Botschaften zum Konsum

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Forscherinnen und Forscher sehen sich oft mit der Frage konfrontiert "Das, was Du herausgefunden hast, was bedeutet das jetzt, was folgt daraus für die Umsetzung?". Diese Frage zu beantworten, ist alles andere als leicht – die Kluft zwischen Wissen und Handeln existiert nicht nur im Handeln von Individuen, das sich trotz besseren Wissens nicht immer nachhaltig gestaltet, sondern auch in der gesellschaftlichen Umsetzung wissenschaftlichen Wissens, das sich oft gar nicht so einfach in praktisches Tun übersetzen lässt.


"Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum Nachhaltigen Konsum" – so heisst der Themenschwerpunkt, den das BMBF seit 2008 im Rahmen der Sozial-ökologischen Forschung (SÖF) fördert. Die im Themenschwerpunkt untersuchten Themen sind vielfältig: sie reichen vom Online-Handel über die energetische Sanierung von Einfamilienhäusern, das Verhalten am Arbeitsplatz oder die Förderung nachhaltigen Konsums in Schulen bis hin zu den Chancen für Verhaltensänderungen durch die Geburt eines Kindes oder die Möglichkeit, aus Erfahrungen mit politischen Interventionen in anderen Ländern für Deutschland zu lernen.


Vom Wissen zum Handeln
Für Fürspr. Rico Defila, Dr. Antonietta Di Giulio und Prof. em. Dr. Ruth Kaufmann-Hayoz, die gemeinsam die an der Universität Bern angesiedelte Begleitforschung leiten, welche die Synthesebildung anregt und die Diffusion der Ergebnisse unterstützt, ist der Name des Schwerpunkts Verpflichtung und Aufgabe: "Im Themenschwerpunkt wird versucht, die Brücke vom Wissen zum Handeln zu bauen", erläutert Rico Defila, "wir stellen uns der Frage, wie das erworbene Wissen praktisch wirksam werden kann". Die Forschung im Themenschwerpunkt wurde denn auch mehrheitlich in enger Zusammenarbeit mit Partnern aus der Praxis durchgeführt. Daraus gingen zahlreiche Publikationen und Broschüren hervor, die von den Praxisakteuren rezipiert und genutzt werden können. Damit aber gaben sich die Forschenden nicht zufrieden. Vielmehr haben sie sich der Herausforderung gestellt, die Frage nach dem "Und jetzt – was folgt daraus?" auch in einem breiteren Sinn zu beantworten.


Die gemeinsam erarbeiteten Syntheseergebnisse und ausgewählte Ergebnisse aus den Forschungsverbünden wurden für ein wissenschaftliches Publikum in einem Sammelband veröffentlicht (Defila R., Di Giulio A., Kaufmann-Hayoz R. (Hrsg.) (2011): Wesen und Wege nachhaltigen Konsums. Ergebnisse aus dem Themenschwerpunkt "Vom Wissen zum Handeln – Neue Wege zum nachhaltigen Konsum". München: oekom). Im November 2011 fand in Hamburg eine internationale wissenschaftliche Konferenz zum Thema statt, die SuCo11 ("Sustainable Consumption – Towards Action and Impact"), die auf große Resonanz stieß (www.sustainableconsumption2011.org).


"Nun geht es darum, eine Synthese der Ergebnisse auch für politische und zivilgesellschaftliche Akteure anzustreben", so Rico Defila. "All das, was in den vergangenen vier Jahren in den einzelnen Verbünden und gemeinsam geforscht und diskutiert wurde, und alle gemeinsamen Aktivitäten und Produkte bilden für unser interdisziplinär zusammengesetztes Syntheseteam von 16 Forschenden nun den Boden, auf dem wir bauen können."


Von Mythen und Botschaften
Diese Synthese erfolgt in Form von "Botschaften aus der Forschung". Diese Botschaften sollen ein Konzentrat dessen enthalten, was die Forschenden zu Nachhaltigkeit im Konsum herausgefunden haben, und sollen gleichzeitig konkrete Empfehlungen mit Blick auf das Ziel nachhaltigen Konsums formulieren. Die Botschaften richten sich an die Akteure, die den gesellschaftlich-politischen Diskurs zu Nachhaltigkeit im Konsum in Deutschland beeinflussen – es sind also nicht Botschaften für individuelle Konsumentinnen und Konsumenten.
"Uns Forscherinnen und Forschern ist es wichtig, dass weder Konsum noch Nachhaltigkeit auf einfache Rezepte und Slogans reduziert wird. Konsum ist mehr als das Kaufen von Produkten, und Nachhaltigkeit im Konsum ist mehr als das Kaufen der 'richtigen' Produkte", betont Ruth Kaufmann-Hayoz, und Antonietta Di Giulio führt aus: "Die Diskussion um nachhaltigen Konsum ist oftmals geprägt von dogmatischen Aussagen und undifferenzierten normativen Vorstellungen – oder auch von Mythen, die seit vielen Jahren und Jahrzehnten weiterleben. Solche Mythen sind etwa der Stellschrauben-Mythos (wenn wir am richtigen Ort ansetzen, dann verändert sich das Handeln der Menschen automatisch zum Guten), der Informations-Mythos (wenn man Konsumentinnen und Konsumenten ausreichende Informationen von guter Qualität zur Verfügung stellt, dann tun sie auch das Richtige) oder der Überforderungs-Mythos (Konsumentinnen und Konsumenten lieben es möglichst einfach, sie können mit komplexen Fragestellungen und Problemen nicht umgehen)." Diesen Mythen setzen die Forschenden ihre Botschaften entgegen.


Solche Botschaften zu formulieren – und erst noch konkrete Empfehlungen – ist nicht einfach, und ohne Austausch mit den Akteuren, an die sich die Botschaften richten, geht es nicht. Die Forschenden führen deshalb am 23. November in Berlin eine Fachtagung durch, auf der sie die Botschaften im Entwurf zur Diskussion stellen. Dieser Dialog soll nicht nur sicherstellen, dass die Botschaften verständlich sind, er soll insbesondere auch dazu dienen, gemeinsam zu Empfehlungen zu gelangen, die sowohl innovativ als auch zweckdienlich wie auch umsetzbar sind. Nochmals Ruth Kaufmann-Hayoz: "Die Fachtagung soll eine Brücke sein zwischen dem wissenschaftlichen Wissen und seiner Umsetzung, auf der sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum Dialog mit politischen und zivilgesellschaftlichen Akteuren treffen."

 

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Weitere Informationen:

Zur Fachtagung "Konsum und Nachhaltigkeit – Botschaften für Politik und Praxis"

Forscherstimme Daniel Fischer

Forscherstimme Martina Schäfer

Forscherstimme Klaus Rennings

 

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