beginnen wir erst heute wirklich zu verstehen. Das heißt, erst heute können wir evidenzbasierte Impfstoffe entwickeln.

    Aber auch hier zeigt sich die Raffinesse, die Flexibilität der Erreger: Bislang konnten sie noch gegen jedes Mittel, gegen jeden Impfstoff eine Resistenz entwickeln.

    Um ein wirksames Präparat zu entwickeln benötigen wir noch einiges an Forschungsleistung und auch ein Quäntchen Glück.

  • Portrait Serena Tschan

    Andrea Kreidenweiss und Jana Held: Viele vernachlässigte Krankheiten sind armutsbedingt und hauptsächlich in Ländern Afrikas, Südamerikas und Asiens verbreitet. Touristen sind davon nur äußerst selten betroffen. Die Entwicklung neuer und verbesserter Behandlungsmöglichkeiten vernachlässigter Krankheiten ist deshalb für die pharmazeutische Industrie finanziell nicht interessant. Auch bestehende Behandlungsmöglichkeiten wurden nicht verbessert, obwohl sie teilweise mit großen Nebenwirkungen einhergehen, über einen langen Zeitraum eingenommen werden müssen und oft nicht effektiv sind.

    Ein Beispiel ist die hauptsächlich in Brasilien vorkommende Chagas-Krankheit, sie ist nur im akuten Anfangsstadium durch die Gabe recht toxischer Medikamente heilbar, in der chronischen Phase kann jedoch meist nur eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufes erreicht werden. Gegen andere Krankheiten wie z.B. die auch bei uns vorkommende Tollwut oder die Elefantiasis, die durch Lymphatische Filarien verursacht wird gibt es keine geeigneten Therapeutika. Um diese Krankheiten wirksam behandeln zu können muss die Forschung und Medikamentenentwicklung verstärkt gefördert werden.