Warum schlägt beim Verliebtsein und bei Angst das Herz schneller?



  • Portrait Adrian C. Borges Adrian C. Borges, Chefarzt Kardiologie, HELIOS Klinikum Emil von Behring
    “Verliebtsein und Angst sind aus medizinischer Sicht ähnliche Situationen. In beiden Fällen wird der Körper in „Alarmbereitschaft“ versetzt.”
  • Portrait Ulrike Bauer Ulrike Bauer, Geschäftsführerin Kompetenznetz Angeborene Herzfehler
    “Verliebtsein stellt biochemisch eine Stresssituation für den Körper dar. Der Stoffwechsel im Körper und im Gehirn verändert sich.”
  • Portrait Dirk Sibbing Dirk Sibbing, Deutsches Herzzentrum München, Technische Universität München
    “Für das "gebrochene Herz" kennen die Kardiologen sogar eine eigene Erkrankung: Das "broken-heart Syndrom" oder auch Stress-Kardiomyopathie genannt.”

Warum schlägt beim Verliebtsein und bei Angst das Herz schneller?

  • Portrait Adrian C. Borges

    Adrian C. Borges: Verliebtsein und Angst sind aus medizinischer Sicht ähnliche Situationen. In beiden Fällen wird der Körper in „Alarmbereitschaft“ versetzt. Das führt zur Ausschüttung von verschiedenen Botenstoffen wie z. B. Adrenalin. Adrenalin führt unter anderem am Herzen zu einem schnelleren Herzschlag. Ein beschleunigter Herzschlag wird ab einer bestimmten Frequenz von den meisten Menschen wahrgenommen. Man spricht dann von „Herzklopfen“ wie es beim Verliebtsein, aber auch in Angst erregenden Situationen bemerkt wird.
    Da das Herz das Symbol für Leben und vor allem die Liebe ist, spricht man, wenn ein Mensch Kummer in der Liebe hat, von einem „gebrochenen Herz“. Es gibt jedoch auch ein sog. gebrochenes-Herz-Syndrom (broken heart syndrom) oder auch Stress-Kardiomyopathie (medizinisch Tako-Tsubo-Kardiomyopathie). Hierbei handelt es sich um eine Funktionsstörung des Herzmuskels, die nach emotionalen oder starken körperlichen Belastungen, d.h. Stress auftreten kann. Die Erkrankung tritt häufig bei Frauen auf und kann die gleichen Symptome wie ein Herzinfarkt auslösen: Schmerzen im Brustkorb, Luftnot und Angst. Man geht heute davon aus, dass die Erkrankung unter anderem durch eine starke Freisetzung von Stresshormonen wie dem Adrenalin ausgelöst wird (diese Hormone „stauen“ sich im Herzmuskel, werden nicht mehr in die Nervenganglien aufge-nommen und „stauen“ sich dadurch im Muskel an). Dies führt u.a. zur Engstellung der Herzkranzgefäße. Wichtig ist, dass bei den Patienten ein Herzinfarkt ausgeschlossen wird. Im Akutstadium sind ernste und auch lebensbedrohliche Komplikationen häufig. Unter medikamentöser „Abschirmung“ des Herzens vor Stress kommt es bei den meisten Patienten jedoch nach einigen Wochen zur Normalisierung der Herzfunktion.
    Der Name Tako-Tsubo Kardiomyopathie stammt übrigens von einer japanischen Tintenfischfalle in Form eines Kruges mit kurzem, engem Hals (Tako-Tsubo).  Die linke Kammer des Herzens nimmt nämlich beim gebrochenen-Herz-Syndrom eine ähnliche Form an. 

  • Portrait Ulrike Bauer

    Ulrike Bauer: Verliebtsein bedeutet, dass man sich auf nichts anderes konzentrieren kann, als auf den jeweils anderen, man wartet sehnsüchtig auf den Anruf und das nächste Treffen. Man hat „Schmetterlinge im Bauch“. Verliebtsein stellt somit biochemisch eine Stresssituation für den Körper dar. Der Stoffwechsel im Körper und im Gehirn verändert sich. Dabei treten verschiedene Hormone miteinander in Wechselwirkung.

    Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin werden dabei ins Blut abgegeben und sorgen dafür, dass mehr Sauerstoff durch den Körper gepumpt wird. Dies führt dazu, dass unser Herz schneller schlägt, wir schweißnasse Hände bekommen und der Puls steigt.
    Die gleichen Symptome verspüren Menschen in Angstsituationen. Der Körper stellt sich darauf ein, alle Kraftreserven zu aktivieren. Doch der entscheidende Unterschied ist die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin in Verbindung mit Glückshormonen, die dem Menschen das Verliebtsein als positives Gefühl vermitteln. Diese zusätzlich ausgeschütteten Botenstoffe im Gehirn heißen Dopamin, Endorphin und Serotonin. Das Dopamin verstärkt dabei das positive Gefühl und koordiniert es. Der niedrige Serotoninspiegel sorgt zusätzlich für ein berauschendes Gefühl und lässt die Hemmschwelle sinken.
    Das Oxytocin, auch Bindungshormon genannt, wirkt ebenfalls auf unser Belohnungssystem im Gehirn und erzeugt die Gefühle des Verliebtseins. Die Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron haben ebenfalls Einfluss auf die Gefühlswelt und bestimmen das sexuelle Verlangen. 

  • Portrait Dirk Sibbing

    Dirk Sibbing: Wenn wir verliebt sind oder Angst haben, kann das Herz schneller schlagen. Dafür sind Botenstoffe wie z.B. Adrenalin verantwortlich, die der Körper in gewissen Situationen verstärkt ausschüttet. Diese führen zu einer Erhöhung der Herzfrequenz, wir sind also "aufgeregt" oder "alarmiert", je nachdem, in welcher Situation wir uns befinden. Es ist also von der Natur vorgegeben, dass wir dann Herzrasen bekommen. Leider kennen wir auch das Gegenteil, ein "gebrochenes Herz". Hier sind wir eher depressiv und das Herz schlägt dabei alles andere als schnell. Für das "gebrochene Herz" kennen die Kardiologen sogar eine eigene Erkrankung: Das "broken-heart Syndrom" (englisch für gebrochenes Herz) oder auch Stress-Kardiomyopathie (Tako-Tsubo-Kardiomyopathie) genannt. Die Symptome sind ähnlich wie bei einem Herzinfarkt und treten meist nach einschneidenden emotionalen Belastungen auf. Oft ist es einer Trennung oder der Tod eines geliebten Menschen. Auch hier spielen Botenstoffe wie Adrenalin und Noradrenalin eine Rolle. Im Unterschied zum Herzinfarkt ist hierbei jedoch die Herzdurchblutung in den Herzkranzgefäßen intakt. Die Prognose ist daher gut und in den meisten Fällen zeigt die Erkrankung einen sehr günstigen Verlauf. Interessanterweise sind häufiger Frauen als Männer vom broken-heart Syndrom betroffen. Warum dies so ist, ist aber unklar.