Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer, Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin

Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer

 

"Nachhaltigkeit bedeutet für mich, dass sozial- und umweltverträgliche Lebensstile Normalität sind."

In den letzten Jahren ist für mich die Frage nach dem Zusammenwirken von Kontextbedingungen und individuellem Verhalten – sei es als BürgerIn, UnternehmerIn oder PolitikerIn – für eine Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit in den Vordergrund gerückt. Gerade die Forschungsarbeiten im BMBF-Förderschwerpunkt „Vom Wissen zum Handeln – neue Wege zum nachhaltigen Konsum“ haben nochmal sehr deutlich gezeigt, dass Veränderungen auf allen Ebenen – der politischen Steuerung, des Angebots an Produkten und Dienstleistungen, der Gestaltung der Infrastruktur sowie der in gesellschaftlichen Diskursen kommunizierten Werte – notwendig sind, damit individuelles Handeln langfristig nachhaltiger werden kann. Denn bereits bei kleinen Änderungen des Alltagshandelns wird jeweils deutlich, wie eingebettet unsere Gewohnheiten in ein ganzes Netz von Erfordernissen sind und wie sehr unsere Routinen durch die derzeitigen Kontextbedingungen geprägt werden.
Besonders interessiert mich dabei, wie es einzelnen Individuen oder Gruppen von Menschen gelingt, sich als Pioniere auf den Weg zu machen und neue Formen des Lebens und Wirtschaftens zu erproben. Was motiviert diese Pioniere und wie gelingt es ihnen, die derzeitigen Barrieren zu überwinden? Welche persönlichen aber auch sozialen Ressourcen sind hierfür notwendig und wie kann es mittelfristig gelingen, dass derartige soziale Innovationen „ansteckend“ wirken und über Einzelpersonen hinaus breitere Bevölkerungsgruppen erreichen?

Mein Tipp für nachhaltiges Verhalten im Alltag

Sich klarer zu werden, wann und bei welchen Tätigkeiten mann/frau sich wirklich glücklich und zufrieden fühlt und sich dafür mehr Zeit zu nehmen.

Bitte setzen Sie den folgenden Satz fort: Nachhaltigkeit bedeutet für mich ...

Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer: ...dass sozial- und umweltverträgliche Lebensstile Normalität sind. Dass es also keine Schlagzeile mehr wert ist, dass der Halbtagskanzler die Videokonferenzen mit seinen europäischen Kollegen ab und zu auch von zu Hause durchführt, einem Energie produzierenden Mehrgenerationenhaus, das im weitgehend autofreien Innenstadtbereich Berlins liegt und genossenschaftlich verwaltet wird.

In welchem Projekt forschen Sie zurzeit?

Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer: In den Projekten „Nachhaltiger Konsum durch soziale Innovationen“ und „Soziale Innovationen und förderliche Governance Formen im gesellschaftlichen Transformationsprozess“ charakterisieren wir (das Zentrum Technik und Gesellschaft und das Institut für Sozialinnovationen ISIno-va) soziale Innovationen genauer und erarbeiten eine Typologie. Mit sozialen Innovationen sind neue Organisationsformen, Produkte und Dienstleistungen gemeint, wie z.B. Car Sharing, Urban Gardening, Energiegenossenschaften, Community Supported Agriculture, Transition Town-Initiativen etc. Diese Innovationen sind sehr unterschiedlich, was z.B. die beteiligten Akteure, die Motivation der Akteure, die dafür notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen und ihre Nachhaltigkeitsrelevanz angeht. Die Identifikation von sozialen Innovationen verschiedenen Typs soll es im weiteren Verlauf ermöglichen, Vorschläge zu unterbreiten, wie diese gezielt unterstützt bzw. Barrieren zu ihrer Diffusion beseitigt werden können. Beispielsweise ist es heute in ländlichen Regionen weiterhin schwierig, Mobilitätsangebote mit Hilfe ehrenamtlicher Busfahrer zu organisieren, weil das Bundesbeförderungsgesetz solche Organisationsformen aus Haftungsgründen erschwert. Wenn wir mehr Eigeninitiative für nachhaltige Entwicklung wollen, müssen solche Barrieren künftig beseitigt werden.

Wie könnten Ihre Forschungsergebnisse unser Leben verändern?

Prof. Dr. Dr. Martina Schäfer: Unsere Arbeit trägt dazu bei, die Relevanz sozialer Innovationen für eine Transformation in Richtung nachhaltiger Entwicklung zu verdeutlichen und unterstützt ihre Diffusion. Vertreterinnen von Politik, Verbänden und den Kommunen wird vermittelt, dass die Eigeninitiative und Kreativität von UnternehmerInnen und zivilgesellschaftlichen Akteuren für nachhaltige Entwicklung stärker anerkannt und unterstützt werden sollte.

Zentrum Technik und Gesellschaft der Technischen Universität Berlin

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