Eine Therapie-Robbe für demenzkranke Menschen?
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Die Robbe Paro sorgt für Kontroversen. Der Roboter in Form eines Sattelrobbenbabys wird in der Altenpflege eingesetzt, hauptsächlich in der Therapie demenzkranker Menschen. Experten sind uneins über Wert und Wirkung des Kuschelgerätes.
Mit seinem flauschigen Fell, den großen Knopfaugen und langen Wimpern sieht Paro einer echten Babyrobbe täuschend ähnlich. Über zahlreiche Sensoren kann der in Japan entwickelte Roboter Berührungen, Geräusche und Stimmen erkennen - und darauf reagieren. Wird Paro angesprochen, dreht die Plüsch-Robbe ihren Kopf in Richtung des Redners. Wird das Gerät gestreichelt, fängt es an zu fiepen oder behaglich zu brummen. Durch sein niedliches Aussehen und Verhalten soll der Kuschelroboter Menschen emotional ansprechen, die aufgrund einer Krankheit ganz in sich gekehrt sind. Die künstliche Babyrobbe soll diese Patienten beruhigen und Stress abbauen, aber auch zum Sprechen anregen und Erinnerungen wecken.
In Deutschland wird Paro bislang hauptsächlich in der Altenpflege zur Therapie demenzkranker Menschen und in der Behandlung autistischer Kinder eingesetzt.
Wie demenziell erkrankte Patienten auf die computergesteuerte Robbe reagieren, zeigt der Beitrag "Ein Roboter zum Kuscheln" des ARD-Magazins "W wie Wissen".
Pro-Position
Paro ist ein Medium unter vielen zur Unterstützung der Kommunikation.
Dr. phil. Heiner Friesacher, Pflegewissenschaftler und Diplom-Berufspädagoge
"Anders als in Japan stößt Paro hierzulande auf ein geteiltes Echo. Es ist von Ersatz für menschliche Zuwendung die Rede und von einer entfremdeten und kalten Pflege. Andere sehen in Paro eine Chance, den Umgang mit Menschen mit Demenz zu verbessern. Aus Sicht eines Pflegewissenschaftlers und Pflegepraktikers muss zunächst festgehalten werden, dass es bisher nur wenige wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über die Wirkung von Paro gibt. Das gilt allerdings auch für andere Therapieansätze bei Menschen mit Demenz.
Paro kann den Beziehungsaufbau zu Menschen mit Demenz unterstützen
Praktische Erfahrungen zeigen jedoch, dass der Einsatz von Paro durchaus den Zugang zu Menschen mit Demenz und den Beziehungsaufbau unterstützen kann, als ein Baustein in einem Gesamtkonzept. Paro ersetzt keine menschliche Zuwendung, sondern ist ein Medium unter vielen zur Unterstützung der Kommunikation. Diese findet bei Menschen mit (fortgeschrittener) Demenz zu großen Teilen über Berührungen und Körperkontakt statt. Deshalb ist der Einsatz von Paro erlaubt, wo diese "emotionale Technologie" in ein schlüssiges Gesamtkonzept eingebettet ist. Die Anwendung ist geboten, wo sichtbar und deutlich die Lebensqualität von Menschen mit Demenz verbessert wird. Der Einsatz verbietet sich, wenn menschliche Zuwendung durch Paro ersetzt werden soll und wenn Senioren auf die Anwendung negativ oder ablehnend reagieren. Weitere pflegewissenschaftliche Forschung muss zeigen, wie und bei welchen Personengruppen der Einsatz von Paro sinnvoll ist."
Zur Person
Der Pflegewissenschaftler und Berufspädagoge Dr. phil. Heiner Friesacher unterrichtet als freier Dozent an Hochschulen. Als Autor und Herausgeber setzt er sich unter anderem mit Fragen der Sozialphilosophie und Ethik auseinander sowie mit den theoretischen Grundlagen pflegerischen Handelns.