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Bestand hat Bestand

Der Bevölkerungsrückgang schweißt viele Kommunen enger zusammen. Die Raumplanerin Andrea Dittrich-Wesbuer zeigt, wie Gemeinden ihren Einwohnern auch in Zukunft gute Verkehrsverbindungen, Wohnungen und Freizeitangebote bieten können.

Porträt von Andrea Dittrich-Wesbuer vor einem grauen Hintergrund
Dipl.-Ing. Andrea Dittrich-Wesbuer

In vielen ländlichen Regionen hat der demografische Wandel bereits begonnen: Städte und Gemeinden schrumpfen, im Westen verliert etwa jede vierte Kommune Einwohner, im Osten sogar fast jede zweite. Immer mehr Menschen ziehen in die Großstädte, zugleich werden weniger Kinder geboren. Die Kommunen stehen vor großen Herausforderungen: Trotz abnehmender Bevölkerung müssen sie auch in Zukunft Straßen, Wasserleitungen, Schulen und soziale Einrichtungen bauen und instand halten. Gute Aussichten haben Gemeinden, die sich schon heute zusammenschließen und gemeinsam ihre Infrastruktur planen.

Eine, die sich mit den neuen Konzepten auskennt, ist Andrea Dittrich-Wesbuer. Die Raumplanerin forscht seit vielen Jahren über die Folgen des demografischen Wandels für die Siedlungsstruktur in Deutschland. Am Dortmunder Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung (ILS) beschäftigt sie sich mit der Flächenentwicklung und entwirft Planungsinstrumente, wie etwa Kosten-Nutzen-Rechner, mit deren Hilfe Kommunen künftige Belastungen besser einschätzen können.

Die Aufgabe besteht nicht nur darin, den Akteuren vor Ort statistische Instrumente und Prognosen an die Hand zu geben, sondern überhaupt ein Bewusstsein für die Herausforderungen der Zukunft zu schaffen.

Dipl.-Ing. Andrea Dittrich-Wesbuer

Diese Modelle helfen Entscheidungsträgern, langfristig in sinnvolle Bauvorhaben zu investieren. „Die Aufgabe besteht nicht nur darin, den Akteuren vor Ort statistische Instrumente und Prognosen an die Hand zu geben, sondern überhaupt ein Bewusstsein für die Herausforderungen der Zukunft zu schaffen“, sagt die Ingenieurin. Unter anderem leistet sie derzeit im nordrhein-westfälischen Kreis Unna im Rahmen der Projekte „ZukunfstWerkStadt“ und „RegioProjektCheck“ entsprechende Überzeugungsarbeit. Noch immer weisen Kommunen trotz sinkender Nachfrage umfangreiche neue Bauflächen aus – verbunden mit hohen Ausgaben. Denn die notwendige Infrastruktur und ihre Erhaltung kostet auf dem Land pro Bewohner deutlich mehr als in dicht besiedelten urbanen Quartieren.

Mehr regionale Arbeitsteilung

Doch die Entwicklung birgt Chancen: So entstehen neue Konzepte, um den Kauf von vorhandenen Häusern wesentlich attraktiver zu machen „Es gibt bereits beispielhafte Initiativen von Kommunen und Kreisen in Kooperation mit dem örtlichen Handwerk wie auch Banken und Versicherungen, die die Menschen unterstützen, ihre Wohnwünsche in Bestandsimmobilien zu realisieren“, bestätigt Dittrich-Wesbuer. Ein positiver Nebeneffekt: Die neuen Anreize verbessern nicht nur die bestehende Siedlungsstruktur, sondern fördern auch die lokale und regionale Wirtschaft.



Die Forscherin empfiehlt zudem eine stärkere regionale Arbeitsteilung und Kooperationen, insbesondere in den ländlicheren Gebieten: „Dabei muss auch über den Erhalt einzelner Infrastrukturen und der Verteilung von Neubauvorhaben verhandelt werden. Wenn das Freizeitbad in einer Gemeinde erhalten wird, sind es vielleicht spezielle Bildungs- und Betreuungseinrichtungen oder ein im regionalen Verbund entwickeltes Gewerbegebiet in einer anderen Stadt.“ Wenn sich Kommunen stärker untereinander vernetzen und zusammenarbeiten, kann es dort auch in Zukunft gute Lebensbedingungen geben, so dass die Menschen gerne in ihren Heimatorten bleiben – oder sogar neue Bewohner hinzuziehen.