Welche Krebs-Vorsorgeuntersuchungen sind sinnvoll?



  • Portrait Leonhard Hansen Leonhard Hansen, Vorsitzender des Fachausschusses 'Krebs-Früherkennung' der Deutschen Krebshilfe
    “Die Deutsche Krebshilfe hält die Untersuchungen des gesetzlichen Krebs-Früherkennungsprogramms grundsätzlich für sinnvoll.”
  • Portrait Peter M. Schlag Peter M. Schlag, Direktor des Charité Comprehensive Cancer Center in Berlin
    “Diese Untersuchungen sind immer da besonders sinnvoll, wo durch frühzeitig Heilungschancen verbessert werden.”
  • Portrait Rupert Handgretinger Rupert Handgretinger, Ärztlicher Direktor der Allgemeinen Pädiatrie, Hämatologie und Onkologie der Uniklinik Tübingen
    “Da es sich bei den kindlichen Tumoren meistens um relative rasch wachsende Tumoren handelt, sind derzeit bei Kindern keine Krebsvorsorgeuntersuchungen bekannt.”
  • Portrait Regine Hagmann Regine Hagmann, Leiterin Krebsinformationsdienst im Deutschen Krebsforschungszentrum
    “Jeder einzelne sollte sich über die Vor- und Nachteile dieser Untersuchungen informieren.”
  • Portrait Renate Pfeifer Renate Pfeifer, betroffene Mutter und Patientenvertreterin der Deutschen Kinderkrebsstiftung
    “Vorsorge ist eigentlich nicht das richtige Wort. Es handelt sich eher um eine Früherkennungsuntersuchung.”

Welche Krebs-Früherkennungsuntersuchungen sind sinnvoll?

  • Portrait Leonard Hansen

    Leonard Hansen: Krebs-Früherkennungsuntersuchungen haben das Ziel, Tumore in möglichst frühen Stadien aufzuspüren. Diese lassen sich zumeist schonender und erfolgreicher behandeln, als wenn bereits Tochtergeschwülste aufgetreten sind. Die Deutsche Krebshilfe hält die Untersuchungen im Rahmen des gesetzlichen Krebs-Früherkennungsprogramms grundsätzlich für sinnvoll. Dies gilt insbesondere für das qualitätsgesicherte Mammographie-Screening, den Stuhlblut-Test mit kombinierter Darmspiegelung, das standardisierte Hautkrebs-Screening sowie die Abstrichsuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs.
    Eine frühe Krebsdiagnose bietet den Betroffenen viele Vorteile. Früherkennungsuntersuchungen können aber auch Nachteile und Risiken haben. So ist es beispielsweise möglich, dass eine Krebserkrankung übersehen wird oder dass aufgrund der Befunde ein Krebsverdacht geäußert wird, der sich bei weiterer diagnostischer Abklärung als unbegründet herausstellt.
    Das Abtasten der Brustkrebs führt häufig zu Fehldiagnosen und ist als alleinige Maßnahme zur Brustkrebs-Früherkennung nicht ausreichend. Da diese Untersuchung jedoch dazu beitragen kann, das Körperbewusstsein sowie das Gefühl für die eigene Brust zu verbessern, empfehlen die Experten ein regelmäßiges Abtasten. Das Erfühlen von Veränderungen und Knoten ist häufig Auslöser für gezielte Untersuchungen, die zur Diagnose von Tumoren führen.
    Bei der digital-rektalen Tastuntersuchung auf Prostatakrebs sind die Experten der Deutschen Krebshilfe zu dem Schluss gekommen, dass diese Methode allein nicht in der Lage ist, die Sterblichkeit an Prostatakrebs zu senken. Das Abtasten der Prostata ist meist nicht geeignet, um bereits frühe Tumorstadien aufzuspüren. Für den PSA-Test, eine Blutuntersuchung zur Erkennung von Prostatakarzinomen, ist das Verhältnis von Nutzen und Schaden bislang nicht ausreichend bekannt. Die Kosten werden daher von den Krankenkassen nicht übernommen. Die Deutsche Krebshilfe empfiehlt Männern ab 40 Jahren, sich umfassend über die Prostatakrebs-Früherkennung zu informieren und im Rahmen einer Beratung mit ihrem Arzt selbst zu entscheiden, ob sie einen PSA-Test nutzen wollen.
    Hilfe erhalten Interessierte bei der Deutschen Krebshilfe. Die gemeinnützige Organisation stellt kostenlose Früherkennungsfaltblätter zur Verfügung, die allgemeinverständlich über die verschiedenen Krebs-Früherkennungsverfahren informieren.

  • Portrait Michael Schlag

    Peter M. Schlag: Der Begriff Krebsvorsorge assoziiert, dass hierdurch eine Krebserkrankung vermieden werden kann (primäre Prävention). Eine primäre Prävention ist aber in der Regel nicht durch Untersuchungen, sondern durch vorbeugende Maßnahmen realisierbar. Allerdings gibt es einige Tumorerkrankungen, bei denen durch Früherkennungsuntersuchungen tatsächlich Tumoren in einer Frühform (Präcancerose) entdeckt werden und vor Manifestation eines invasiven Tumors komplett entfernt werden können. Hierzu zählen z. B. die Entfernung von Darmpolypen oder Gewebefrühveränderungen am Gebärmuttermund. Darüber hinaus hat die Krebsfrüherkennungsuntersuchung das Ziel, mindestens Tumoren in einem Frühstadium zu entdecken, in welchem sie gut entfernbar und auch noch keine Lymphknoten oder Organmetastasen (Tochtergeschwülste) entwickelt haben. Beispiele für solche Krebsfrüherkennungsuntersuchungen sind die von den Krankenkassen angebotenen Früherkennungsuntersuchungen für Prostata-, Brust-, Haut- und Darm-krebs. Diese Untersuchungen sind immer da besonders sinnvoll, wo durch frühzeitigen Einsatz bestimmter Behandlungsmethoden die Heilungschancen verbessert und die Intensität der notwendigen Behandlung verringert werden kann.

  • Portrait Renate Pfeifer

    Renate Pfeifer: Für die meisten Krebserkrankungen gibt es leider keine Vorsorgeuntersuchung. Sie entwickeln sich unbemerkt. Erst gravierende Symptome führen zu ihrer Erkennung. Für einige wenige Krebsarten gibt es allerdings eine sinnvolle Vorsorgeuntersuchung, wobei Vorsorge eigentlich nicht das richtige Wort ist. Es handelt sich eher um eine Früherkennungsuntersuchung. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die Früherkennungsuntersuchung für Gebärmutterhalskrebs, für Brustkrebs bei Frauen, für Darmkrebs und Hautkrebs (Screening). Sinn und Zweck dieser Untersuchungen ist es, den Krebs in einem Anfangsstadium aufzuspüren, damit er besser behandelbar und heilbar ist. Für Kinder und Jugendliche gibt es weder Früherkennungsuntersuchungen, noch Verhaltensregeln, die Krebs vermeiden helfen.

    Für alle gilt aber grundsätzlich, dass eine gesunde Ernährung und viel Bewegung die beste Prävention vor Krebserkrankungen sind. Dazu gehört auch, Sonnenbäder nur in Maßen und geschützt zu genießen, das Rauchen gar nicht erst beginnen oder aufzuhören und exzessiven Alkoholkonsum vermeiden. Wichtig sind auch Impfungen gegen Hepatitis A und B- Viren sowie gegen HP-Viren, die den Gebärmutterhalskrebs auslösen können.

  • Portrait Rupert Handgretinger

    Rupert Handgretinger: Während sich bei Erwachsenen durch Krebsvorsorgemaßnahmen und rechtzeitiger Erkennung und Behandlung eines Karzinoms die Behandlungsergebnisse drastisch verbessern, spielen ähnliche Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern keine Rolle, da solche eher langsam und über einen langen Zeitraum von z.T. mehreren Jahren wachsende Karzinome bei Kindern praktisch nicht auftreten. Da es sich bei den kindlichen Tumoren meistens um relative rasch wachsende Tumoren handelt, die wahrscheilich in einem Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten entstehen, sind derzeit bei Kindern keine Krebsvorsorgeuntersuchungen bekannt, die eine spätere Therapie positiv beeinflussen würden. Durch sorgfältiges Abtasten des Bauches werden hin und wieder bei den üblichen U-Untersuchungen durch den Kinderarzt Tumore des Bauchraums, wie etwa ein  Neuroblastom oder ein Wilms-Tumor entdeckt, die dann frühzeitiger einer Behandlung zugeführt werden können. Darüberhinausgehende Vorsorgeuntersuchungen sind wegen des raschen Wachstums kindlicher Tumore derzeit nicht sinnvoll.

  • Portrait Regine Hagmann

    Regine Hagmann: Die Vorsorgeuntersuchungen, die im Rahmen des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms angeboten und von den Krankenversicherungen finanziert werden. Jeder einzelne sollte sich aber über die Vor- und Nachteile dieser Untersuchungen informieren und prüfen, ob eine Teilnahme in der individuellen Situation sinnvoll ist. Für Menschen, die aufgrund einer Vorerkrankung oder aufgrund von Krebserkrankungen in der Familie ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben, kann es auch sinnvoll sein, früher mit den empfohlenen Untersuchungen zu beginnen oder sich häufiger untersuchen zu lassen. Dies muss individuell mit dem Arzt besprochen werden.
    Wer an einer Krebsfrüherkennungsuntersuchung teilnimmt, sollte bedenken, dass auch diese Untersuchungen keine absolute Sicherheit bieten können und dass die verfügbaren Tests auch zu "falschen" Befunden führen können.