SOCIAL MEdia

17.05.2022
Ein Gastbeitrag von Sina Stecher, JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis

Social Media haben für Jugendliche positive und negative Aspekte, die gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen. Jugendliche gestalten Social Media aktiv mit, indem sie dort präsent sind, sich mit Freund:innen austauschen und eigene Beiträge erstellen.

SOCIAL MEdia

WhatsApp ist mit Abstand die beliebteste App bei deutschen Jugendlichen – 92 Prozent nutzen sie mehrmals pro Woche –, zählt jedoch streng genommen mit seiner vorwiegenden Eins-zu-eins-Kommunikation nicht als Social-Media-Anwendung. Auf den nachfolgenden Plätzen finden sich mit Instagram (58 Prozent) und Snapchat (42 Prozent) zwei Social-Media-Anwendungen auf dem Treppchen.

be yourself

Social Media bieten diverse Möglichkeiten, um ein eigenes Profil zu pflegen und dadurch Facetten des eigenen Selbst zum Ausdruck zu bringen. Jugendliche gestalten Texte, Kommentare, Bilder und Videos mit den Themen, die ihnen wichtig sind – u. a. bestimmte Hobbys, Freundschaften, Gefühlslagen, Styles, Meinungen. Für viele gehört diese Art der (Selbst-)Darstellung zum Alltag und dient als „Testgelände“ für die Identitätsfindung. Dabei tut sich ein Spannungsfeld zwischen Authentizitätsanspruch und möglichst attraktiver Selbstpräsentation auf.

good vibes only

Besonders auf TikTok, Instagram und Snapchat produzieren Jugendliche eher eigene Inhalte, wohingegen YouTube deutlich stärker rezeptiv genutzt wird. Die Darstellung der eigenen Person und ihrer Fähigkeiten soll möglichst positiv ausfallen und das eigene Leben von der attraktivsten Seite zeigen – ein Sieg im Gaming, gut sitzende Frisuren oder ein gelungener Trickshot. Orientierung finden viele Jugendliche bei Social-Media-Stars, die dadurch imponieren, dass sie ihr Hobby zum Beruf gemacht haben, ihre Anstrengungen von Erfolg gekrönt sind, was unter anderem an der großen Zahl der Follower:innen sichtbar wird.

connection found

Doch es geht nicht nur um die Pflege des eigenen Onlineauftritts, sondern – viel wichtiger – um den generellen Austausch und Kontakt mit Freund:innen. Jugendliche können via Social Media an deren Alltag teilhaben und mitbekommen, was im Umfeld gerade angesagt ist. Zentral dafür ist, dass viele Gleichaltrige ebenfalls auf der Plattform vertreten sind, wie eine 13-Jährige als Pro-Argument anführt: „Also Instagram und Snapchat hat halt so gut wie jeder […].“ 

Egal, welches Publikum die Jugendlichen in den Blick nehmen – breitere Öffentlichkeit oder persönlich Bekannte – der Zu- oder Widerspruch in Form von Likes, Dislikes, Kommentaren, persönlichen Gesprächen oder das gänzliche Ausbleiben dieses Feedbacks können für sie bedeutsam sein.

Haters gonna hate, hate, hate …

Hate – d. h. für die befragten Jugendlichen einer qualitativen Studie die Herabwürdigung von Personen – ist nach Aussage der Jugendlichen auf allen Social-Media-Plattformen zu finden. In Bezug auf TikTok haben die Befragten als mögliche Bedingung u. a. einen hohen Perfektions- und Konformitätsdruck ausgemacht. Wer die Choreografie eines Tanztrends nicht ausreichend gut beherrscht oder in Alter, Körpermaßen und Kleidungsstil nicht zu den (impliziten) Plattformnormen passt, könnte ein Ziel von Hate werden.

f for future

Social Media bieten zwar Herausforderungen, aber auch Chancen für Jugendliche, ihre Persönlichkeit im Kontakt mit anderen auszudifferenzieren sowie sich mit anderen über Themen auszutauschen. Sie offerieren damit einen wichtigen Rahmen für eine aktive und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft.

Die gesellschaftliche Daueraufgabe – gleichberechtigte Teilhabe für alle – wird uns auch in der Zukunft beschäftigen, jedoch kann mit Spannung auf neue technologische Veränderungen und kommerzielle Erlösmodelle geblickt werden: Lösen Metaversen aktuelle Social-Media-Plattformen ab? Welche Brillen oder Ganzkörperanzüge müssen für den Zutritt der (digitalen) Welten angeschafft werden und bleibt es damit bei altbekannten Teilhabehindernissen für junge Menschen, etwa die finanziellen Ressourcen des Elternhauses? Möglicherweise werden sich aktuelle Chancen und Risiken durch die Weiterentwicklung von Virtual und Augmented Reality zuspitzen.


Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2022 – Nachgefragt!​

 

Weitere Informationen:

Das Projekt ACT ON! aktiv + selbstbestimmt online

Aktuelle quantitative Zahlen zur jugendlichen Mediennutzung

  • JIM-Studie  – Jugend, Information, Medien vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest

Vita

Sina Stecher arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin am JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. In der Abteilung Forschung beschäftigt sie sich mit den Perspektiven von Kindern und Jugendlichen auf ihre Onlinewelten und entwickelt Online- und Offline-Weiterbildungen für pädagogische Fachkräfte. An der Ludwig-Maximilians-Universität München studierte sie Pädagogik mit dem Schwerpunkt Bildungsforschung und -management.