Wenn die Chemie nicht mehr stimmt

Nordatlantik

Meere bedecken 71 Prozent der Erdoberfläche. Die dort beheimateten Lebewesen sind eine zentrale Säule für das Leben auf der Erde – und für das Klima: Sie erzeugen 50 Prozent des weltweiten Sauerstoffs. Meere und Klima wandeln sich von Natur aus und beeinflussen sich gegenseitig. Der CO2-Ausstoß durch menschliche Aktivitäten könnte dieses komplexe Zusammenspiel erheblich beeinflussen.

Der hohe CO2-Gehalt der Atmosphäre trägt zu chemischen Veränderungen im Meerwasser bei: Seit Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhundert haben die Ozeane knapp die Hälfte des Kohlendioxids aufgenommen, das bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe ausgestoßen wurde. Die erhöhte Konzentration an CO2 hat einen sinkenden pH-Wert zur Folge, sprich der Säuregrad des Gewässers steigt. Eine mögliche Folge dieser Versauerung ist eine langsame Verringerung der maritimen Biodiversität. Diesen Aspekt untersucht ein Forschungsprojekt, das BMBF-Verbundprojekt „Biological Impacts of Ocean ACIDification" (BIOACID). 

Versauerung der Meere

Wenn der pH-Wert der Meere sinkt, können insbesondere Fischlarven sehr sensibel auf diese Veränderung reagieren – damit ist die Erholung stark befischter Fischarten gefährdet.

Es gibt allerdings Organismen, die wesentlich unempfindlicher auf die veränderte Chemie der Meere reagieren. Professor Ulf Riebesell vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und seine Mitarbeiter zeigten jüngst, dass sich die Polypen der Kaltwasserkorallen vergleichsweise gut an die Ozeanversauerung anpassen. Allerdings: Die Korallenskelette unterhalb der Polypen sind dem Meerwasser ungeschützt ausgesetzt. Durch die Ozeanversauerung lösen sich die Kalkskelette auf, und der Unterbau der Korallen bricht weg. „Da hilft es auch nichts, wenn der Polyp sich an die Versauerung anpassen kann“, so Professor Riebesell. 

Der Nordatlantik ermöglicht uns ein mildes Klima

Neben den Auswirkungen der erhöhten CO2-Emissionen untersucht das BMBF-Verbundprojekt „Nordatlantik - Teil des Erdsystems“ andere klimatische Auswirkungen ozeanischer Prozesse. Zahlreiche Meeresforschungsinstitute arbeiten zusammen, um herauszufinden, wie sich die Ozeanzirkulation und die klimatischen Bedingungen der westeuropäischen Küstenregionen des Nordatlantiks durch den globalen Klimawandel verändern.

Professor Detlef Stammer von der Universität Hamburg ist überzeugt, „dass wir in der Zukunft mit einem wärmeren Atlantik rechnen müssen“, was Einfluss auf das bestehende Klima in Mitteleuropa haben wird. Für den Wissenschaftler ist klar, dass sich neben den physikalischen auch die chemischen, biologischen Prozesse, der Nährstoffgehalt und die Ökosysteme der Meere verändern werden. „Wir müssen alles als Ganzes betrachten und vor allem das Vorhersagepotential von Klimaänderungen für Westeuropa vollständig verstehen und – soweit vorhanden – für Empfehlungen nutzen“, so der Klimaforscher.

Bei aller Ungewissheit: Emissionsreduktion hilft!

An den vielfältigen Auswirkungen der erhöhten CO2-Belastung wird die Komplexität und Vernetzung der Ökosysteme deutlich. Bis heute wächst der weltweite CO2-Ausstoß weiter – und noch sind nicht alle Auswirkungen auf Ozeane und Klima erforscht, die damit verbunden sein könnten. Die positive Nachricht ist jedoch: Wir können unsere Meere, unser Klima und das globale Ökosystem schützen, wenn wir unsere Emissionen nachhaltig begrenzen.

Mehr zum Thema Klima

Zum BMBF-Verbundprojekt BIOACID

Mit „Biological Impacts of Ocean ACIDification" (BIOACID) übernimmt Deutschland eine Vorreiterrolle in der internationalen Meeresforschung. Federführend für das Projekt ist das GEOMAR Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel. Unter dem Dach von BIOACID kooperieren Meeresbiologen, -chemiker und -physiker sowie Molekularbiologen, Paläontologen, Mediziner und Mathematiker zu verschiedenen Aspekten der Ozeanversauerung.

Zum  BMBF-Verbundprojekt „Der Nordatlantik als Teil des Erdsystems"

Das  BMBF-Verbundprojekt „Der Nordatlantik als Teil des Erdsystems: Pilot-Anwendungen eines Beobachtungs-, und Diagnosesystems zur regionalen Abschätzung der Zirkulation im Nordatlantik und in der Nordsee" umfasst Messungen im Atlantischen Ozean zur Beschreibung des derzeitigen Zustandes und deren Verknüpfung mit anderen Messungen. Ferner werden mit Modellen die Veränderungen im Zeitablauf simuliert und sozio-ökonomische Auswirkungen untersucht.

 

Weitere Informationen:

Zur Umfrage zum Wert der Natur

Zur Ausstellung MeerErleben

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