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Geboren 1923, 1951, 1986

Lebensläufe im Wandel

Unser Leben wird in hohem Maße durch unsere Arbeit geprägt. Wie sich die Erwerbsbiografien innerhalb des letzten Jahrhunderts verändert haben, zeigen drei Beispiele.

Heinz K. (Jahrgang 1923): Mein Leben

Handgeschriebener Text von Heinz K. über seine Erwerbsbiographie

Ich wurde am 19. September 1923 als drittes von vier Kindern in Breslau geboren. Nach der Oberrealschule begann ich mit 16 Jahren eine Ausbildung zum Werkzeugmacher. Doch dann kam der Krieg, und ich wurde eingezogen. Nach meiner Rückkehr aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft ließ ich mich 1947 in Nürnberg nieder, studierte Ingenieurswissenschaften an der Fachhochschule und begann 1951 meine Tätigkeit bei der MAN. Dort habe ich bis zur Vollendung meines 65. Lebensjahres gearbeitet. Mein Spezialgebiet war die Konstruktion von Straßen- und Untergrundbahnen. Das Angebot, zu einem anderen Unternehmen nach Karlsruhe zu wechseln, lehnte ich 1962 aus familiären Gründen ab. Meine Frau hat sich all die Jahre um den Haushalt und unsere zwei Kinder gekümmert. Im Laufe meiner knapp 40 Jahre bei der MAN hat sich der Betrieb stark verändert: Am liebsten denke ich an die fünfziger und sechziger Jahre zurück, als es noch ständig aufwärts ging.

Einschätzung von Prof. Dr. Martin Diewald (Universität Bielefeld)

Porträt von Martin Diewald

Der Lebenslauf von Heinz K. spiegelt eine typische Wirtschaftswunder-Erfahrung wider: Vor dem Hintergrund einer stabilen familären Situation - Scheidungen waren seltener als heute - und dem Familienmodell des männlichen Alleinernährers machte der Mann Karriere. Das konnte er auch vergleichsweise leicht, da es lange Zeit mit der Wirtschaft ununterbrochen aufwärts ging. Die Erwartung eines ständigen Aufstiegs - und sei es "nur" in Form einer kontinuierlichen Lohnsteigerung basierend auf dem Anciennitätsprinzip - war gewissermaßen normal. "Leicht" meint keineswegs, dass es ohne Leistung ging. Ausgehend von einem mittleren Schulabschluss, der damals allerdings noch vergleichsweise mehr wert war als heute, gelang eine Ingenieursausbildung an der Fachhochschule. Dies ist ein damals und auch noch heute typischer Bildungsaufstieg für Kinder, die nicht in Akademikerkreise hineingeboren wurden, sondern in Haushalte, in denen eher manuelle Berufe ausgeübt wurden. Aus heutiger Sicht "leicht" mutet allerdings an, dass der einmal gewählte Beruf lebenslang ausgeübt wurde, und zwar in ein und derselben Firma. Die hohe Erwartungssicherheit und die Erfahrung, dass es jedes Jahr wieder ein Stück aufwärts ging, ermöglichten es, zugunsten privater Bedürfnisse und aus Rücksicht auf die Familie auch mal ein lukratives Angebot auszuschlagen.

So optimistisch die Aussichten damals waren: Ihnen gingen die dramatischen Erfahrungen des 2. Weltkriegs in Kindheit und Jugend voraus. Deshalb erscheint dieser Generation die Wirtschaftswunder-Zeit auch als ein "Traum von der immerwährenden Prosperität" (Burkhard Lutz), der sich nicht selbstverständlich aus der Historie ergeben hat, sondern mit Fleiß und Leistung errungen werden mußte.


Wofür würden Sie eine berufliche Auszeit nehmen?

Seit einiger Zeit wird darüber diskutiert, die Lebensarbeitszeit flexibler zu gestalten. Dies bedeutet, dass man zum Beispiel berufliche Auszeiten nehmen kann, die man dann in Form von Überstunden, Mehrarbeit, Urlaubstagen oder der Umrechnung von Sonderzahlungen wie zum Beispiel Weihnachtsgeld in Arbeitszeit wieder ausgleichen kann. Die Verrechnung der Lebensarbeitszeit erfolgt dann über sogenannte Langzeitkonten, ohne dass man finanzielle Einbußen hat. Wofür würden Sie eine berufliche Auszeit nehmen?