31 Wie lässt sich die Ernährung der Menschen lokal und global sichern?

Wie nachhaltige Nahrungsmittelproduktion aussehen kann, ist ein zentraler Aspekt dieses Clusters. Was bedeutet das für die Flächennutzung, die Trinkwassernutzung und die Haltung von Tieren? Ob alternative Nahrungsmittel wie Algen, Insekten oder Laborfleisch einen Ausweg darstellen, interessiert die Menschen ebenso wie die Frage, wie die Nahrungsmittelproduktion wieder vermehrt im eigenen Land oder lokal erfolgen kann. Eine zentrale Rolle spielt die Kommunikation: Die Wissenschaft muss einen Beitrag dazu leisten, dass der Begriff Nachhaltigkeit für ein gutes Verständnis der komplexen Zusammenhänge in seiner exakten Bedeutung verwendet wird.

Einordnung:

Spielte die Sicherheit der Lebensmittel- und Trinkwasserversorgung in Deutschland lange Zeit eine untergeordnete Rolle - im Gegensatz zu den Ländern des Globalen Südens - so wächst durch Klima- und Wirtschaftskrise sowie die Gefahr von Kriegen auch bei uns die Sorge um ausreichende Ressourcen. In diesem Cluster spielen Fragen nach der Qualität, Nachhaltigkeit, Gesundheit und Umweltfreundlichkeit, nach dem Flächenverbrauch und der Art der Nahrungsmittelproduktion eine zentrale Rolle.

Einen Fokus bildet die Kontroverse rund um intensive und extensive Landwirtschaft. Die Fragestellenden möchten, dass Wissenschaftler*innen klären, welche Auswirkungen beispielsweise die Reduktion von Viehzucht hat - oder deren Beibehaltung auf Flächen, die für den Anbau von Nahrungsmittelpflanzen wie Weizen nicht geeignet sind. Auch die Lebensmittelverschwendung, die global betrachtet eher als Nahrungsmittelverlust zu bezeichnen ist, bewegt die Menschen.

Zwar sind Pflanzenschutzmittel Lösungsansätze zur Verhinderung von Nahrungsmittelkrisen. Die Teilnehmenden am IdeenLauf stellen jedoch den Verzicht auf Nahrungsmittel in den Fokus – Maßnahmen, die ausschließlich im globalen Norden Gültigkeit haben. Ein weiteres Thema dieses Clusters ist die Produktion von Bioenergie zu Lasten von Nahrungsmitteln. Auch die wachsende Weltbevölkerung betrachten die Menschen als globalen und wesentlichen Faktor für Versorgungsprobleme, die mit Hilfe der Wissenschaft gelöst werden sollen.

Ob der Ausbau der extensiven Landwirtschaft und eine Umstellung auf vegane Lebensweise Schritte in die richtige Richtung sind, möchten die Menschen geklärt wissen. Sie beobachten, dass die vorliegenden Daten zu Vor- und Nachteilen verschiedener landwirtschaftlicher Produktionsweisen oft sehr kontrovers diskutiert werden.

Ausblick

Schlüsselfragen für die Forschung ergeben sich in diesem Cluster daraus, was der Begriff “nachhaltig” in seiner wissenschaftlichen Definition bedeutet. Großes Potenzial liegt in der Erforschung besserer Kommunikationsmethoden, damit eine Vermittlung von Forschungsanstrengungen und -ergebnissen zu diesem Thema an die Bevölkerung gelingen kann. Welche Methoden bzw. Lösungsvorschläge zur Lebensmittelversorgung, Landnutzung und Sicherung von Wasserressourcen tatsächlich wissenschaftlichen Kriterien der Nachhaltigkeit entsprechen, kann dann transparent gemacht werden. Ängste und Hoffnungen in Bezug auf die Umstellung auf vegane Ernährung und auf alternative Landwirtschaft gilt es zu untersuchen. Die Forschenden sollten in diesem Kontext einen Fokus darauflegen, die Vor- und Nachteile von extensiver und intensiver Landwirtschaft verstärkt zu untersuchen - und vor allem die Ergebnisse klar zu kommunizieren.

Die Wissenschaft muss die Basis für einen rationalen Diskurs legen, in der es nicht zu einer ideologisierten Lagerbildung kommt: zwischen Befürwortern von extensiver Landwirtschaft und, beispielsweise, veganer Ernährung einerseits. Und Menschen, die ihre Hoffnung auf technisch-wissenschaftliche Innovationen setzen, andererseits. Nur mit einem rationalen Diskurs wird ein Wandel möglich und lassen sich Nahrungsmittelkrisen effektiv verhindern.

Autor: Prof. Dr. Wolfgang Nellen