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Wie kann das Miteinander der Generationen auch in Zukunft gelingen?

Eine Frage, drei Antworten: Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Evangelische Kirche und der Verband deutscher Unternehmerinnen stellen sich der Herausforderung, wie das Miteinander von Jung und Alt auch in Zukunft solidarisch gestaltet werden kann. Die Standpunkte der drei gesellschaftlichen Interessensvertreter und ihre verschiedenen Lebensentwürfe für den Zusammenhalt der Generationen lesen Sie hier.

Familienbild: Drei Generationen einer Familie sitzen zusammen auf einer Couch.

Michael Sommer, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Portraitbild von Michael Sommer am Rednerpult stehend

Die Gewerkschaften weisen seit langer Zeit auf die gesellschaftspolitische Bedeutung der demografischen Entwicklung hin. Diese ist ein wichtiger Bestandteil ihrer tarif- und betriebspolitischen Aktivitäten.

Politik und Gesellschaft müssen im demografischen Wandel Perspektiven für Jung und Alt schaffen. Dazu gehören gute Bildung und Ausbildung, gute Arbeit und eine sichere Rente.

Der Sozialstaat muss dazu wieder gestärkt werden: Der DGB fordert deshalb, dass der aktive Staat mehr gestaltet, reguliert, durch Beteiligung und Umverteilung für gesellschaftlichen Zusammenhalt sorgt. Nur ein finanziell handlungsfähiger Staat kann auch eine veränderte soziale und technische gesellschaftliche Infrastruktur, die der demografische Wandel notwendig macht, gewährleisten. Die sozialen Sicherungssysteme müssen durch eine solidarische Verbreiterung der Finanzierungsgrundlagen zukunftsfest gemacht werden. Eine Demografie-Reserve in der Rentenversicherung könnte die Renten im demografischen Wandel stabilisieren. Bürgerschaftliches Engagement darf bei der Bewältigung der demografischen Entwicklung weder als Lückenbüßer für Sozialabbau noch als Rentenaufstockungsprogramm missbraucht werden und keine reguläre Beschäftigung verdrängen.

Die Arbeitswelt muss alterns- und altersgerecht gestaltet werden. Dazu gehört der Schutz vor körperlichen und psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann weiter verbessert und der regionale und sektorale Fachleutemangel bekämpft werden. Damit verbunden ist die Chance, dass Jugendliche, Frauen, Migrantinnen und Migranten sowie Ältere bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhalten und die Arbeitslosigkeit abgebaut wird. Eine neue Ordnung der Arbeit mit einem Mindestlohn von 8,50 Euro und die Bekämpfung prekärer Beschäftigung tragen dazu bei.

Dr. Martin Dutzmann, Prälat der Evangelischen Kirche in Deutschland

Portraitbild von Martin Dutzmann

Der Wunsch nach einem solidarisch gestalteten Miteinander der Generationen ist tief verwurzelt im ethischen Bewusstsein der Menschheit und hat eine lange biblische Tradition. So lautet bekanntlich im Alten Testament das vierte Gebot: "Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren." In der Auslegung dieses Gebots im Großen Katechismus hat Martin Luther darauf abgehoben, dass den Nächsten die Liebe gilt, allein aber gegenüber den Eltern geboten ist, sie zu ehren - will sagen: hoch von ihnen zu denken, sie groß zu achten und sich vor Augen zu halten "ob sie gleich gering, arm, gebrechlich und seltsam seien, dass sie dennoch Vater und Mutter sind, von Gott gegeben."

Aus theologischer Perspektive wird ein solidarisches Miteinander der Generationen im Blick auf die ältere Generation somit nicht alleine von der Pflicht zur Fürsorge bestimmt sein, sondern von der Wertschätzung ihrer Kompetenzen, Lebenserfahrungen und Altersweisheit - eine Haltung, die nach biblischem Verständnis verheißungsvoll ist: "auf dass du lange lebest in dem Land, das dir dein Gott geben wird". Und Vergleichbares gilt für das solidarische Miteinander der Älteren mit den Jüngeren. "Ihr Eltern reizt eure Kinder nicht zum Zorn", heißt es im Neuen Testament, was bedeutet: Eröffnet ihnen Lebenschancen, lasst ihnen Freiräume und nutzt sie nicht zur Komplettierung eurer Biografie und Befriedigung eurer Bedürfnisse aus.

Das Miteinander der Generationen solidarisch zu gestalten, zählt in der Tat zu den großen Herausforderungen, vor die uns der demografische Wandel stellt. Eine Grundhaltung im Sinne der Bibel kann dazu beitragen, diese Herausforderung zu bestehen.

Stephanie Bschorr, Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen

Portraitbild von Stephanie Bschorr

Für mich ist in der Diskussion um die Herausforderungen des demografischen Wandels vor allem auch die Wirtschaft gefragt. Denn die Unternehmen in Deutschland könnten durchaus noch mehr auf das vielfach noch ungenutzte Potenzial der Frauen verschiedener Generationen zurückgreifen: Auf die top ausgebildeten Frauen in unserer Gesellschaft zu verzichten, kann sich die Wirtschaft schlicht nicht länger leisten.

Auf die Agenda einer zukunftsorientierten Unternehmenspolitik gehören moderne und familienbewusste Erwerbsformen - von flexiblen Arbeitszeitkonten über Homeoffice oder Jobsharing bis hin zu Herkunfts- und altersgemischten Mitarbeiterteams: Die Palette des unternehmerischen Angebotes an die Beschäftigten wird reichhaltig sein müssen. Dazu gehören auch mehr Frauen in Verantwortung und verbesserte Möglichkeiten für Frauen, die nach einer Erwerbspause in den Beruf zurückkehren möchten.

Als Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen bin ich überzeugt: Diese Variabilität im unternehmerischen Miteinander und die gleichberechtigte Beteiligung von Frauen wird die Unternehmen in die Lage versetzen, Vielfalt in Freiheit und Verantwortung zu leben und die Chancen des demografischen Wandels nachhaltig zu nutzen.