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Teil II: Multikulti im Seniorenheim

Die Bewohner des Seniorenheims frühstücken gemeinsam
Zusammmen türkisch frühstücken

Bei Ihnen leben Bewohner christlichen und muslimischen Glaubens zusammen, wie können die Senioren ihre jeweilige Religion ausüben?

Neben einer christlichen Kapelle haben wir eine kleine Moschee, die Richtung Mekka ausgerichtet und mit Vorräumen für die rituelle Waschung ausgestattet ist. Zweimal die Woche kommt ein Imam und betet mit den Bewohnern, die das möchten. Er ist besonders geschult im Umgang mit dementen Senioren, ebenso wie der katholische Pastor und der evangelische Pfarrer, die uns besuchen. Religiöse Feste wie das Zuckerfest, das Opferfest, Ostern oder Weihnachten werden bei uns gemeinsam gefeiert - aber als Wahlangebot. Tatsächlich ist das Interesse am Anfang bei neuen Bewohnern größer, an allen Festen teilzunehmen, und nimmt mit der Zeit eher ab.

In muslimischen Ländern ist es nicht üblich, dass alte Menschen in Seniorenheimen wohnen, meist werden sie zu Hause gepflegt. Wie begegnen Sie den Angehörigen von muslimischen Bewohnern?

Das stimmt. Deshalb führen wir sehr viele Einzelgespräche, unterstützt von einer türkischstämmigen Sozialarbeiterin. Gerade bei diesen Angehörigen gibt es häufig lange Entscheidungsphasen, da wird beispielsweise die Mutter zuerst wieder mit nach Hause genommen, und nach einigen Monaten sagt die Familie, sie schafft es doch nicht und kommt wieder. Darauf stellen wir uns ein. Grundsätzlich sage ich den Verwandten immer, wir nehmen gefühlt nicht nur die Mutter oder den Vater, sondern auch die Angehörigen mit auf.

Das "Haus am Sandberg" ist das erste multikulturelle Seniorenheim Deutschlands, wie hat sich die Einrichtung entwickelt, und gibt es Nachahmer?

Wir haben 1994 eröffnet, zunächst als dreijähriges Pilotprojekt. Gefördert wurden wir durch die Stiftung Wohlfahrtspflege, die Universität Duisburg hat uns wissenschaftlich begleitet. Insgesamt ist in den letzten 20 Jahren die Nachfrage nach multikulturellen Pflegeheimen beständig gestiegen. Allein hier in Duisburg gibt es 3.500 pflegebedürftige türkische Menschen - und ihre Zahl nimmt weiter zu. Übrigens reagieren die Kommunen bereits: Regelmäßig besuchen uns Gruppen von Stadtratsabgeordneten, Wissenschaftlern oder Diakoniemitarbeitern, um zu sehen, wie wir arbeiten. Um unser Konzept zu übernehmen, braucht es ja auch keine aufwändigen Umbaumaßnahmen, sondern einfach ein paar andere Dienstleistungen für die Bewohner.

Können Sie sich persönlich vorstellen, später in einer multikulturellen Einrichtung zu wohnen?

Ja, ich empfände das als eine große Bereicherung und Chance. Am liebsten natürlich in meinem Haus, wenn es dann noch genauso ist wie heute.


Porträt von Ralf Krause

Über Ralf Krause

Ralf Krause hat das DRK Multikulturelle Seniorenzentrum "Haus am Sandberg" in Duisburg 1994 mitgegründet. Seit 1998 leitet er die Einrichtung als Heimgeschäftsführer. Der studierte Sozialarbeiter spricht vier Sprachen.

 

Zum Haus am Sandberg

Bericht des Bundesamtes für Asyl und Migration zur Pflegebedürftigkeit von Migranten

Zum Buch von Martin Kohls "Demographie von Migranten in Deutschland"

 

Zum ersten Teil des Interviews