Wissenswertes: WENKE²

Einkaufstüte mit Lebensmitteln

Wussten Sie, dass Sie als Konsument der entscheidende Faktor sind, um die Lebensmittelbranche in ein nachhaltiges Wirtschaftssystem umzuwandeln? Zu diesem Ergebnis kommt das Forschungsprojekt WENKE² der Universitäten Oldenburg und Dresden. 

„Woran scheitert die Verbreitung nachhaltiger Konsummuster?“ Diese Frage stellten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Verbundprojekts WENKE² der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, der Technischen Universität Dresden sowie des Max-Planck-Instituts für Ökonomik, Jena, und des Berliner Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit. Angetrieben wurden die Forscherinnen und Forscher des vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts von einem Widerspruch, der zwischen dem Denken und Handeln der Deutschen heraussticht: Warum beispielsweise sprechen die Bundesbürger in Umfragen der Umwelt einen besonders hohen Stellenwert zu, während ihr Kaufverhalten in die entgegengesetzte Richtung zeigt? Der Anteil von Biolebensmitteln beispielsweise liegt gegenüber konventionell erzeugten Produkten nach wie vor im niedrigen einstelligen Bereich, Fleisch aus artgerechter Tierhaltung ist nicht mehr als eine Fußnote der Massentierhaltung. 

Welche Barrieren hindern uns an nachhaltigem Konsum?

Um Handlungshemmnisse aufzubrechen, sollte man diese zunächst genau kennen: „Welche theoretischen Möglichkeiten haben wir, die Barrieren für nachhaltiges Konsumverhalten zu erkennen und welche Schlüsse ziehen wir daraus, um diese Barriere zu verringern oder auszuräumen?“ erklärt Dr. Irene Antoni-Komar, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Lehrstuhls Unternehmensführung/Betriebliche Umweltpolitik am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Oldenburg und Projektkoordinatorin von WENKE², die Ausgangsfragen des Forschungsprojekts. Das Team der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler näherte sich diesen Fragen interdisziplinär, sowohl volks- als auch betriebswirtschaftlich. Im Blick hatten sie den Markt, die Unternehmen und die Konsumenten, die sowohl quantitativ wie qualitativ befragt wurden. 

„Jede Kaufentscheidung fällt in der sozialen Interaktion“, so Antoni-Komar. Eine Schlüsselrolle komme dabei Bezugspersonen und Intermediären wie etwa dem Handel, Verbraucher- oder Umweltverbänden, aber auch Siegeln und Gesetzen zu. Dort besteht aber den Wissenschaftlern zufolge eine Barriere: Zwar lieferten Siegel und gesetzliche Regelungen Orientierung – allerdings nur gut informierten Verbraucherinnen und Verbrauchern. „In der Mehrheit ist über die Bedeutung etwa der unterschiedlichen Bio-Siegel für Lebensmittel zu wenig Wissen vorhanden“, erläutert die Projektkoordinatorin. Die Folge: Sie schaffen mehr Verwirrung als Aufklärung. 

Routine ist der größte Feind und die größte Chance 

Der größte Feind einer Lebensmittelwirtschaft, die auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit basiert, ist offenbar die Gewohnheit: „Wir sind in Routinen gefangen“, sagt Dr. Irene Antoni-Komar, „wir sind es gewohnt, im Discounter zu kaufen, wo wir alles immer bekommen.“ Erst biografische Brüche – ein neuer Partner, eine warnende medizinische Diagnose, ein Baby – sorgten dafür, althergebrachte, oft unbewusste Konsummuster zu überdenken und schließlich über Bord zu werfen. „So erweist sich die größte Barriere – die Routine – gleichzeitig als eine große Chance“, analysiert die Wissenschaftlerin, „denn immer wenn es gelingt, Routinen in Richtung Nachhaltigkeit umzuformen, sind diese besonders stabil.“ Wie aber kann das gelingen? 

Konsumenten bestimmen den Kurs der Wirtschaft

Ihre Forschung im Rahmen von WENKE² führte die Wissenschaftler zu zwei Ansätzen. Erstens: Transparenz. „Verbraucher müssen konsequent die Transparenz der Produktionsbedingungen von Anfang bis Ende einfordern“, so Dr. Irene Antoni-Komar. Je sichtbarer diese sind, desto mehr steigt das Bedürfnis der Konsumenten nach hohen Standards. Dann erkenne auch der Unternehmer dies als Wettbewerbsvorteil und werde entsprechend handeln. Zweiter Punkt: Vorbilder. „Nachhaltiges Konsumverhalten lässt sich nur in die Breite tragen, indem Vorbilder und Vorleben eine Selbstverständlichkeit etwa für Bio-Lebensmittel, fair gehandelte Produkte und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung schaffen. Dementsprechend müssten alle öffentlichen Einrichtungen, insbesondere Bildungseinrichtungen von der frühkindlichen Betreuung an in ihren Kantinen und Mensen konsequent auf Bio, artgerecht, und Fairtrade setzen“, zeigt die Wissenschaftlerin auf. Hier sei der Staat gefragt, die Wende selbst aber könnten nur die Konsumenten herbeiführen. Was das Tempo des Wandels betrifft, gibt sich Dr. Irene Antoni-Komar allerdings vorsichtig: „Evolution ist eben nicht Revolution.“ 

 

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Zum Projekt WENKE²

 

Über WENKE² 

WENKE² - Wege zum Nachhaltigen Konsum - Häuslicher Energiekonsum und Ernährung befasste sich mit der Frage: Woran scheitert die Verbreitung nachhaltiger Konsummuster? Das Verbundprojekt der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, der Technischen Universität Dresden, des Max-Planck-Instituts für Ökonomik, Jena, und des Borderstep Instituts für Innovation und Nachhaltigkeit, Berlin, wurde im Rahmen des Förderschwerpunktes Wirtschaftswissenschaften für Nachhaltigkeit des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Die Forschungsergebnisse sind in einem Fachbuch veröffentlicht. Im Projektzeitraum 2007 bis 2010 entstand zudem das Computerprogramm MONAKO, ein Simulationsmodell zur Identifizierung von Barrieren und Beschleunigern für ein an Nachhaltigkeit orientiertes Konsumverhalten. Der Quellcode von MONAKO, eine Konfigurationsdatei sowie deren Simulationsergebnisse stehen online zum freien Herunterladen zur Verfügung.

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