Darstellung einer Galaxie

Fenster zum Universum

Wir können leider nicht zu den Sternen fliegen, um ihre Eigenschaften zu erforschen. Daher stellt sich die Frage, wie wir Bau und Entwicklung von Sternen erkunden können. Es ist vor allem das Licht, dass eine Vielfalt an Informationen über die Himmelskörper zu uns überträgt, die wir aber erst entschlüsseln müssen. Es sind spezielle Fenster, durch die wir das Licht dazu einlassen müssen.

Was sehen wir, wenn wir Sterne sehen?

Bei klarem Nachthimmel sehen wir viele Sterne, Punkte, die unterschiedlich hell und ein bisschen farbig sind. Je genauer wir messen, umso genauer können wir sagen, wie sie sich bewegen, und vergleichen, wie hell sie sind. Jahrhundertelang war das die eigentliche Arbeit der Astronomen. Doch wenn man das Licht mit einem Prisma zerlegt, erkennt man welche chemischen Elemente in der Lichtquelle enthalten sind. Das haben Physiker auf der Erde erkannt, mit der Anwendung auf die Sterne entstand die Astrophysik.

Wir können nicht zu fernen Sternen fliegen

Wie das funktioniert, kann man sich am Beispiel von Regen vorstellen. Wir sehen Tropfen vom Himmel fallen, manchmal auch gefroren zu Hagelkörnern oder zu zarten Schneekristallen. Wir haben gelernt, dass es alles Wasser ist und das bei seiner Verdunstung die Wolken entstehen, aus denen es dann regnet, schneit oder hagelt. Um Regen zu erleben, gehen wir einfach vor die Tür, spüren ihn und können ihn sammeln und untersuchen.
Doch um das Universum zu erforschen, müssen wir in unserem Haus, der Erde und bestenfalls ihrer näheren Umgebung bleiben. Wir können nicht vor die Tür. Den Regen beobachten wir dann durch ein Fenster. Das geht gut  wenn das Glas klar ist, noch besser wenn man es öffnen und ein bisschen Regen einfangen kann.

Wir brauchen Fenster ins Universum

Für den Kosmos brauchen wir also auch ein Fenster, am besten mehrere. Sie müssen gut durchsichtig sein und uns das beobachten lassen, was uns die Informationen von den Sternen bringt - das Licht. Durch trübe Butzenscheiben könnten wir auch keinen Regen beobachten. Die Fenster ins Universum sind auch aus Glas. Es sind die Linsen und Spiegel der großen Fernrohre, die das Licht für uns aufnehmen und dann nach allen Regeln physikalischer Kunst in seine Bestandteile, das Spektrum des Lichts, zerlegen. So erfahren wir aus Linien in den Spektren, dass die Sterne die gleichen chemischen Elemente enthalten die wir von der Erde kennen, wir können auf die Temperatur und über die Verschiebung von Spektrallinien auf die Bewegung der Sterne schließen. Das Bild von einem riesigen Universum, das sich beständig ausdehnt und in dem sich große Strukturen wie Galaxien bilden, konnte so entwickelt werden.

Neue Fenster öffnen sich

Doch es muss nicht bei dem bleiben, was wir mit unseren Augen sehen können. Wie es Regentropfen, Hagel und Schnee aber doch nur ein Wasser gibt, so kennen wir neben dem sichtbaren Licht die Infrarotstrahlung, die Radio- oder die Röntgenstrahlung, die alle die gleiche Art von Strahlung sind und für die wir doch ganz spezielle Fenster ins Universum brauchen: Röntgensatelliten, Infrarotteleskope oder die großen Schüsseln der Radioteleskope.
Es geht aber noch mehr. Der Kosmos sendet uns kleinste Teilchen wie Neutrinos, die weitere Eigenschaften der Sterne offenbaren. Und ganz neu ist das Fenster, das uns die Wellen der Schwerkraft zeigt, die durch den kosmischen Raum eilen. Am ehesten ist das mit dem Schall zu verstehen, den wir in unserm Haus vom Regen wahrnehmen, wenn er auf das Fensterbrett prasselt. Es ist also so etwas wie der Sound des Universums, den wir aufnehmen.

Fenster ins Universum gibt es also viele, wir müssen nur geschickt hindurchschauen.

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2023 – Unser Universum.​

Ulrich Bleyer

hat zwei Jahrzehnte lang in Potsdam zur Gravitationstheorie geforscht und danach 23 Jahre die Urania in Berlin geleitet. Hier wurde in täglichen Veranstaltungen Wissenschaft von Forschenden für eine breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit dem Ausscheiden aus seinem Dienst hat er vier Jahre im Vorstand der Deutschen-Physikalischen-Gesellschaft die Öffentlichkeitsarbeit dieses Fachverbandes verantwortet. 

Ulrich Bleyer