„Das Leben von Menschen verbessern“

Zwei Forscher im Labor vor Laptop

Neues zu entdecken, mehr zu wissen, Zusammenhänge herzustellen – das ist der Antrieb für Forscherinnen und Forscher. Meist haben sie ein ganz persönliches Lebensthema, das sie vom Kindesalter an beschäftigt.

„Forschung ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Ähnlich wie Künstler finden wir unsere eigenen Fragestellungen, die uns brennend interessieren. Warum wir uns gerade für diese Fragen begeistern, hat oft ganz individuelle Gründe“, glaubt Julia Stingl. Die 39-jährige Professorin für Klinische Pharmakologie am Institut für Naturheilkunde und Klinische Pharmakologie der Universität Ulm ist dabei, aus Krankheits- und Therapiekonzepten individuelle Behandlungsstrategien zu erarbeiten, die explizit auf den einzelnen Patienten abgestimmt sind. Genetische Faktoren spielen dabei ebenso eine Rolle wie das Lebensalter, Gewicht und Geschlecht sowie der Lebensstil und die Ernährung. „Mich zieht die Individualität des Patienten in den Bann. Auch wenn sich Forschung meist in den Grundlagenerkenntnissen abspielt, so schätze ich die anwendungsbezogene Forschung sehr.“

Der Medizinforscher Dirk Mürbe arbeitet ebenso anwendungsbezogen, wenn auch in einem anderen Bereich. Sein Lebensthema ist die Kommunikation, er hat neben seinem Medizin- auch ein Musikstudium absolviert. Im Sächsischen Cochlear Implant Centrum (SCIC) geben der Chirurg Mürbe und sein Team Betroffenen Hörvermögen und Sprachverständnis zurück, eröffnen ihnen die Welt des Sprechens und Hörens. Dazu setzen sie ihren Patienten so genannte Cochlear-Implantate ein. Diese Innenohrprothese hilft sowohl Kindern, die ohne Hörvermögen geboren wurden, als auch ertaubten und hochgradig schwerhörigen Menschen. „Kommunikation ist für unsere Gesellschaft existenziell, und jeder sollte seine kommunikativen Fähigkeiten optimal einsetzen“, sagt Mürbe. Als Forscher entwickelt er das Cochlear-Implantat weiter: „Sprache lässt sich damit bereits gut verstehen. Jetzt arbeiten wir daran, dass Musik besser gehört werden kann.“ Denn Mürbes Auffassung nach soll Forschung auch die Lebensqualität der Menschen verbessern, und dazu gehört für Sachsens einzigen ordentlichen Professor für Diagnostik und Therapie von Erkrankungen und Störungen der Sprache, der Stimme und des Schluckens eben auch die Musik.

Forschungsaktivitäten patientenorientiert vorantreiben

Wichtige Impulse vom Wissenschaftsjahr Gesundheitsforschung wünschen sich Menschen mit seltenen Erkrankungen. Sie hoffen, dass dabei auch ihre Situation zur Sprache kommt. Miriam Mann, Geschäftsführerin der ACHSE e. V. (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen), sagt: „In jedem Einzelfall geht es um spezifische Probleme, um individuelle Ängste und Hoffnungen. Wenn wir uns etwas wünschen dürften im Wissenschaftsjahr, wäre es großartig, wenn unser Anliegen noch mehr Gehör finden würde: Wir wollen durch einen Austausch auf Augenhöhe Forschungsaktivitäten in diesem Bereich patientenorientiert vorantreiben und stärken.“

Strategien für eine bessere Prävention

Der schnelle Weg zu den Menschen liegt auch dem Ernährungsforscher Hans-Georg Joost am Herzen. „Wir Forscher können unsere Entdeckungen in die ärztliche Praxis bringen und damit das Leben von Menschen verbessern“, sagt der Wissen schaftliche Direktor des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE). Sein Team untersucht die Ursachen ernährungsbedingter Erkrankungen und entwickelt Strategien für eine bessere Prävention. Das Institut konzentriert sich auf den Zusammenhang von Ernährung und Fettleibigkeit, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Hans-Georg Joost schätzt an seiner Arbeit, dass er Neuland betritt. „Wir sind im besten Sinne Entdecker – vergleichbar mit den Naturforschern aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die unbekannte Welten entdeckt haben. Auch wir treffen bei unserer Arbeit auf Dinge, die wir so nicht erwartet haben.“

Vom Glück, der Neugierde folgen zu können

„Forscher haben das Glück, Tag für Tag ihrer Neugier folgen zu können. Das macht den Beruf des Wissenschaftlers so attraktiv“, sagt Gerold Wefer, Vorsitzender des Lenkungsausschusses von Wissenschaft im Dialog (WiD) und Direktor des DFG-Forschungszentrums MARUM an der Universität Bremen. Neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung ist die Initiative Wissenschaft im Dialog Träger der Wissenschaftsjahre. „Unsere von den großen deutschen Forschungsorganisationen und Stiftungen getragene Initiative wird in diesem Wissenschaftsjahr junge Menschen davon überzeugen, wie ungemein interessant Gesundheitsforschung ist: Die interaktiven Ausstellungen auf unserem Festival, dem Wissenschaftssommer in Mainz, und auf unserem Ausstellungsschiff MS Wissenschaft werden Gesundheitsforschung anschaulich machen.“