Slum in Sri Lanka

 

Bekämpfung vernachlässigter Krankheiten

 

Afrikanische Schlafkrankheit, Flussblindheit, Elefantiasis – die Namen klingen altertümlich und sind hierzulande kaum bekannt. Doch weltweit sterben jährlich viele Millionen Menschen, vor allem in Entwicklungsländern, an diesen Krankheiten. Sie werden als „vernachlässigte Krankheiten“ bezeichnet, denn Forschung und Entwicklung sind völlig unzureichend.

Mehr als eine Milliarde Menschen weltweit, schätzt die Weltgesundheitsorganisation (WHO), leiden unter einer der 17 Krankheiten, die die WHO als vernachlässigte Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases, NTDs) auflistet. Sie grassieren vor allem unter den Ärmsten der Armen in den abgelegenen Regionen, städtischen Slums und Krisengebieten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas.

Bei diesen Krankheiten handelt es sich fast ausschließlich um Infektionskrankheiten, die entweder direkt zwischen Menschen oder vom Tier, beispielsweise durch Würmer und Fliegen, auf den Menschen (so genannte Zoonosen) übertragen werden. Sie sind selten tödlich, aber schränken die Lebensqualität massiv ein, sind mit großem Leid verbunden und tragen massiv zur hohen Kindersterblichkeit in Entwicklungsländern bei. Und sie behindern die wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Regionen, da die Betroffenen oft monatelang nicht arbeiten und weder sich noch ihre Kinder versorgen können.

Zwar gibt es gegen manche vernachlässigte Krankheiten Medikamente, doch sie sind meist veraltet und deshalb unzureichend oder haben starke Nebenwirkungen. Oder die Therapiemöglichkeiten sind für Patienten in armen Ländern nicht erschwinglich. Zusätzlich ist die Diagnose der meist parasitischen Krankheiten sehr schwierig und unter einfachen Bedingungen oft unmöglich. Doch weil all diese Erkrankungen die Bevölkerung der westlichen Industriestaaten nicht bedrohen, ist das Interesse entsprechend gering. Für die Pharmaindustrie lohnen sich Forschung und Entwicklung nicht, weil sich die Betroffenen sich keine teuren Neuentwicklungen leisten können. Auch die staatliche Forschungsförderung der Industrieländer war jahrzehntelang auf Krankheiten fokussiert, die die eigene Bevölkerung betreffen.

Neben den von der WHO gelisteten Tropenkrankheiten rechnen viele Experten auch die „drei großen Killer“ HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose, an denen jährlich weltweit etwa fünf Millionen Menschen sterben, zu den vernachlässigten Krankheiten. Sie sind zwar keine Stiefkinder der Forschung, doch auch sie betreffen vor allem die arme Bevölkerung in Entwicklungsländern und breiten sich weiter aus.

Das Wissenschaftsjahr 2011 – Forschung für unsere Gesundheit hat einen zentralen Gedanken – der Mensch steht im Mittelpunkt. In diesem Themenschwerpunkt geht es darum, wie Forscherinnen und Forscher daran arbeiten, die Gesundheit der Menschen in armen Ländern zu erhalten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten – insbesondere zu Malaria, Tuberkulose und HIV – an deutschen Unis und Forschungseinrichtungen mit elf Millionen Euro pro Jahr. Außerdem ist Deutschland an der europäisch-afrikanischen Initiative EDCTP (European and Developing Countries Clinical Trials Partnership) beteiligt, die sich der Bekämpfung der „großen Drei“ widmet. Ab 2011 fördert das BMBF mit einem Budget von 20 Millionen Euro über vier Jahren so genannte Produktentwicklungspartnerschaften (PDPs). Diese internationalen Non-Profit-Organisationen entwickeln Präventionsmethoden, Diagnostika und Medikamente gegen vernachlässigte Krankheiten.

 

Weitere Informationen:

BMBF: Neues Förderkonzept zu vernachlässigten und armutsassoziierten Krankheiten

 

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