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Wo leben die zufriedensten Rentner? II

Welche Chancen birgt der demografische Wandel für Deutschland? Und was können wir von anderen Nationen lernen?

Ich wundere mich, warum der demografische Wandel häufig als regelrechte Bedrohung angesehen wird. Eine Ursache für den Wandel ist: Wir leben länger. Diese Tatsache an sich stellt doch noch keine Bedrohung dar. Der Anteil der Zeit, die wir gesund verleben, ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Von anderen Ländern können wir insofern lernen, unsere Situation etwas positiver zu sehen. Uns von den Skandinaviern abschauen, flexibel auf die längere Lebenszeit einzugehen. Damit meine ich auch die Bereitschaft, länger zu arbeiten. Wir können nicht erwarten, dass unser Rentensystem auch dann noch funktioniert, wenn wir immer älter werden und trotzdem zum gleichen oder gar einem früheren Zeitpunkt in den Ruhestand gehen. Wir sollten die Möglichkeiten, die uns geschenkt werden, bewusster genießen: Heute erleben Großeltern häufig sogar noch ihre Urenkel - das war früher eine Seltenheit.

Wie kann die deutsche Demografie-Forschung den Wandel unterstützend begleiten?

Die Forschung - in diesem Fall SHARE - kann die Politik dabei unterstützen, die Ursachen von Phänomenen zu erforschen, die durch den demografischen Wandel auffällig werden. Da wir auch die persönlichen Lebensgeschichten der SHARE-Teilnehmer erfasst haben, können wir in bestimmte Bereiche, wie dem der Altersarmut, sehr tief vordringen. Wir haben festgestellt, dass Altersarmut sehr früh im Leben eines Menschen verwurzelt ist, oft bereits in der Kindheit. Diese Erkentnis hat weitreichende Folgen: Es reicht nicht aus, bei der Rentenpolitik anzusetzen, wenn wir Altersarmut langfristig bekämpfen wollen - das beginnt bereits bei der Bildungs- und Integrationspolitik.

Wie wirkt sich der demografische Wandel auf die Situation der Nachwuchswissenschaftler in Europa aus?

Eine große Anzahl Beschäftigter aus der Generation der sogenannten Babyboomer wird in den nächsten zehn bis 15 Jahren in Rente gehen. Für diejenigen, die jetzt ihre Postdoc-Zeit beendet haben, stehen die Chancen auf eine Professur also recht gut, da auch eine Menge Lehrstühle an den Hochschulen frei werden. Natürlich werden sich die sinkenden Geburtenraten auch bei der Anzahl der Studenten widerspiegeln, doch diese Entwicklung muss für die Hochschulen nicht unbedingt negativ sein. Der Bereich der Weiterbildung stellt für die Lehre eine große Chance dar: In Zukunft müssen mehr Menschen umgeschult werden, da es unwahrscheinlich ist, dass wir unser gesamtes Leben lang den selben Beruf ausüben werden.

Und wo möchten Sie am liebsten Ihren Ruhestand verleben?

(lacht) Gottlob! Das hat ja erst einmal noch etwas Zeit. Meine Frau und ich fühlen uns in München sehr wohl.


Profilbild von Axel Börsch-Supan

Zur Person:

Prof. Axel Börsch-Supan leitet das von ihm gegründete Munich Center for the Economics of Aging (MEA) am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München. Der Wirtschaftswissenschaftler ist einer der Direktoren des Netzwerks Altern der Universitäten Heidelberg und Mannheim und koordiniert den Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE). Seine Forschungsbereiche sind die ökonomischen Auswirkungen des demografischen Wandels, das Sparverhalten der Haushalte und die Reform der sozialen Sicherungssysteme.

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Munich Center for the Economics of Aging (MEA)

Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe (SHARE)