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Daten vom Leben

Die Deutschen leben nicht nur immer länger, sondern bleiben auch länger gesund. Dank statistischer Berechnungen kann die Lebenserwartung immer besser vorhergesagt werden. Dabei können überraschenderweise auch Fruchtfliegen, Autos und Glühbirnen helfen.

Porträt James W. Vaupel vor einem grauen Hintergrund
Prof. Dr. James Vaupel

Ohne Daten aus der Vergangenheit lassen sich kaum Prognosen für die Zukunft entwickeln. Für seine Forschung über die Lebenserwartung des Menschen war James Vaupel lange auf der Suche nach einer verlässlichen Datengrundlage, die in die Vergangenheit reicht. In Schweden und Dänemark wurde der Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung fündig: Seit 1860 wurden in Archiven in Schweden Daten über das Lebensalter und den Todeszeitpunkt der Bürger gesammelt. In Dänemark gibt es ein eigenes Zwillingsregister, das Vergleiche zwischen zwei Menschen mit der gleichen genetischen Ausstattung erlaubt.

Keine Grenze des Alterns

Für Vaupel war diese Entdeckung ein Schatz, der seinen wissenschaftlichen Durchbruch ermöglichte. Anhand der Daten konnte er nachweisen, dass es kein von der Natur zwingend vorgegebenes Höchstalter geben muss. Vielmehr steigt die allgemeine Lebenserwartung seit Mitte des 19. Jahrhunderts fast linear an. Theoretisch könnten die Menschen noch deutlich älter werden, als wir uns das heute gemeinhin vorstellen - es gibt nach heutigem Stand des Wissens keine zwangsläufige Grenze des Alterns.

Seit über 150 Jahren geht die Entwicklung konstant in eine Richtung. Alle zehn Jahre werden wir mit zweieinhalb zusätzlichen Lebensjahren beschenkt.

Prof. Dr. James W. Vaupel

James Vaupel sagt: "Seit über 150 Jahren geht die Entwicklung konstant in eine Richtung. Alle zehn Jahre werden wir mit zweieinhalb zusätzlichen Lebensjahren beschenkt. Oder zugespitzt formuliert: Jeden Tag mit sechs Stunden." In einer aktuellen Studie ermittelte Vaupel anhand von Geburts- und Sterberegistern die Lebenserwartung von heute geborenen Kindern. Das erfreuliche Ergebnis: Ein Kind, das 2010 in Deutschland zur Welt gekommen ist, wird mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit 100 Jahre alt.

Daten als Grundlage: Fruchtfliegen, Glühbirnen und Autos

Statistik und mathematische Wahrscheinlichkeiten sind zentral für Vaupels Forschung. Um Daten zu gewinnen, beschreitet der Wissenschaftler auch unkonventionelle Wege: So arbeitete er eng mit Wissenschaftlern zusammen, die in einem gemeinsamen Projekt tausende Fruchtfliegen züchteten, um Rückschlüsse auf den Zusammenhang zwischen den Genen und der Lebenserwartung zu ziehen. Er ließ mehr als hundert Glühbirnen auf einem Brett verkabeln, um ihre Lebensdauer zu messen. Und er erforschte die Betriebsdauer von Autos auf der Suche nach allgemein gültigen Regeln der Sterblichkeit. Die so gewonnenen Erkenntnisse lassen sich für die Forschung zur Lebenserwartung der Menschen nutzen. Und hier geht die Entwicklung nur in eine Richtung: wir werden immer älter.


Kurzbiografie:

Prof. Dr. James Vaupel


Die Menschen leben aber nicht nur immer länger, sie altern auch später und bleiben länger gesund. Das Alter verschiebt sich nach hinten, während wir länger jung bleiben. Für Vaupel ist der demografische Wandel daher eine Chance. Der 67-jährige Wissenschaftler, der selbst am liebsten bis zu seinem 80. Geburtstag arbeiten möchte, plädiert für eine flexible Gestaltung des Renteneintrittsalters. "Heute arbeiten die meisten Menschen zwischen dem dreißigsten und fünfzigsten Lebensjahr sehr hart - also genau in der Zeit, in der sie eine Familie gründen und Kinder großziehen könnten. Wenn sie 60 oder 65 Jahre alt sind, folgt eine lange Phase, in der sie nicht arbeiten. Das macht keinen Sinn", sagt Vaupel. Seine Schlussfolgerung: "Wenn wir insgesamt bis zu einem höheren Alter arbeiten, können wir jede Woche die Arbeitszeit verkürzen".

James Vaupel ist sich sicher: "Die traditionelle Aufteilung des Lebens in die drei Abschnitte Lernen - Arbeit - Freizeit wird aufbrechen." Für ihn liegt die Zukunft in flexiblen Modellen, wie Teilzeit, Sabbaticals oder Phasen der Weiterbildung. Am Ende profitieren alle: Unternehmen, weil sie gut ausgebildete und erfahrene Mitarbeiter länger beschäftigen können. Arbeitnehmer, weil sich ihre Lebensläufe entzerren und sie mehr Zeit für ihre Familien oder zur Weiterbildung haben.