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Freiheit heute
Von der Freiheit, Journalismus
zu machen

Ein Gastartikel von Clara Hoheisel, Bundesvorständin der Jugendpresse Deutschland e.V., und Christina Braun, Leiterin des Medienbildungsprojekts „YouMeCon | kompakt“.

Ende 2023 plante die Bundesregierung, Steuersubventionen im Agrarbereich zu streichen. Hunderttausende Landwirtinnen und Landwirte gingen daraufhin auf die Straße. Sie fuhren in Traktor-Kolonnen, schwenkten Plakate und blockierten Verlagsgebäude wie den Hamburger Zeitungsvertrieb, sodass dieser keine Zeitungen mehr ausliefern konnte. Damit schränkten die Protestierenden das Recht auf Information ein. Die Pressefreiheit steht unter Druck – auf der Straße, aber auch im digitalen Raum, wenn Medienvertreterinnen und -vertreter in den sozialen Netzwerken beschimpft werden oder sogar Morddrohungen erhalten.

Pressefreiheit ist ein Grundrecht und in Artikel 5 des Grundgesetzes festgeschrieben. Mehrfach hat das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen bekräftigt: „Eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse ist Wesenselement des freiheitlichen Staates und für die moderne Demokratie unentbehrlich“. Dass Journalistinnen und Journalisten zunehmend Gewalt und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt sind, widerspricht diesem Grundsatz.

Die Pressefreiheit steht weltweit unter Druck

In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt Deutschland im internationalen Vergleich aktuell auf Platz 10 von 180. Damit verbessert sich Deutschland zwar im Vergleich zum Vorjahr – aber nur, da sich die Lage in anderen Ländern verschlechtert hat. Nur noch acht Länder fallen in die Kategorie „gut“, 2013 waren es noch 25. Dagegen rutschen immer mehr Länder in die letzte Kategorie „sehr ernst“. Die Bilanz des Rankings: Die Pressefreiheit nimmt weltweit ab.

Eine unabhängige und freie Presse ist besonders im Vorfeld von Wahlen unerlässlich. Gerade dann nimmt jedoch die Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten häufig zu, wie beispielsweise Ende 2023 auf einer AfD-Veranstaltung im thüringischen Plothen: Teilnehmende der Veranstaltung beschimpften und schlugen einen Journalisten der Ostthüringer Zeitung und zerstochen seine Autoreifen. Das ist im Kontext des diesjährigen Superwahljahres alarmierend.

Für eine funktionierende Demokratie ist eine freie, diverse und unabhängige Berichterstattung unverzichtbar.

Clara Hoheisel, Bundesvorständin der Jugendpresse Deutschland e.V.,
und Christina Braun, Leiterin des Medienbildungsprojekts „YouMeCon | kompakt“

Wehrhaft und widerstandsfähig

Für eine funktionierende Demokratie ist eine freie, diverse und unabhängige Berichterstattung unverzichtbar. Wir brauchen Maßnahmen seitens der Politik, aber auch der Medienhäuser selbst, die einen besseren Schutz von Medienschaffenden garantieren. Der 2022 ins Leben gerufene Kodex für Medienhäuser zum Schutz von Journalistinnen und Journalisten ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Er regelt unter anderem die juristische und psychologische Unterstützung im Fall von Bedrohung und Übergriffen.

Freiheit heißt auch Chancengleichheit

Eine demokratische und informierte Gesellschaft braucht darüber hinaus divers aufgestellte Redaktionen, die Themen aus unterschiedlichen Perspektiven möglichst vorurteilsfrei beschreiben können.

Bisher ist das noch lange nicht der Fall. Nach Zahlen der Neuen Deutschen Medienmacher*innen aus dem Jahr 2020haben gerade einmal 6,4 Prozent der Chefredakteurinnen und -redakteure in Deutschland einen Migrationshintergrund. Eine andere Studie geht davon aus, dass nur vier bis fünf Prozent der Medienschaffenden eine Einwanderungsgeschichte besitzen. Das steht im Gegensatz zu den demografischen Realitäten des Landes: Mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland hat einen Migrationshintergrund. 

Sprungbrett für junge Medienbegeisterte

Um diverse Redaktionen zu schaffen, braucht es besseren Zugang zum Berufsfeld Journalismus. Klar: Journalistin beziehungsweise Journalist ist kein geschützter Begriff, per se darf sich jede Person so nennen. Aber: Nicht alle haben den gleichen Zugang zu Bildung, Netzwerken und den nötigen Ressourcen. Praktika, die häufig als Voraussetzung für Anstellung bei einem Medienunternehmen gelten, sind in vielen Fällen schlecht oder gar nicht bezahlt. Personen aus weniger privilegierten Verhältnissen können sich das schlicht nicht leisten.

Es braucht mehr Stipendien und Förderprogramme, um den Zugang zum Journalismus für alle Menschen zu öffnen, unabhängig von ihrem sozialen, ethnischen oder kulturellen Hintergrund. Nur durch eine solche Förderung kann eine Medienlandschaft entstehen, welche die vielfältige Gesellschaft abbildet.

Die Jugendpresse Deutschland e.V.

Die Jugendpresse Deutschland e.V. ist der Bundesverband junger Medienmacherinnen und -macher. Organisationen wie sie schaffen Räume, in denen sich angehende Journalistinnen und Journalisten verschiedener Herkünfte untereinander und mit Expertinnen und Experten vernetzen und weiterbilden können. Mit Hands-On-Workshops und Best-Practice Angeboten bekommen junge Medienbegeisterte die Möglichkeit, sich auszuprobieren. Wir müssen schon heute den Grundstein für einen unabhängigen und freien Journalismus von morgen legen: Junge Medienschaffende brauchen Plattformen wie die YouMeCon | kompakt, die ihnen Zugänge in den Journalismus schafft und sie auf ihrem Berufsweg begleitet. Gleichzeitig gilt es, sie auf mögliche Angriffe der Pressefreiheit vorzubereiten – mit rechtlicher Unterstützung und Resilienz-Strategien, die ihnen im Ernstfall den Rücken stärken.

Christina Braun

Christina Braun

Christina Braun leitet das Medienbildungsprojekt „YouMeCon | kompakt“ bei der Jugendpresse Deutschland e.V.. Sie hat Kultur- und Kommunikationswissenschaften in Freiburg und Lyon studiert und ist immer wieder auch als Journalistin tätig, zuletzt unter anderem für netzpolitik.org. Besonders liegt ihr die Nachwuchsförderung für die Zukunft eines unabhängigen und gemeinnützigen Journalismus am Herzen.

Christina Braun
Clara Hoheisel

Clara Hoheisel

Clara Hoheisel ist Bundesvorständin der Jugendpresse Deutschland e.V. und für die YouMeCon verantwortlich. Seit Januar 2024 macht sie ein Redaktionsvolontariat beim Deutschlandradio. Die 26-Jährige hat unter anderem für den MDR, GEO, Neues Deutschland und das Katapult Magazin geschrieben. Am meisten begeistert sie, wenn sie junge Medieninteressierte beim Einstieg in den Journalismus unterstützen kann.

Clara Hoheisel

Die hier veröffentlichten Inhalte und Meinungen der Autorinnen und Autoren entsprechen nicht notwendigerweise der Meinung des Wissenschaftsjahres 2024 – Freiheit.​