Prof. Dr. Ewine van Dishoeck

3 Fragen an… Prof. Dr. Ewine van Dishoeck

Prof. Dr. Ewine van Dishoeck ist Professorin für molekulare Astrophysik an der Universität Leiden in den Niederlanden.

Woran genau forschen Sie und auf welche Meilensteine sind Sie besonders stolz?

Meine Forschung befasst sich mit der Entstehung von neuen Sternen, wie unserer Sonne und Planeten wie dem Jupiter, und insbesondere die chemischen Bestandteile, die für ihre Entstehung notwendig sind. Wenn wir an einem klaren Abend in den Nachthimmel schauen, sehen wir viele Sterne und vielleicht ein paar Planeten. Aber nur wenige Menschen wissen, dass der Raum zwischen den Sternen nicht leer ist, sondern mit einem sehr verdünnten Gas gefüllt ist. Im Durchschnitt nur ein Atom pro Kubikzentimeter. Die dichteren und kälteren Konzentrationen werden interstellare Wolken genannt. Sie sind so dunkel, weil sie kleine Staubpartikel enthalten: 0,1 Mikrometer große Silikate, die die sichtbare Strahlung absorbieren und streuen. Instrumente, die mit längeren Infrarot- und Radiowellenlängen arbeiten, können diese Wolken durchdringen und ihre Zusammensetzung untersuchen.

Wenn diese Wolken unter ihrem eigenen Gewicht zusammenbrechen, werden neue Sterne geboren – umgeben von einer rotierenden Scheibe aus Gas und Staub. Dank leistungsstarker neuer Teleskope, insbesondere dem Atacama Large Millimeter Array (ALMA) und dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST), können wir jetzt an die Baustellen der Planeten heranzoomen und viele Moleküle anhand ihrer spektroskopischen Fingerabdrücke identifizieren. An beiden Teleskopen habe ich bereits mitgearbeitet und wir konnten erkennen, dass Wasser und eine überraschend reiche Vielfalt an organischen Materialien in der Nähe von sich bildenden Sternen zu finden sind. Darunter Einfachzucker, Äther und Alkohole. Können sie die Grundlage bilden für die Entstehung eines bewohnbaren Planeten anderswo im Universum?

Prof. Dr. Ewine van Dishoeck

Ewine van Dishoeck ist Professorin für molekulare Astrophysik an der Universität Leiden in den Niederlanden. Nach ihrem Abschluss in Leiden im Jahr 1984 war sie in Harvard, Princeton und an der Caltech tätig, bevor sie 1990 nach Leiden zurückkehrte, wo sie seither tätig ist. Seit 2007 ist sie wissenschaftliche Leiterin der Netherlands Research School for Astronomy (NOVA) und externes wissenschaftliches Mitglied des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik. Von 2018 bis 2021 ist van Dishoeck Präsidentin der Internationalen Astronomischen Union (IAU), der weltweiten Organisation der Berufsastronomen. Zu ihren Auszeichnungen gehören der niederländische Spinoza-Preis 2000, der Albert Einstein World Award of Science 2015 und der Prix Jules Janssen der französischen Astronomischen Gesellschaft 2020. 

Prof. Dr. Ewine van Dishoeck

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer täglichen Arbeit?

Meine größte Herausforderung ist, dass ich nicht genug Zeit habe, um das zu tun, was ich am liebsten tue, nämlich mit Studenten, Studentinnen und Postdocs zu arbeiten und selbst zu forschen. Die Verwaltungs- und Ausschussarbeit können viel Zeit und Energie in Anspruch nehmen!

Was möchten Sie Mädchen und jungen Frauen, die sich für die Astronomie begeistern, mit auf den Weg geben?

Erstens: Seid leidenschaftlich bei dem, was ihr tut! Zweitens: Stellt sicher, dass ihr etwas besonders gut könnt, damit man auf euch aufmerksam wird: Es ist besser, ein Experte oder eine Expertin in einer Sache (egal wie klein) zu sein, als Durchschnitt in vielen. Drittens: Wagt einen Blick in andere Richtungen und macht einen Schritt weg von dem, was ihr ursprünglich geplant hattet. Die meisten Karrieren verlaufen nicht geradlinig von A nach B nach C und D.

Wie haben Sie Ihre Faszination für das Universum entwickelt?

Völlig zufällig! Ich habe Quantenchemie studiert und war fest entschlossen, meine Doktorarbeit in diesem Bereich fortzusetzen. Aber der Professor, der mich betreute, verstarb leider und es gab lange Zeit keinen Nachfolger. Also sagte man mir, ich solle mich woanders umsehen. Zufällig hatte mein Partner, der Astronomie studierte, gerade eine Vorlesung über Moleküle in interstellaren Wolken gehalten. Er fragte mich, ob das nicht etwas für mich wäre. Und so wurde ich Astrochemikerin. Ich habe es nicht einen einzigen Moment lang bereut: Der interstellare Raum ist ein fantastisches Labor und die Forschung zu den größten Fragen der Menschheit ("Sind wir allein?") ist faszinierend und steckt immer wieder voller Überraschungen.

Was möchten Sie Mädchen und jungen Frauen mitgeben, die sich für Astronomie begeistern?

Dass es viele junge Frauen gibt, die an der vordersten Front der Wissenschaft, nicht nur in Astronomie, forschen und viele Durchbrüche ermöglichen. Und dass die Zeiten besser werden, auch wenn es für Frauen in der Wissenschaft noch manchmal schwerer ist als für die männlichen Kollegen. Als Tipp würde ich empfehlen, sich so schnell wie möglich ein selektives Gehör zuzulegen – was ja nicht nur in der Arbeit hilfreich sein kann, aber natürlich auch schwer umzusetzen ist. Es gibt immer Menschen, die einem sagen müssen, warum man etwas bestimmt nicht schafft. Sollten Sie denen wirklich so oft zuhören? Am besten finde ich, sich ein paar Menschen auszusuchen, denen man vertraut, dass sie einem die Wahrheit sagen und das ist hilfreich. Verbessern kann und sollte sich jeder, das heißt aber noch lange nicht, dass man etwas nicht schaffen kann.