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Freiheit heute
Zukünftige Freiheiten

Spekulation über mögliche Zukünfte als produktive Perspektive und neuartiges Format der Wissenschaftskommunikation

Im Projekt „Zukünftige Freiheiten. Reportagen aus der postkarbonen Gesellschaft des Jahres 2049“ setzten sich Studierende aus politikwissenschaftlicher und gestalterischer Perspektive mit dem Möglichkeitsraum Zukunft auseinander. Aus Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern, Expertinnen und Experten und aus eigenen Recherchen entstanden spekulative Dokumentarfilme. Diese können als neues und experimentelles Format der Wissenschaftskommunikation dienen.

Mit „Zukünftige Freiheiten“ griffen wir polarisierende Debatten um Freiheit auf und appellierten an die kollektive Fantasie. Wie könnten unsere Freiheiten aussehen, wenn wir 2049 im fossilfreien Zeitalter angekommen sind? Lassen sich Freiheit und Ressourcenverbrauch entkoppeln? Unser Ansatz dazu war alltagsnah, praxisorientiert, mikro- und multiperspektivisch: Wie fahren, essen, wohnen und reisen wir in Zukunft? Was tritt an die Stelle von Beton? Welche Alternative gibt es zum Traum vom Einfamilienhaus? Und werden wir Heuschrecken frühstücken?

Begegnungen außerhalb der Blase im Atelier Leuschnerplätzle

Diese und ähnliche Fragen standen im Mittelpunkt der Pop-Up-Freiheitswerkstatt „Atelier Leuschnerplätzle“ im Stuttgarter Hospitalviertel. Studierende der Merz Akademie – Hochschule für Gestaltung, Kunst und Medien erarbeiteten hier ihre Filmkonzepte. Dazu traten sie mit dem Ort in Dialog: Sie setzten sich mit der wenig beachteten, aber erinnerungskulturell bedeutsamen Demokratiegeschichte des Stuttgarter Hospitalviertels auseinander. Sie führten Interviews mit Expertinnen und Experten oder Schülerinnen und Schülern über ihre Zukunftsvorstellungen.

Beim neu konzipierten Stammtischformat „Auf die Freiheit!“ mit ansässigen Bürgerinnen und Bürgern und bei einer Diskussionsrunde mit Waldbesetzerinnen und Waldbesetzern begegneten die Studierenden Menschen außerhalb der eigenen Blase. So fanden sie Gemeinsamkeiten, Unterschiede und neue Inspirationen für ihre Filmproduktionen.

Wie könnten unsere Freiheiten in der Zukunft gut aussehen? Spekulative Dokumentarfilme

Die Konzeptionsphase stellte hohe Anforderungen damit, sich die Zukunft positiv vorzustellen. „Sich die Apokalypse vorzustellen, ist immer einfacher“, so Prof. Peter Ott, Ko-Leiter des Projekts. Ein ausschließlich positives Zukunftsbild scheine verweichlicht und ungerecht angesichts der komplexen Gegenwart. Aktuelle Krisen ließen nicht immer darauf hoffen, dass gesellschaftliche Denk- und Handlungsmuster bis in 25 Jahren aufbrechen werden. Der Prozess, sich filmisch mit der Zukunft auseinanderzusetzen, sei also nicht rein aktivierend. Er gebe auch Aufschluss über Ängste, Befürchtungen, Erwartungen und das Sich-gelähmt-fühlen einer jungen Generation.

Die Idee des spekulativen, künstlerischen Ansatzes war es, dass Studierende ihr eigenes Freiheitsverständnis, ihre Einstellungen zur Zukunft, ihr Denken und Handeln reflektieren. Im Spekulieren sind wir frei, auf Basis vertrauter Muster andere Wirklichkeiten zu erschaffen.

Wie könnten unsere Freiheiten in der Zukunft gut aussehen? Spekulative Dokumentarfilme (Fortsetzung)

So begegneten die sechs Filmteams der konzeptionellen Herausforderung „Spekulativer Dokumentarfilm“ mit unterschiedlichen Ansätzen: Die einen integrierten ein zuvor geführtes Experten-Interview in ihr sonst inszeniertes Setting, um darauf eine Handlung aufzubauen. Andere suchten auf der Tiny-House-Messe nach Wohnmodellen, die gegenwärtig als „zukunftsfähig“ gelten. Das Filmteam von „Früher gab es Schnitzel“ kostete erstmals Insekten und stellte sich ethischen Fragen zur Lebensmittelverschwendung beim Dreh. Wiederum andere griffen gegenwärtige Debatten auf und verarbeiteten sie in Kammerspielen.

Film & Diskurs

Die Filme wurden im Rahmen der vierteiligen Veranstaltungsreihe „Film & Diskurs“ uraufgeführt. Jeder Abend widmete sich einer der vier Freiheitspraktiken: Fahren, Essen, Bauen/Wohnen oder Fliegen/Reisen. Im Anschluss folgte jeweils eine Podiumsdiskussion mit interdisziplinären Expertinnen, Experten und dem Publikum. Das Format schuf damit einen Raum, in dem alle ihre Reaktionen und Gedanken zu den Filmen teilen und kollektiv nach Ideen für zukünftige Freiheiten suchen konnten: Wie lernen und verlernen wir? Wie könnten wir unseren Alltag und unser Miteinander anders organisieren?

Sit in 2049 – Die Zukunftskinokiste

Zusätzlich tourte eine zur Kinokabine umgestaltete Fahrrad-Rikscha durch Stuttgart. An vier Orten und Terminen bot sie Passantinnen und Passanten einen spontanen Einblick in „zukünftige Freiheiten“. Diese konnten ihre Gedanken und Feedback zu den Filmen direkt mit den Projektmitarbeitenden oder im Gästebuch teilen.

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