Innovation, Technik, Arbeit

„Geldanlage ist nicht nur für Wohlhabende.“

18.03.2022
Kurz und knapp

Der Gender-Pay-Gap nimmt 2021 laut Statistischem Bundesamt mit 17 Prozent weiter ab. Er bleibt aber weiterhin ein Problem – vor allem, weil Frauen durch diesen Einkommensunterschied später im Ruhestand besonders benachteiligt werden. Warum das so ist und was Frau dagegen tun kann, erklärt die Finanzbuchautorin und -kolumnistin Margarethe Honisch im Interview. Sie ist eine unserer Wettpatinnen und -paten für „Die Fragenwette“ im Wissenschaftsjahr 2022 – Nachgefragt!.

Sie vermitteln Frauen wichtiges Wissen zur Finanzplanung und Altersvorsorge – Themen, bei denen viele Frauen Berührungsängste haben. Was war für Sie der Auslöser, Ihre Finanzen anzugehen und heute sogar anderen dabei zu helfen?

In meinem Fall war es das schlechte Gewissen: Ich war Ende 20 und hatte noch nichts für meine eigenen Finanzen getan – außer Geld auszugeben. Als ich mich dann über Investitionsmöglichkeiten informiert habe, war ich frustriert über die Art und Weise, wie kompliziert manche Wissensangebote aufgebaut waren – und oft an Männer adressiert. Dabei ist das Thema nicht kompliziert und vor allem für alle Geschlechter relevant.

Insbesondere Frauen haben dabei oft Berührungsängste. Dabei müssen sie am meisten vorsorgen.

Warum ist die Finanzvorsorge gerade für Frauen so wichtig? Welche Faktoren kommen hier zum Tragen, die für Männer vielleicht weniger relevant sind?

Wir kennen bereits alle den Gender-Pay-Gap, der aufzeigt, dass Frauen weniger verdienen als Männer. Wer weniger verdient, bekommt später auch weniger Rente. Während der bereinigte Gender-Pay-Gap noch 6 Prozent beträgt, haben wir in Deutschland einen Gender-Pension-Gap von 46 Prozent.

Zudem gibt es Unterschiede in der Finanzplanung: Viele Frauen sparen zwar fleißig, in Anbetracht der hohen Inflationsrate und der niedrigen Zinsen reicht Sparen allein nicht. Das Geld muss auch investiert werden. Und davor haben viele Frauen Angst. Die meisten Anlegenden an der Börse sind männlich. Die Folge: Die Vermögen von Männern steigen, während Frauen finanziell oft vom Partner abhängig sind.

Gab es im Zuge Ihrer Arbeit eine Erfolgsgeschichte, an die Sie sich besonders gern erinnern?

Oh ja, da gab es einige. Denn hinter all diesen Studien und Statistiken, die es gibt, stecken ja echte Menschen mit einer echten Geschichte. In einem meiner Kurse war eine Frau, die Anfang 50 war, Demenzkranke begleitet und somit wenig verdient sowie gar nicht vorgesorgt hat. Sie hat wirklich ihre gesamte finanzielle Situation auf den Kopf gestellt, alles neu organisiert und schließlich geschafft, einen Notgroschen aufzubauen, mit ETF-Sparplänen zu investieren und sogar für ihre Tochter, die studiert, hat sie einen Fonds eröffnet! Das war eine unglaubliche Reise und sie zeigt, dass Geldanlage nicht nur für Wohlhabende ist. Manchen fehlt nur die Anleitung dazu und jemand, der sie motiviert, dranzubleiben.

Wie können Wissenschaft und Forschung den Menschen helfen, bessere finanzielle Entscheidungen zu treffen?

Man kann das Thema aus so vielen Perspektiven betrachten:

  • Wie kann man schon junge Menschen an das Thema Finanzen heranführen? Denn aktuell wird es nur im privaten Raum vermittelt und schafft damit gesellschaftliche Ungleichheit.
  • Warum sind Frauen risikoaverser? Liegt es wirklich am Geschlecht oder müssen Frauen auch risikoaverser sein, weil sie weniger Geld haben und auch vorsichtiger sein müssen?
  • Wie kann man Altersarmut in einem reichen Land wie Deutschland verhindern? Gibt es Möglichkeiten, dass sich die Politik in der Altersvorsorge an Ländern wie den Niederlanden oder Norwegen orientiert?

Im Wissenschaftsjahr 2022 – Nachgefragt! geht es darum, gemeinsam neue Ideen für Forschung sowie Forschungs- und Innovationspolitik zu erarbeiten. Warum ist es wichtig, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit ihren Fragen am Wissenschaftsjahr 2022 beteiligen?

Es ist eine so tolle Chance für alle Bürgerinnen und Bürger, nicht nur zu meckern, sondern auch zu machen. Das Wissenschaftsjahr 2022 zeigt, dass auch wirklich jede und jeder Wissenschaft und Politik beeinflussen kann.

  • Den Instagram-Kanal @fortunalista von Margarethe Honisch finden Sie hier.
  • Die Website „Fortunalista – Finanzen für Frauen“ können Sie hier besuchen.