• Porträt Renate Pfeifer, Uni Bonn Renate Pfeifer, betroffene Mutter und Patientenvertreterin der Deutschen Kinderkrebsstiftung
    “Seltene Erkrankungen sind im Praxisalltag Raritäten.”
  • Porträt Dr. med M.S. Christine Mundlos, ACHSE Lotse an der Charité Christine Mundlos, ACHSE Lotse an der Charité – Universitätsmedizin Berlin
    “Das 'Seltene' wird im 'Häufigen' gerne übersehen.”
  • Porträt Prof. Dr. T.O.F. Wagner, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität T.O.F. Wagner, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität
    “Die meisten Ärzte haben solche Erkrankungen noch nie gesehen.”

Warum kann es so schwierig sein, eine Seltene Erkrankung zu erkennen?

  • Porträt Renate Pfeifer

    Renate Pfeifer: Weil Seltene Erkrankungen im Praxisalltag Raritäten sind, fehlt es den Ärzten an Erfahrungen im Umgang mit ihnen. Krebserkrankungen bei Erwachsenen sind extrem häufig, so dass jeder Arzt an eine solche Erkrankung denkt. An Krebs bei Kindern wird nicht gedacht. Die Symptome sind bei vielen Krebsarten unspezifisch und können mit anderen Krankheitssymptomen leicht verwechselt werden. Wenn ein Verdacht aufkommt, werden Kinder leider häufig zu niedergelassenen Fachärzten überwiesen und nicht direkt in eine Kinderklinik, die über eine onkologische Abteilung verfügt. So kann es vorkommen, dass Kinder operiert werden und erst nach der Operation überraschend die Diagnose Krebs gestellt oder ein Medikament verabreicht wird (probehalber), was die eigentliche Diagnose vorübergehend verschleiert und dadurch die dauerhafte Heilung zumindest erschwert.

  • Porträt Christine Mundlos

    Christine Mundlos: Seltene Erkrankungen gehen häufig mit einer vielfältige Symptomatik und der Beteiligung mehrerer Organsysteme einher. Auch innerhalb eines bestimmten Krankheitsbildes können Symptome in unterschiedlicher Prägnanz auftreten. Hinzu kommt, dass viele Verläufe progredient sind und damit einer Veränderung unterliegen – dies kann nur bei stetiger Verlaufskontrolle verfolgt werden. Da Mediziner sich in ihrem Alltag auf die häufigen Erkrankungen und deren Symptomatik konzentrieren müssen, wird das „Seltene“ im „Häufigen“ gerne übersehen.

  • Porträt Prof. Dr. T.O.F. Wagner, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität

    T.O.F. Wagner: Bei der Vielzahl der Seltenen Erkrankungen kann ein einzelner Arzt nicht Spezialist für diese Erkrankungen sein. Die Entscheidung, wann eine etwas ungewöhnliche Verlaufs- oder Ausprägungsform einer häufigen Erkrankung und wann eine Seltene Erkrankung vorliegt, ist ausgesprochen schwierig, zumal ja die meisten Ärzte solche Erkrankungen noch nie gesehen haben. Schon statistisch wird es sich meist um die häufige Erkrankung handeln, so dass Ärzte, wenn sie nicht mehr oder weniger zufällig eine Idee haben, welche Seltene Erkrankung vorliegen könnte, ziemlich orientierungslos bleiben müssen. Zeit- und Kostendruck tun ein Übriges, denn schon das „Daran-Denken“ kostet Zeit und eine anschließende Recherche erst recht.