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Anna Mutter

Anna Mutter ist freiberufliche Fotografin in Hamburg. 2009 beschäftigte sie sich bereits mit dem Thema des Älterwerdens: Mit ihrer Fotoreportage „Abendrot“ zeigt Frau Mutter eindrucksvoll den Umgang einer Gruppe Senioren mit ihrem Lebensabend. Mit dem Porträt  der Senioren-Clownin Gerlind Pusch überzeugte sie 2009 die Jury beim Wettbewerb „Neue Bilder vom Alter(n)“. Es ist in der gleichnamigen Ausstellung  vom 29. Oktober bis 15. Dezember in Konstanz zu sehen.

Mit der Fotoserie „Abendrot“ kann eine Geschichte über das Altern erzählt werden, die sehr persönlich ist und ohne Schlagworte wie „Best Ager“ und „Altersarmut“ auskommt.

Frau Mutter, warum sind Sie Fotografin geworden?

Mein Antrieb Fotografin zu werden, war ein großes Interesse an anderen Menschen, deren Lebensweg und Lebensumfeld. Ich wollte Geschichten über andere Menschen erfahren, festhalten und erzählen. Ich finde, es ist ein ganz großartiges Privileg des Fotografenberufes, unterschiedlichste Menschen kennen zu lernen und ein kleines Stück an ihrem Leben teilhaben zu dürfen.

 

Worauf kommt es Ihnen an, wenn Sie Menschen fotografieren?

Auf Nähe. Wenn sich ein Mensch mit mir als Gegenüber und als Fotografin wohlfühlt und eine gewisse Nähe zulässt, entstehen die besten Bilder. Bei den Seniorenclowns hatte ich die komfortable Situation, dass ich das Ensemble für mehrere Monate begleiten konnte und so mit der Zeit Nähe und Vertrauen entstand. In diesem Fall war das auch besonders wichtig. Denn als ich mit einer der Clowninnen zum ersten Mal telefonierte und ihr von meiner Idee erzählte, die Clowns in ihrem privaten Umfeld, aber als Clowns zu porträtieren, war sie sehr skeptisch. Als ich Zeit mit der Seniorengruppe verbrachte, sie zu ihren Clownfiguren befragte, sie bei ihrer Tournee begleitete und manchmal sogar hinter den Kulissen mit anpackte, war die Befürchtung, ich könnte sie mit meinen Bildern unvorteilhaft oder gar lächerlich darstellen, schnell dahin.

 

Ihre Fotoserie „Abendrot“ ist bekannt aus GEO WISSEN und aus der Ausstellung „Neue Bilder vom Alter(n)“. Was hat Sie bei diesem Projekt besonders fasziniert?

Auf das Thema kam ich ganz zufällig. Ich saß in einer Autowerkstatt und wartete auf mein Auto, nahm die Zeitung DIE WELT in die Hand, um mir die Wartezeit zu vertreiben, und las einen kurzen Artikel über die Seniorenclowns. Die Selbstironie und der Mut dieser alten Leute haben mich so fasziniert, dass ich am gleichen Tag noch Kontakt mit der Clown-Schule aufnahm, die im Artikel erwähnt war und so in Verbindung mit ihnen treten konnte. Der demografische Wandel war zu der Zeit ein sehr präsentes Thema in den Medien. Vor meinem inneren Auge zogen sofort Bilder auf. Lustige, groteske, aber auch melancholische, berührende Bilder. Das schien mir  eine so wunderbar andersartige Facette des Themas zu sein. Eine Geschichte über das Altern, die sehr persönlich ist und ohne Schlagworte wie „Best Ager“ und „Altersarmut“ auskommt. Diese Geschichte beschäftigt sich viel mehr mit der emotionalen Seite des Alterns als mit der volkswirtschaftlichen.

 

Ist Ihrer Meinung nach das Clownsein ein Mittel gegen Altersangst?

Der Gedanke liegt nahe und ich habe die Clowns natürlich auch dazu befragt. Sie sagten mir, dass das Clownsein für sie das beste Mittel gegen die Angst vor dem Alter, vor drohender Hilflosigkeit und Entmündigung sei. Dabei pflegten sie einen gesunden Galgenhumor wenn sie z. B. Witze über ihren Tabletten-Konsum rissen oder mal eben die Kosten ihrer Beerdigung überschlugen und sich vor Lachen die Bäuche hielten. Der Requisitenwagen für die Clownstournee war im Übrigen ein umgebauter, bunt geschmückter Leichenwagen. Manchmal hat mich dieser schwarze Humor erschreckt und dann dachte ich: Das kannst Du einfach noch nicht nachempfinden. Ein Mittel gegen Angst im Allgemeinen ist jedenfalls, ihr in die Augen zu sehen, ihr zu begegnen und sie vielleicht sogar anzulächeln. Das gelingt den Clowns auf ihre Art. 

Wie bereiten Sie sich auf das Alter vor?

Ich bin jetzt 37 Jahre alt und ganz zeitgemäß, dem demografischen Wandel entsprechend, gerade erst Mutter geworden. Außer, dass ich versuche, so gut wie mir eben möglich finanziell vorzusorgen, kann ich noch nicht von einer aktiven Vorbereitung auf mein Alter berichten.