Welche Vielfalt blüht uns?

Ein aufgeschlagenes Buch mit viel Artenvielfalt

„Was blüht denn da?“ ist der Titel eines der ältesten Pflanzenbestimmungsbücher für Jedermann im deutschsprachigen Raum, welches bereits 1935 erschien. Über 75 Jahre später ist das Wissen über die heimische Flora und ihre Entwicklung im globalen Wandel wichtiger denn je. Das BMBF-Forschungsprogramm BIOLOG fördert Forschung zur Erweiterung dieses Wissens über die Biodiversität und ihre nachhaltigen Nutzungsmöglichkeiten.

Seit dem 20. April 2012 steht fest: Der Weltbiodiversitätsrat mit dem offiziellen Namen „Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services“ (IPBES) wird seinen Sitz in Bonn haben. Das neue UN-Gremium soll die Entwicklung der natürlichen Artenvielfalt auf der Erde erfassen und Empfehlungen für die Umweltpolitik abgeben. Keine leichte Aufgabe, denn die genaue Anzahl der Arten auf der Erde ist nicht bekannt. Schätzungen gehen von insgesamt mehr als 20 Millionen verschiedenen Tier- und Pflanzenarten weltweit aus und jährlich kommen neu entdeckten Arten hinzu. Sicher ist aber, dass unser Ökosystem kein statisches System ist, sondern, dass es auf globale Veränderungen und lokale Einflüsse reagiert. Welche Auswirkungen der weltweite Wandel auf die biologische Vielfalt hat, ist ein vielschichtiges Thema für die Forschung zur nachhaltigen Entwicklung.

Das BMBF-Forschungsprogramm BIOLOG

Das BMBF-Forschungsprogramm "Biodiversity and Global Change" (BIOLOG) unterstützt Projekte, die genau diese Zusammenhänge erforschen. Die Projekte im Rahmen von BIOLOG untersuchen in Europa und Afrika (BIOTA) grundlegende Fragestellungen nach den biologischen Arten und deren Funktionen in Ökosystemen. Darüberhinaus fragen sich die Wissenschaftler, wie sich das Ökosystem entwickelt und wie es sich nachhaltig nutzen lässt. Die Herangehensweise an diese Fragen ist aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen in Afrika und Europa verschieden.

Während mit BIOTA-Afrika die Erfassung der Biodiversität und die Etablierung von Forschungsstrukturen im Mittelpunkt steht, konzentrieren sich die europäischen Projekte auf weiterführenden Fragen nach der Entwicklung und den nachhaltigen Nutzungsmöglichkeiten von Ökosystemen und ihrer Biodiversität. Seit dem Start von BIOLOG im Jahr 1999 sind bereits einige Projekte zur Erweiterung des Wissens über die Vielfalt erfolgreich abgeschlossen. 

EUROPA: Ein Schulkoffer für Erkundungstouren ins Gelände

Ein Projekt, welches jungen Menschen die Möglichkeiten von Veränderungen in Ökosystemen aufzeigen möchte, ist der Schulkoffer zum Thema „Evolution und Genfluss – Pflanzeninvasionen“ von Professor Neuffer aus dem Fachbereich Biologie/Chemie von der Universität Osnabrück. Speziell für den Einsatz im Schulunterricht konzipiert führt der Koffer die Jugendlichen auf eine Erkundungstour ins Gelände und vermittelt dabei grundlegende Pflanzenkenntnisse. Ein Schwerpunkt der Beobachtungen wird dabei auf mögliche eingewanderte Pflanzen in der Umgebung, sogenannte invasive Arten, gelegt. Mit den Materialien der Schulkoffer können Schülerinnen und Schüler einfache Versuche durchführen, um sich wichtigen Fragestellungen zu nähern: Wie erkenne ich eine invasive Pflanzenart im Gelände? Und welche Möglichkeiten haben Pflanzen, große Entfernungen zurückzulegen? Diese „Forschung vor der Haustür“ zeigt, dass Ökosysteme offene Strukturen bieten und sich durch Veränderungen der Rahmenbedingungen anpassen.

Hätten Sie es gewusst?



Eine große Herausforderung des Projekts war die fehlende Verankerung dieser Thematik in den allgemeinen Lehrplänen der Schulen und der Universitäten. Neuffer erklärt: "Wir müssen an der Universität die zukünftigen Lehrer in der Lehramtsausbildung mit den Möglichkeiten des Koffers vertraut machen und Vorschläge machen, wie der Koffer in Lehrpläne integriert werden kann. Damit sind wir aktuell beschäftigt."

AFRIKA: Der Botanische Garten in Papatia (Nordbenin):

Wissen über die Vielfalt soll auch in Westafrika gesät werden. Fast überall in Nordbenin (Westafrika) ist die pflanzliche Vielfalt durch das ständig zunehmende menschliche Einwirken bedroht. Viele Pflanzenarten sind bereits so selten, dass dies zu Engpässen in der traditionellen Medizin führt, die vorwiegend auf Pflanzen basiert – und von der ein großer Teil der Bevölkerung abhängt.

Gefördert wurde daher ein Projekt in Papatia (Nordbenin), bei dem in einer Kooperation von Biologen der Universität Frankfurt und Wissenschaftlern der Universität Ougadougou ein naturnaher botanischer Garten entstand. Der Garten, der in enger Zusammenarbeit mit Dorfbewohnern erbaut wurde, soll sowohl dazu beitragen, die Artenvielfalt zu bewahren als auch ein ökologisches Bewusstsein zu schaffen und auch das traditionelle Wissen über die Pflanzen zu verbreiten. Projektkoordinatorin Karen Hahn von der Universität Frankfurt bewertet das Projekt als sehr erfolgreich, „da der botanische Garten auch nach Ende von BIOTA immer noch besteht und von der lokalen Bevölkerung sehr gut geschützt wird.“ Die Dorfgemeinschaft profitiert von den Möglichkeiten, den Garten nachhaltig zu nutzen. Auch für die benachbarten Dörfer sind ähnliche Schutzzonen geplant. 

Obwohl beide Projekte auf einem jeweils anderen Kontinent angesiedelt sind, zeigen sie exemplarisch auf wie vielfältigen Wegen das Wissen über die angestammte Biodiversität weitergetragen werden kann. Das Ziel von BIOTA: Wissen schaffen für den Erhalt der Artenvielfalt, legt so den Grundstein für eine prall gefüllte Neuauflage von „Was blüht denn da?“ im Jahr 2085. 

 

Mehr zum Thema Biodiversität

 

Weitere Informationen:

Zum Förderprogramm BIOLOG

Ziel des Forschungsprogramms "Biodiversität und Global Change - BIOLOG" - ist es, ein besseres Verständnis für die Rolle der biologischen Vielfalt in den Ökosystemen zu erhalten.

Zu BIOTA-Westafrika 

Einer der Forschungsschwerpunkte im Rahmen von BIOLOG liegt mit BIOTA-Afrika in Ländern West-, Ost, und Südafrikas.

Zum Schulkoffer „Evolution und Genfluss – Pflanzeninvasionen“ 

Mit dem Schulkoffer kann im Unterricht experimentell und informativ gearbeitet werden. Die Materialien sind in einem Klassensatz zusammengestellt und verschiedene Unterrichtseinheiten (Einzelstunde, Doppelstunde, Exkursion) können damit einfach vom Lehrer entworfen werden.

Zum Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung 

Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung möchte der Forschungscommunity eine gemeinsame institutionsunabhängige Kommunikationsstruktur und -kultur anbieten. Das Projekt versteht sich dabei als Ergänzung bereits bestehender Ansätze zur Forschungsvernetzung und Politikberatungsinstrumente. Kommunikationsdefizite und Forschungsbedarf sollen identifiziert und gezielt geschlossen werden.

Zur Forschung zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt 

Deutschland besitzt eine nationale Biodiversitätsstrategie (NBS). In dieser geht es um Schutz, die nachhaltige Nutzung und um die gesellschaftlichen Aspekte der biologischen Vielfalt. Dies entspricht den drei Säulen des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Die Verwirklichung der Ziele und Maßnahmen der NBS ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der die Forschung als wichtiger Akteur einen Beitrag leisten soll.

Weiterempfehlen: Tipp