Grafische Darstellung einer Galaxie

Der Mond und die Flut

08. Juni 2023

Der Mond, das hat vermutlich jeder schon einmal gehört, verursacht die Gezeiten. Doch denkt man weiter darüber nach, ist der Zusammenhang gar nicht so offensichtlich: Wenn der Mond das Wasser in den Ozeanen anzieht, müsste es dann nicht nur einen Flutberg auf der dem Mond zugewandten Seite der Erde geben? Wer schon öfter am Meer war weiß jedoch: Es gibt zweimal am Tag Hochwasser, also offenbar auch zwei Flutberge – und der zweite befindet sich genau gegenüber, auf der mondabgewandten Seite der Erde.

Tatsächlich sind die Gezeitenkräfte, die Ebbe und Flut verursachen, komplizierter als nur die Anziehungskraft des Mondes. Denn der Mond zieht ja nicht nur das Wasser in den Ozeanen an, sondern die gesamte Erde – auf das Wasser wirkt also keine stärkere Kraft als auf den Rest des Planeten. Ohne Weiteres würde es nicht in Richtung Mond strömen und einen Flutberg bilden.

Abnehmende Anziehungskraft sorgt für zweiten Flutberg

Was wirklich hinter den Gezeiten steckt, ist nicht, dass diese Kraft wirkt, sondern wie sie es tut: Die Anziehungskraft des Mondes – oder jedes anderen Himmelskörpers – nimmt mit der Entfernung ab. Die dem Mond zugewandte Erdseite wird somit stärker vom Trabanten angezogen als die Mitte der Erde, die mondabgewandte Seite dagegen schwächer. Deutlich sichtbar wird das am beweglichen Wasser: Der Erdtrabant zieht das Wasser auf der ihm zugewandten Seite stärker an als die Erde insgesamt und zieht es somit in Richtung Mond – es entsteht ein Flutberg. Auf der anderen Erdseite lässt die schwächere Anziehung das Wasser vom Mond weg strömen und formt so den zweiten Berg.

Gezeiten als kosmische Bremse

Doch Gezeitenkräfte bewirken deutlich mehr als nur Ebbe und Flut. Sie wirken auch wie eine Bremse auf die sich drehende Erde. Die Erdrotation, und damit auch die Länge eines Tages, verlängert sich dadurch um etwa zwei Millisekunden pro Jahrhundert. Anders herum ist der Effekt noch stärker: Da die Erde 81-mal mehr Masse enthält als der Mond, übt sie auf den Erdtrabanten auch stärkere Gezeitenkräfte aus. Dadurch wurde die Drehung des Mondes bereits so stark gebremst, dass er der Erde inzwischen stets die gleiche Seite zeigt. Eine solche „gebundene Rotation“ zeigen auch viele Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, die sehr nah an ihren Sternen kreisen. 

Besonders spektakulär ist die Wirkung der Gezeitenkräfte des Riesenplaneten Jupiter auf seinen Mond Io: Sie sind so stark, dass sie das Innere des Trabanten bewegen und es förmlich durchkneten. Die dabei freigesetzte Hitze löst eine starke vulkanische Aktivität auf der Oberfläche des Himmelskörpers aus: Über 150 aktive Vulkane haben Forschende auf Io entdeckt.

Weitere Infos:

Mehr Informationen zum Mond und den Gezeiten finden Sie auf Welt der Physik.