Wie Geld die Welt verändert

Sparschweine

Was passiert eigentlich mit meinem Geld? Spätestens seit Beginn der Finanzkrise stellen sich immer mehr Menschen diese Frage. Wer nicht nur den Gewinn im Auge behalten möchte, sondern mit seinen Investitionen auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Weichen stellen will, legt sein Geld deshalb nachhaltig an. Doch innerhalb eines komplexen Angebots an nachhaltigen Finanzdienstleistungen fehlt vielen Anlegern der Überblick. Die Forschung möchte diese Informationslücke schließen. 

„Nachhaltige Investments sind Geldanlagen, die ethische, soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen“, erklärt der Leiter des Sustainable Business Institutes (SBI), Dr. Paschen von Flotow. Die Nachfrage nach solchen Investments steigt seit einigen Jahren rapide an: Laut des European Sustainable and Responsible Investment Forums (Eurosif) hat sich das Volumen nachhaltiger Fonds in Europa seit 2008 von 2,7 auf fünf Billionen Euro nahezu verdoppelt. Ganz neu ist die Idee der Geldgeschäfte mit Prinzipien indes nicht: Die ersten ethischen Investoren waren religiöse Gemeinschaften im 19. Jahrhundert. Insbesondere die Quäker vermieden es, ihr Geld in so genannte „sin stocks“ zu stecken; „Sünden-Aktien“ von Unternehmen, die mit Waffen, Sklaven, Alkohol, Tabak, Glücksspiel oder Pornografie handelten. 

Große Vielfalt der Anlagekriterien

Das Grundprinzip, Ausschlusskriterien zu formulieren, verfolgen viele sozial-ökologische Geld­anlagen bis heute – wobei neue Tabus wie etwa Kinderarbeit, Menschenrechtsverletzungen, Atomenergie oder Gentechnik dazugekommen sind. Weitere Möglichkeiten, nachhaltige Invest­mentfonds zu bilden, sind die gezielte Anlage in Unternehmen aus bestimmten Sektoren (wie etwa der Windenergie) und der so genannte „Best in Class“-Ansatz, der aus unterschiedlichen Branchen die Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit auswählt – ohne bestimmte Wirtschaftszweige auszuschließen. 

Nach welchen Kriterien die circa 200 in Deutschland zugelassenen nachhaltigen Investmentfonds ihre Portfolios letztlich jeweils zusammenstellen, ist also sehr unterschiedlich. Ökologisch und sozial orientierten Anlegern ohne finanzwirtschaftliche Vorkenntnisse verlieren da schnell mal den Durchblick. Deshalb hat das SBI mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und For­schung eine Internetplattform entwickelt, die Klarheit bringen soll. „Am wichtigsten ist es, Trans­parenz zu schaffen. Auf der Plattform www.nachhaltiges-investment.org können sich Anleger über das Angebot und die Performance von Nachhaltigkeitsfonds informieren“, sagt Dr. Paschen von Flotow.

Baum mit Euros

Zwischen Anspruch und Risikobereitschaft 

Dabei gilt es auch, überzogene Erwartungen zu relativieren und Risiken klar zu benennen. So haben nach Analyse des Sustainable Business Institutes Themenfonds zu Erneuerbaren Energien seit 2008 teils massiv an Wert verloren, während sich breite „Best in Class“-Investments häufig sehr gut entwickeln. Da letztere jedoch keine Branchen von vornherein ausschließen, kann es passieren, dass auch Umweltsünder aus der Ölindustrie oder sogar Rüstungsunternehmen ins Portfolio rutschen, wenn sie innerhalb ihrer Branche gute Ergebnisse in den Nachhaltigkeitsbewertungen erzielen. Diese Bewertungen werden meist von externen Nachhaltigkeitsratingagenturen recherchiert, die Unternehmen auf ihre sozial-ökologischen Standards überprüfen.

Die Grenzen werden dabei nicht immer so klar gezogen, wie manche Privatanleger das gerne hätten. Für Unternehmen aus problematischen Branchen wie der Chemie- oder Automobilindustrie kann es da mitunter reichen, hohe Energieeffizienz- und Sozialstandards zu haben, um Spitzenplätze in den Nachhaltigkeitsrankings zu erzielen. Dr. Paschen von Flotow weißt deshalb auf die Eigenverantwortung der Investoren hin: „Als Forschungsinstitut bewerten wir die finanzielle Entwicklung der Fonds absolut wertneutral.“ Für die Anlegerinnen und Anleger heißt das, den eigenen ethischen Anspruch und die persönliche Risikobereitschaft gut gegeneinander abzuwägen – und die Auswahlkriterien und Portfolios der entsprechenden Nachhaltigkeitsfonds daraufhin zu prüfen.

Nachhaltige Investments erzeugen Druck

Das Ziel sozial-ökologisch orientierter Investoren ist nicht zuletzt, durch ihre Geldanlagen die Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit zu verpflichten. Einer Studie des SBI zufolge sind die Themen Klimawandel und Klimaschutz 73 Prozent der Privatkunden von Finanzdienstleistern sehr wichtig. Und fast zwei Drittel kennen die Möglichkeit, Geldanlagen und Klimaschutz zu verbinden. Dennoch fließt in Deutschland bislang noch deutlich weniger als drei Prozent der Anlagesumme privater Investoren in Fonds, die auf Nachhaltigkeit oder Klimaschutz ausgerichtet sind. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass Kriterien wie Nachhaltigkeit oder Klimaschutz finanziellen Kriterien wie Sicherheit oder Rentabilität nachfolgen“, erklärt Paschen von Flotow. Sprich: Bei allem guten Willen zum nachhaltigen Investment muss sich dies auch lohnen.

Von Flotow glaubt trotzdem an die Lenkungswirkung nachhaltiger Investments. Denn neben Privatanlegern integrieren immer mehr institutionelle Investoren nachhaltige Strategien in ihre Kapitalanlage. Neue Instrumente wie der jüngst vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) entwickelte „Deutsche Nachhaltigkeitskodex“ dokumentieren die Bemühungen der deutschen Wirtschaft auf dem Gebiet und können Unternehmen dazu dienen, ihre Reputation bei den Kapitalgebern zu steigern. „Nachhaltigkeitsrankings haben einen großen Einfluss auf die Unternehmensstrategie“, unterstricht von Flotow. Allein dadurch, dass Unternehmen unter ökologischen und sozialen Gesichtspunkten bewertet würden, entstehe ein gehöriger Wettbewerbsdruck, auch wirklich nachhaltiger zu wirtschaften.

 

Mehr zum Thema

 

Weitere Informationen:

Plattform Nachhaltiges Investment
Forschungsprojekt CFI - Climate Change, Financial Markets and Innovation
Deutscher Nachhaltigkeitskodex des RNE

Logo Finanz-Forum: Klimawandel

Finanz-Forum: Klimawandel

Nachhaltigkeitsanforderungen betreffen auch die Finanzbranche selbst, also Banken, Sparkassen und Versicherungen. Das 2007 gegründete „Finanz-Forum: Klimawandel“ ist eine zentrale Forschungs- und Dialogplattform für die effektive Umsetzung der Klimapolitik im Rahmen der Hightech-Strategie zum Klimaschutz der Bundesregierung. Das Forum dient der Entwicklung und Umsetzung von Forschungsinitiativen und der systematischen Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Ziel ist es, die Markttransparenz weiter auszubauen sowie technologische Innovationen zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung schneller umzusetzen. Mitglieder des „Finanz-Forum: Klimawandel“ sind: Allianz SE, Altira AG, BayernLB, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V., Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V., Commerzbank AG, Deutsche Bank AG, Deutsche Postbank AG, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., Munich Re und die UniCredit Bank AG (HypoVereinsbank).  Hier geht es zur Erklärung über die Gründung des Finanz-Forum: Klimawandel (pdf) 

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